Premier League:Geständnis der Selbstaufgabe

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Nun vollends im Tabellenkeller angelangt: Trainer David Wagner und Huddersfield Town. (Foto: Action Images via Reuters)

Der Abwärtstrend von Huddersfield Town nimmt beim 0:3 in Watford bedenkliche Züge an. Das Team des deutschen Trainers David Wagner ist auf den letzten Platz gestürzt.

Von Sven Haist, Watford

Als Kapitän bei Huddersfield Town setzte Jonathan Hogg frühzeitig ein Zeichen. Mit seiner Spielweise des Wadenbeißers repräsentiert Hogg im Mittelfeld die Knochenarbeit seiner Mannschaft in der Premier League. Normalerweise verschafft sich der Oberterrier der Terrier, wie die Profis in Huddersfield genannt werden, den Respekt der Kontrahenten, indem er sie auf dem Platz anblafft, nachdem er zuvor über die Regeln hinaus körperlich ausgeteilt hat. Statt sich Gerard Deulofeu vor dem zweiten Treffer für den FC Watford am Samstag im Strafraum zumindest in den Weg zu stellen, nahm sich Hogg mit einer Drehung in die falsche Richtung selbst aus dem Zweikampf und riss dabei sogar seine Hände nach oben. Diese Haltung, die dem Schiedsrichter signalisieren sollte, dass er hier auf keinen Fall einen Elfmeter verursachen wollte, geriet zum Geständnis der Selbstaufgabe.

Beim ersten Gegentor durfte Roberto Pereyra an der linken Außenlinie ungehindert zum Dribbling ansetzen. Schon das Zuspiel auf ihn schien die beiden Angreifer Alex Pritchard und Laurent Depoitre bei Huddersfield nicht zu stören. Die Lethargie führten Isaac Mbenza und Erik Durm auf der rechten Abwehrseite fort, ehe sich Philip Billing, Mathias Jörgensen und Chris Löwe weigerten, das Duell mit Pereyra bei dessen Querfeldeinlauf zum Tor in der zehnten Minute aufzunehmen. Dabei verhalf das gemeinsame Verteidigen, das David Wagner als Trainer in Huddersfield seit November 2015 lehrt, in der Vorsaison zum unerwarteten Ligaverbleib des Aufsteigers. "Wir waren so naiv. Wir haben es dem Spieler nicht schwer genug gemacht, in den Strafraum zu kommen", sagte Wagner.

"Wir haben alle zu viel falsch gemacht"

Zur Bestätigung der Fahrlässigkeit ließ Huddersfield den gegnerischen Angreifer Deulofeu kurz darauf an der rechten Außenlinie mit dem Ball am Fuß losziehen: vorbei an Aaron Mooy, an Chris Löwe und schließlich eben an Jonathan Hogg, der freiwillig Platz machte. Aus einem unangenehmen Winkel zum Tor schoss Deulofeu zum Überfluss den Ball über den Kopf des Torhüters Jonas Lössl hinweg (19.). Alle Startelfspieler im Trikot von Huddersfield Town hatten sich nun in der Verteidigung mitschuldig gemacht, denn bei den Gegentoren gelang es Abwehrchef Chris Schindler jeweils nicht, sich in der Defensive so zu positionieren, dass er das Fehlverhalten seiner Kollegen hätte ausgleichen können. "Ich kann keinen einzelnen für die Tore verantwortlich machen. Das war jeder heute. Wir haben alle zu viel falsch gemacht", bilanzierte Lössl. Da spielte der finale Gegentreffer durch Isaac Success schon keine Rolle mehr (70.).

Durch das parallele Unentschieden für Newcastle United hat das desillusionierende 0:3 in Watford dafür gesorgt, dass Huddersfield mit drei Punkten nach zehn Spielen auf dem hintersten Tabellenplatz in der Premier League angelangt ist. Neben dem weiter fehlenden ersten Saisonerfolg drücken die nur vier erzielten Treffer auf die Stimmung. Dem Winzling aus der Grafschaft Yorkshire, der in diesem Kalenderjahr gerade mal drei Siege in 27 Ligapartien erzielt hat, den letzten davon am 14. April beim 1:0 in der Nachspielzeit gegen Watford, geht langsam die Freude am Mitspielen in der Liga verloren.

Auch der notorische Optimist Wagner verzweifelt

Selbst Wagner, diesem ewigen Optimisten an der Seitenlinie, der vor der neuerlichen Niederlage kundtat, der zuversichtlichste Mensch auf der Welt zu sein, überkam das Kopfschütteln, nachdem seine Spieler trotz einiger Chancen den Ball nicht über die Torlinie brachten. Bei der besten Gelegenheit scheiterte Löwe mit seinem Distanzschuss an der Latte, die siebte Berührung des Torgestänges für Huddersfield in dieser Spielzeit. Einzig Meister Manchester City liegt in dieser Statistik um einen Treffer voraus. Nach der Partie versuchten sich Spieler und Trainerteam gar nicht erst an einer Aufarbeitung der Nichtleistung, die meisten verschwanden umgehend im Mannschaftsbus. Am Montag in einer Woche empfängt Huddersfield den FC Fulham zum Kellerduell. In den bisherigen fünf Heimspielen haben die Terrier allerdings überhaupt keinen Treffer zustande gebracht.

Die Trübseligkeit im Torabschluss hat sich bei Huddersfield schon in der Rückrunde der Vorsaison (lediglich elf Treffer) bemerkbar gemacht. Der Klub reagierte auf seinen an qualitative Grenzen stoßenden Kader mit 50 Millionen Euro an Transferausgaben. Von den sieben neu geholten Spielern fanden sich der ablösefreie Durm als Rechtsverteidiger und Isaac Mbenza in der Startformation. Der französische Angreifer Adama Diakhaby, der für etwa zehn Millionen Euro im Sommer aus Monaco verpflichtet wurde, schaffte es gar nicht ins Aufgebot gegen Watford. Anstelle eines Treffers oder Assists hat Diakhaby fünf Ein- und zwei Auswechslungen vorzuweisen.

Ähnliche Eingewöhnungsprobleme an den physischen Englandfußball und das triste Klima im Norden der Insel haben Juninho Bacuna aus dem niederländischen Groningen und Isaac Mbenza, der aus Montpellier in Frankreich ausgeliehen wurde. In der Defensive fehlt der verletzte Rekordtransfer Terence Kongolo, dessen Widerstandsfähigkeit sich Huddersfield 20 Millionen Euro kosten ließ. Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den getätigten Transfers führt das in Huddersfield offenbar noch nicht. Bis hierhin überwiegt die Dankbarkeit ans Team für den Husarenritt, den es mit Wagner in den zurückliegenden drei Jahren aus den Niederungen der Zweitklassigkeit hingelegt hat. Und die Hoffnung, dass sich Huddersfield, im Bestreben, den Abstieg aus der Premier League ein weiteres Mal zu verhindern, nicht unterkriegen lässt.

© SZ vom 28.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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