Remis der U 21:Noch Honig in den Ohren

Lesezeit: 3 min

Steigerungsbedarf vorhanden: Kevin Volland und Marc-André ter Stegen (links) nach dem Schlusspfiff. (Foto: dpa)
  • Zum EM-Auftakt in Prag spielt die deutsche U 21 1:1 gegen Serbien - ein eher glückliches Unentschieden.
  • Obwohl Coach Hrubesch die Serben vor dem Spiel noch herausgehoben hat, lassen sich seine Spieler lange den Schneid abkaufen.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der U-21-EM in Prag.

Von Ulrich Hartmann, Prag

Die Schönheit Prags im Frühsommer hat sich den deutschen U21-Fußballern am Mittwochabend im Norden der Stadt noch nicht erschlossen. Im halbleeren Letna-Stadion vor gerade mal 5500 Zuschauern mühten sich die Junioren in ihrem Auftaktspiel bei der EM zu einem 1:1 (1:1) gegen Serbien, spielten die letzten 20 Minuten in Unterzahl und müssen am Samstag gegen Dänemark sowie am Dienstag gegen Tschechien spielerisch deutlich zulegen, um das Halbfinale zu erreichen. Vielleicht hilft ihnen dabei der Umzug in den Süden der Stadt. Das Stadion dort heißt immerhin: Eden.

Um das Potenzial der deutschen U21 zu erkennen, brauchte man nur zu sehen, welche Fußballer zunächst auf der Ersatzbank Platz nahmen: der 133-malige Bundesliga-Torwart Bernd Leno vom Champions-League-Teilnehmer Leverkusen, das Mittelfeld-Ass Maximilian Arnold vom Pokalsieger VfL Wolfsburg, der Mainzer Standardspezialist Johannes Geis, der Innenverteidiger Dominique Heintz, der für 1,5 Millionen Euro zum 1. FC Köln wechselt, oder das Mittelfeldtalent Joshua Kimmich, das für etwa sieben Millionen Euro zum FC Bayern München geht. Sie alle haben es nicht in die Startelf geschafft. Das sagt einiges.

DFB-Team in der Einzelkritik
:Noch im Bubi-Modus

Max Meyer dreht sich so schnell wie Messi, Emre Can gestikuliert wie Ballack, Marc-André ter Stegen passt wie Iniesta - doch alle bleiben sie zu harmlos. Die deutsche U 21 beim 1:1 gegen Serbien in der Einzelkritik.

Von Matthias Schmid, Prag

Zum 17. Mal ein 4-2-3-1

Im offiziellen Magazin zum EM-Turnier in Tschechien sagt der Bundestrainer Horst Hrubesch über Stile und Systeme: "Egal ob 4-3-3, 4-4-2 oder 4-1-4-1 - die Spieler müssen flexibel sein." Das ist lustig, denn Hrubesch hatte in 16 Spielen, seit er das Amt im Herbst 2013 übernommen hat, 16 Mal ein 4-2-3-1 spielen lassen. Er hat darin ziemlich viele Spieler auf ziemlich vielen unterschiedlichen Positionen eingesetzt, aber das System hat er nie variiert. Auch nicht am Mittwochabend gegen Serbien, im 17. Spiel.

Hrubesch hatte sich im Tor für Champions-League-Sieger Marc-André ter Stegen aus Barcelona entschieden, in der Innenverteidigung für den Dortmunder Matthias Ginter und den Wolfsburger Robin Knoche, auf der Doppel-Sechs für den Dortmunder Moritz Leitner und den Liverpooler Emre Can sowie im zentral-offensiven Mittelfeld für den Schalker Max Meyer, den jüngsten Spieler in seinem Kader.

"Deutschland ist die Mannschaft mit der größten individuellen Qualität", hatte Serbiens Trainer Mladen Dodic im Vorfeld gelobt. Die Deutschen hatten diesen Honig noch in den Ohren, als Filip Djuricic in der 8. Minute das 1:0 für die anfangs viel präsenteren Serben erzielte. Nach einem Fehlpass von Ginter bekam Djuricic (Ende 2014 elf Bundesligaspiele für Mainz) den Ball, tunnelte Knoche und schob allein vor ter Stegen ungestört ins deutsche Tor ein. Obwohl Hrubesch die Serben vor dem Spiel noch dafür herausgehoben hatte, dass sie in den Playoffs den Titelverteidiger Spanien eliminiert haben, ließen sich seine Spieler lange den Schneid abkaufen.

Nichts, aber auch gar nichts deutete auf den schnellen Ausgleich hin, als Emre Can in der 17. Minute erstmals am Strafraumrand der Serben auftauchte, seinen Gegenspieler Darko Brasanac mit einem Hackentrick düpierte und dann aus 18 Metern ins Tor schoss. Doch über die Mitte und ihren Rechtsaußen Milos Jojic von Borussia Dortmund machten die Serben auch danach weiter Druck. Zwei Minuten vor der Pause lenkte ter Stegen einen 30-Meter-Schuss von Goran Causic mit den Fingerspitzen an die Unterkante der Latte, von wo der Ball vor die Torlinie prallte.

Das 1:1 zur Pause war schmeichelhaft für die Deutschen, wie auch die Spieler zugeben mussten: "Wir haben in der ersten Halbzeit nicht gut gespielt", sagte Emre Can. "Wir wollten das Spiel gewinnen, immerhin haben wir es nicht verloren. Es ist wichtig, dass wir in den nächsten Spielen besser auftreten."

Kader der U-21-Nationalmannschaft
:Chirurg im Tor, Tänzer im Sturm

U-21-Trainer Horst Hrubesch könnte bei der EM zwei Teams aufstellen, die das Zeug hätten, es bis ins Halbfinale zu schaffen. Ein Überblick über den DFB-Kader.

Von Ulrich Hartmann und Matthias Schmid

Jetzt müssen die Deutschen am Schwung arbeiten

Kimmich ersetzte zu Beginn der zweiten Halbzeit den blassen Leitner, aber die Deutschen, von Hrubesch in der Pause zu mehr Tempo und Dominanz aufgefordert, hatten weiterhin große Probleme mit den aggressiv pressenden und stabil formierten Serben. Dennoch: Eine Flanke von Volland beförderte Mittelstürmer Philipp Hofmann in der 57. Minute per Kopf knapp neben das serbische Tor.

Es war die erste Chance der zweiten Hälfte und erst die zweite gute für das deutsche Team im ganzen Spiel. Für eine alberne Schwalbe im Mittelfeld sah Linksverteidiger Christian Günter 20 Minuten vor dem Ende die gelb-rote Karte und dezimierte sein Team auf zehn. Abwehrmann Nico Schulz kam für Stürmer Hofmann. Hrubesch wollte nichts riskieren, sondern setzte auf Sicherheit.

Leonardo Bittencourt (für Meyer) hätte in der letzten Viertelstunde noch einmal Schwung hineinbringen sollen, aber gerade am Schwung müssen die Deutschen jetzt arbeiten. Dann kann sich Prag auch ihnen von seiner schönsten Seite zeigen.

© SZ vom 18.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: