Regionalliga:Übungen zum Druckausgleich

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Der TSV 1860 München baut mit dem 2:1 gegen den TSV Buchbach seinen Vorsprung auf den FC Bayern München II aus. Der Sieg zeigt jedoch, dass dem Tabellenführer der Regionalliga ein Takt- und Ideengeber fehlt.

Von Christoph Leischwitz

Mund abputzen - nicht gerade ein Kommentar, den man von einem siegreichen Trainer erwartet. Daniel Bierofka sah nach dem knappen und glücklichen 2:1 (1:1) gegen den TSV Buchbach auch nicht besonders glücklich aus, als er das sagte. Es war einfach gerade noch mal gut gegangen, aber gut gelaufen war es über weite Strecken ganz und gar nicht. Und dann sagte der Trainer des TSV 1860 München noch etwas, das Rückschlüsse zuließ auf das Innenleben seiner Mannschaft: "Wenn wir Unentschieden gespielt hätten, dann wäre es wieder eine gefühlte Niederlage gewesen. Oder es wäre nach außen hin so verkauft worden." Denn ein Unentschieden gegen den krassen Außenseiter Buchbach würde bedeuten: Seine Mannschaft hält dem Druck nicht stand. Und irgendwann glauben die jungen Spieler das dann auch. Bei 1860 München geht es in diesen Tagen also primär darum, diesen Druck zu meistern, bevor man Meister werden kann.

Kurioserweise scheinen die Ereignisse vom Dienstagabend nichts daran geändert zu haben, trotz der Steilvorlage aus Schweinfurt und einer Last-Minute-Ekstase dank des Tores von Jan Mauersberger (90+4. Minute). Der FC Bayern München II hatte zuletzt sechs Spiele in Serie gewonnen und war bis auf vier Punkte an die Sechziger herangerückt. Sie führten am frühen Abend in Schweinfurt bis kurz vor Schluss, dann köpfelte Adam Jabiri in der 89. Minute den 1:1-Ausgleich. Zwar behaupten Sechzigs Spieler und der Trainer, das Ergebnis nicht gekannt zu haben. Unmittelbar nach dem eigenen Spiel wusste aber Torwart Marco Hiller sehr genau, dass man nun wieder sechs Punkte Vorsprung hatte. Ohne die beiden späten Tore in Schweinfurt und im Grünwalder Stadion wären es nur noch zwei Punkte gewesen.

Schuss zum Sieg, aber nicht zur Erleichterung: Jan Mauersberger trifft gegen Buchbach in der 94. Minute noch zum 2:1. (Foto: Renate Feil/imago/MIS)

"Das hat man ja gesehen", sagte Daniel Wein nach dem Spiel auf die Frage, ob die Sechziger Probleme hatten. Dem haushohen Favoriten fiel einfach nicht viel ein im Spiel nach vorne - und das gegen einen reinen Amateurklub, der wegen Verletzungen in der Abwehr improvisieren musste. Gut herausgespielt war letztlich nicht einmal das Siegtor, ein Abstauber nach einem Freistoß. Umgekehrt hatte ein Buchbacher Schuss genügt, um den Titelaspiranten aus der Bahn zu werfen: ein Freistoßtor von Thomas Leberfinger kurz vor der Pause (44.), das die Führung durch Markus Ziereis nach einem Foulelfmeter (16.) ausglich. "Da haben wir ein bisschen auch die Nerven verloren und nicht mehr so strukturiert gespielt", sagte Bierofka. Es fehlte der Takt- und Ideengeber. Dabei fällt ein Name immer wieder, doch wann Timo Gebhart wieder im Kader steht, ist wegen seiner Achillessehnenprobleme noch unklar.

Auch die Verfolger waren enttäuscht. "Das Unentschieden fühlt sich wie eine Niederlage an und ist natürlich sehr ärgerlich", sagte Tim Walter nach dem Spiel in Schweinfurt. Doch Bayerns Trainer hat einen Stabilisator im Team, der den Sechzigern fehlt, die auch Sascha Mölders als Angreifer nur bedingt erfüllen kann. Rund vier Wochen nach Gebharts letztem Spiel für 1860 kehrte der lange verletzte Nicolas Feldhahn zurück. Seit er in der Startelf steht, haben die Bayern kein Spiel mehr verloren. Dank des 31-jährigen Innenverteidigers kann Walter es sich leisten, das zu tun, was man als lange abgeschlagener Verfolger tun muss: volles Risiko gehen. Feldhahn bügelt viele Missgeschicke im bedingungslosen Offensivfußball aus und ist Garant für eine gute Spieleröffnung. Ironischerweise war ausgerechnet er am 1:1 der Schweinfurter beteiligt. Aber 1860 hatte im Sommer ja auch gezeigt, dass man selbst mit Timo Gebhart mal verlieren kann - das Hinspiel in Buchbach, mit 0:1.

In den kommenden acht Tagen bestreiten Spitzenreiter und Verfolger je zwei Heimspiele im Grünwalder Stadion. Während die Bayern gegen die starken zweiten Mannschaften des FC Augsburg und 1. FC Nürnberg antreten, sieht das Programm für 1860 auf dem Papier deutlich einfacher aus: Der Drittletzte Seligenporten und der Letzte Unterföhring reisen an. "Die werden uns wieder vor Aufgaben stellen, da müssen wir Lösungen finden", sagt Bierofka. Er hoffe, dass die "nötigen Tore" dann früher fallen. Die nötigen Tore, um die eigenen Nerven zu beruhigen. Und den Vorsprung womöglich auszubauen.

© SZ vom 08.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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