Rallye Dakar:Dinosaurier in der Pampa

Lesezeit: 2 min

Es gibt sie tatsächlich noch, die umstrittenste aller Wettfahrten: Trotz Wirtschaftskrise und Klimawandel startet die Rallye Dakar am 1. Januar in Südamerika.

René Hofmann

Rallye fahren ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Früher trainierten die Meister des unebenen Untergrunds vor den WM-Läufen jede Etappe so oft, bis sie jede Kurve kannten. Und als die Draufgängerischsten galten jene Extremisten, die sich jährlich um Neujahr aufmachten, um sich in einer Ausdauerfahrt durch Afrika zu messen, die meist in Dakar endete, der Hauptstadt des Senegals.

Mensch und Material im Kampf gegen die Wüste und die Zeit: Die Rallye Dakar findet in diesem Jahr zum 32. Mal statt. Im Bild kämpft sich ein Krankenwagen im Januar 2009 durch die Dünen zwischen Fiambala und La Rioja. (Foto: Foto: AFP)

Inzwischen ist das alles ganz anders. In der Rallye-WM darf jedes Teilstück vorher nur noch wenige Male im gemäßigten Tempo befahren werden. Statt in Afrika messen sich die Distanz-Fahrer aus Angst vor Terror-Anschlägen lieber in Südamerika.

Und wenn der deutsche Beifahrer Dirk von Zitzewitz davon erzählen soll, wie er sich auf seine Aufgabe als Navigator vorbereitet hat, dann sagt er: "Ich habe viel Zeit am Computer verbracht und mir auf Google Earth viele Bilder und Karten angeschaut." Trockener können Trockenübungen fürs Staubschlucken kaum ausfallen.

Kaum noch Konzerne am Start

Im vergangenen Jahr hat der 41-Jährige aus Karlshof seinen Job sehr ordentlich erledigt. Nach seinen Anweisungen raste der Südafrikaner Giniel de Villiers zum Sieg bei dem Rennen, das zwar in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires beginnt und endet, das als Reminiszenz an Tage, in denen das Verbrennen fossiler Brennstoffe aus sportlichen Gründen noch weniger verpönt war, aber immer noch Rallye Dakar genannt wird.

Der Erfolg 2009 war aus mehreren Gründen bemerkenswert: Es war der erste für ein Auto, das von einem Diesel-Motor angetrieben wurde. Und nach langem Anlauf der erste für den VW-Konzern. Ursprünglich war das wüste Getöse als Begleitmusik zur Markteinführung des Familien-Geländewagens Touareg gedacht. Doch bis das Brummbrumm über Stock und Stein zum Erfolg führte, dauerte es Jahre. Die Marketing-Offensive wurde von der Feinstaub- und der CO2-Debatte überholt. Inzwischen gilt es als sehr unschick, einen Geländewagen dort zu bewegen, wo ein Geländewagen gar nicht gebraucht wird. Gegen diesen Trend wird sich auch VW vermutlich nicht mehr lange stemmen. Die Rallye Dakar 2010 könnte die letzte für die Firma sein. Rivale Mitsubishi ist - aus wirtschaftlichen Gründen - bereits ausgestiegen.

Die Konkurrenz, auf die die fünf VW-Fahrer Giniel de Villiers, Carlos Sainz (Spanien), Mark Miller (USA), Nasser Al-Attiyah (Katar) und Mauricio Neves (Brasilien) treffen, ist deshalb recht übersichtlich. Wie in den vergangenen Jahren schickt BMW-Erbe Sven Quandt privat aufgebaute Prototypen ins Rennen, die Karosserien tragen, die dem Geländewagen X3 ähneln. Bewegt werden diese von den einstigen Mitsubishi-Größen Joan Roma und Stephane Peterhansel. Der Franzose ist Rekord-Sieger. Er hat die Dakar sechsmal auf dem Motorrad gewonnen und dreimal mit dem Auto.

Autos, die wie Panzer wirken

Als vielversprechender Außenseiter gilt wie in den vergangenen Jahren Robby Gordon, der einen brachial aufgemotzten Hummer steuert - und damit in der Wertung des anachronistischsten Modells schon vor der ersten Etappe, die am Samstag von Colón nach Córdoba führt, uneinholbar enteilt ist. Autos, die aussehen wie Panzer und annähernd so viel verbrauchen, sind auch in Gordons Heimat, den USA, ziemlich aus der Mode gekommen.

In der Pampa und der Atacama-Wüste darf sich der Dinosaurier bis zum 16. Januar nun noch einmal austoben. Umweltschutz ist in Argentinien kein so großes Thema. Im vergangenen Jahr säumten mehr als 3,5 Millionen Menschen die Strecke, allein zum Showstart kamen rund 500.000. Ähnlich viele werden an diesem Freitag an der Avenida 9 de Julio in Buenos Aires erwartet, wenn die 138 Teams, die in Autos losziehen, sich der Menge präsentieren. Die längste Etappe wartet am 8.Januar auf sie. Von Iquique nach Antofagasta in Chile sind dann 600 Kilometer gegen die Stoppuhr zu bewältigen.

© SZ vom 31.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: