Roger Federer:Das Geheimnis der Bälle

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Roger Federer hat seit zehn Jahren nicht mehr in New York gewonnen. Nach einer ungewöhnlichen Formdelle fühlt er sich bereit, das zu ändern.

Von Adrian Ruch, New York

"Tennisfans, in diesem Jahr holte dieser Champion nach über fünf Jahren die Nummer 1 zurück und wurde zum ältesten Tennisspieler in der Geschichte, der sich an die Spitze setzte", sagt der Mann mit dem Mikrofon. "Er begann das Jahr, indem er bei den Australian Open seinen 20. Grand-Slam-Titel holte und so einen Rekord aufstellte", fährt der Ansager fort, hebt dann die Stimme noch an und ruft: "Heißen wir auf dem Podium den fünffachen US-Open-Champion willkommen: Roger Federer!" Der Baseler wird in New York fast wie ein Boxweltmeister angekündigt, freilich nicht vor dem Finale, sondern vor einer Pressekonferenz.

Die US Open beginnen am Montag mit den Erstrundenpartien der oberen Tableauhälfte. Doch der US-Tennisverband nutzt das Event schon vorher als Werbevehikel. So wurde auf dem Brookfield Place, unweit des One World Trade Centers gelegen, eine Fanmeile samt Tennisplatz kreiert. Die Besucher konnten sich zum Beispiel mit den US-Open-Trophäen fotografieren lassen, Showkämpfen beiwohnen und Unterschriften von Profis sammeln. Am Mittwoch verteilte der Schweizer Stan Wawrinka dort Autogramme.

Rückkehr einer alten Bekannten

Einerseits wird versucht, den Tennissport zu den Menschen zu bringen, andererseits sollen im Rahmen der sogenannten Fanwoche möglichst viele Leute nach Queens in das Billie Jean King Tennis Center gelockt werden. So gilt für die Qualifikation freier Eintritt. Nun wurde erstmals mit einem öffentlichen Medientag experimentiert. Statt im Interviewraum fanden die Pressekonferenzen im brandneuen Louis Armstrong Stadium unter geschlossenem Dach statt, wobei die Besucher auf den Tribünen die Fragen und Antworten per Kopfhörer verfolgen konnten.

Etwas Applaus bekommt Federer, als er sich im Freizeitlook hinters Mikrofon setzt, doch das Interesse an der Aktion ist eher bescheiden. Mehr schauen im Freien zu, wo bei 28 Grad die letzten Plätze fürs Hauptfeld ausgespielt werden. Federer ist vor den US Open optimistisch. Der 37-Jährige fühlt sich erholt, anders als noch in Cincinnati sei der Körper jetzt bereit, Punkte auszuspielen, Matches zu bestreiten, Breakbälle abzuwehren, mit dem Druck umzugehen. Dass er spielerisch in Cincinnati nicht überzeugte, scheint ihn nicht mehr zu beschäftigen. Seine Probleme führt er in erster Linie auf die Bälle zurück, die extrem hoch abgesprungen seien. In New York werden nicht mehr Penn-, sondern Wilson-Filzkugeln verwendet. "Die spielen sich besser", erklärt der Schweizer. "Am Donnerstag verschlug ich im Training gegen Marin Cilic zweieinhalb Sätze lang nach seinem zweiten Service kaum einen Return, in Cincinnati hatte ich kaum einen reinspielen können. Daher bin ich guten Mutes, dass es hier einfacher gehen wird."

Anschließend trainiert Federer im Arthur Ashe Stadium mit Wawrinka. Die Einheit findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, nur ein paar Arbeiter, die für den Kindertag eine Bühne aufbauen, und die Betreuer sind zugegen. Beide Schweizer machen einen guten Eindruck. Und sie können eine ungewöhnliche Landsfrau beglückwünschen: Die 39-jährige Patty Schnyder hat sich in der Qualifikation durchgesetzt und steht damit erstmals seit 2011 wieder im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers. 20 Jahre ist es her, dass sie in New York Steffi Graf besiegte. Von Federer und Wawrinka hatte da noch niemand etwas gehört.

© SZ vom 26.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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