Rückzug von Unterhachings Volleyballern:Abschied mit bitterem Unterton

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Am Boden: Hachings Marcus Böhme nach dem verlorenen Halbfinale gegen Friedrichshafen, den letzten Auftritten seiner Mannschaft. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Weil einer der erfolgreichsten Volleyball-Klubs in Deutschland partout keine Sponsoren findet, zieht sich Unterhaching schwermütig aus der Bundesliga zurück. Für die Liga, die seit Jahren um Aufmerksamkeit ringt, ist dies eine mittlere Katastrophe.

Von Sebastian Winter, Unterhaching

Viele Stühle sind leer geblieben am Dienstagmittag in jenem Raum der Unterhachinger Sporthalle, in dem sonst die Erstliga-Volleyballer nach Heimspielen mit ihren Gönnern speisten. Zu vorhersehbar war offensichtlich gewesen, was die Verantwortlichen verkündeten. Nachdem die Deadline immer wieder verschoben worden war, monatelang.

Kurz nach Zwölf verkündete also Unterhachings Abteilungsleiter Rudi Stein schwermütig das Ende der Erstligavolleyballer: "Wir sind es gewohnt, bis zum letzten Punkt zu kämpfen. Wir haben uns auch den Tiebreak gegönnt. Es ist furchtbar bitter, aber wir spielen ab sofort nicht mehr Bundesliga. Wir werden abmelden", sagte Stein. Und dann flackerte auch noch eine Deckenleuchte und versagte ihren Dienst.

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:Endgültiges Aus für Unterhaching

Monatelang suchten sie verzweifelt nach einem neuen Sponsor, nun gibt Generali Haching auf: Der Volleyball-Klub aus dem Münchner Umland muss sich nach 14 Jahren aus der Bundesliga zurückziehen. Die Liga verliert eine ihrer besten Mannschaften.

Wirtschaftliche Gründe haben die Verantwortlichen nach dem Ausstieg des Hauptsponsors im Frühjahr zu diesem Schritt bewogen. Es fand sich schlicht und einfach kein neuer Geldgeber. "Niemand kann erahnen, wie viele Gespräche und Lösungsansätze wir zur Rettung verfolgt haben", sagte Unterhachings Manager Josef Köck. "Nur wenige wissen, wie schwer es ist, Spitzenvolleyball mit potenten Sponsoren zu realisieren."

Im Randsport Volleyball ist es nichts Ungewöhnliches, dass Klubs in finanzielle Schieflagen geraten. Kurz vor Weihnachten war Bottrop die Lizenz entzogen worden, der Traditionsverein Moers kündigte zum Ende der abgelaufenen Saison seinen Rückzug aus wirtschaftlichen Gründen an. Doch das Ende in Unterhaching hat eine neue Dimension. Immerhin verabschiedet sich der aktuelle Playoff-Halbfinalist und viermalige Pokalsieger aus der Profiliga, ein Verein, der in den letzten Jahren 15 deutsche Nationalspieler hervorgebracht und dem Publikum mitreißende Champions-League-Spiele geboten hat.

"Als Verein stehst du sehr, sehr einsam da"

Neben Pokalsieger Friedrichshafen und Meister Berlin waren die Unterhachinger einer der drei großen Klubs. Und sie gehen durchaus mit einem bitteren Unterton: "Als Verein stehst du sehr, sehr einsam da. Weder die Liga noch der Verband waren eine große Unterstützung bei unserer Suche", sagte Manager Köck.

Die Deutsche Volleyball-Liga (DVL), der ein nicht gerade heißblütiges Verhältnis zum Münchner Vorortverein nachgesagt wird, reagierte so prompt wie kühl: "Die Entwicklung hat sich bereits abgezeichnet. Insofern ist der Rückzug Hachings für uns keine große Überraschung. Auf den Spielbetrieb der 1. Bundesliga hat die Situation keinen großen Einfluss." Aus der Zwölfer-Liga, die Mitte Oktober in die Saison startet, steigt nun nur noch ein Klub ab.

Für die DVL ist Unterhachings Rückzug dennoch eine mittlere Katastrophe. Sie versucht seit Jahren, Volleyball zu professionalisieren und die Fernsehpräsenz zu erhöhen, mit bislang mäßigem Ertrag. Vom Olympiaerfolg der Volleyballer und des Beachvolleyball-Duos Brink/Reckermann profitierte allenfalls die nationale Beachvolleyball-Serie. Sky überträgt deren wichtigsten Spiele, die Volleyball-Nationalmannschaft der Frauen kommt regelmäßig auf Sport1.

Doch die Bundesliga führt ein Schattendasein hinter Fußball, Eishockey, Handball und Basketball. Dass jetzt einer der renommiertesten Klubs seine Lizenz abgibt, schadet der Liga immens. Zumal nun alles auf einen erwartbaren Zweikampf zwischen Berlin und Friedrichshafen hinausläuft. Die anderen haben viel zu geringe Etats, um mitzuhalten.

Die Unterhachinger haben immer wieder mit dem Einfluss des FC Bayern gehadert, der im Großraum München Sponsoren ansaugt wie ein Magnet. Doch auch sie selbst haben Fehler gemacht. Nur einmal trauten sie sich in die Münchner Olympiahalle, um vor immerhin 4000 Zuschauern gegen Berlin zu spielen. Die durch die fünfstellige Hallenmiete entstandenen Verluste schreckten sie danach ab, einen weiteren Schritt in die Großstadt zu setzen. Ihre Außendarstellung wirkte altbacken, die Sponsoren-Akquise mit herkömmlichen Massenmails nicht zeitgemäß.

Ein Trainer, eine Dreiviertelkraft, eine FSJ-Helferin

Und als hauptamtliche Mitarbeiter fungierten - neben Trainer und Geschäftsführer Mihai Paduretu - eine Dreiviertelkraft und eine FSJ-Helferin. Die Berliner, die fünf hauptamtliche Mitarbeiter haben, übten immer wieder Kritik an diesem Punkt: Dass Unterhaching den Zeitpunkt verpasst hat, sich in die Profisport-Moderne aufzumachen. Und dagegen in seinen alten, kleinstädtischen Strukturen gefangen blieb. Zugleich ist es besonders bitter, dass kein einziges von 39 Münchner Großunternehmen bereit war, an einem runden Tisch zur Rettung des Klubs teilzunehmen.

Paduretu, ein Zögling Stelian Moculescus, der die Unterhachinger vor 17 Jahren in der Regionalliga übernommen und zu einer überregionalen Volleyball-Marke geformt hat, saß am Dienstag relativ gelassen im VIP-Raum. Er ist jemand, der die Dinge schnell abhakt, die nicht mehr zu ändern sind. Bereits im April hatte der 47-Jährige nach dem Halbfinal-K.o. eine emotionale Abschiedsrede vor 1500 Zuschauern in der ausverkauften Halle gehalten. Er ahnte damals schon, dass es wohl nicht weitergeht.

"Das Sponsoring-Spiel haben wir jetzt mit 0:3 verloren. Ich brauche jetzt Abstand", sagte Paduretu. Am Mittwoch wollte er mit seiner Frau und den beiden Kindern für drei Wochen in seine Heimatstadt Bukarest fliegen, Familie und Freunde treffen und die Zukunft planen. Im Herbst will er sich äußern. Geschäftsführer soll er nach den Wünschen des Vereins bleiben. Aber eines ist sicher: Paduretu wird nicht die Bayernliga-Männer trainieren, die nun höchstklassige Mannschaft des Vereins.

© SZ vom 30.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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