Premier League:Ende der Unantastbarkeit

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"Ich bereue nichts": Pep Guardiola coacht voller Überzeugung, auch wenn mal ein Spiel verloren geht. (Foto: John Sibley/Action Images via Reuters)

Trainer Pep Guardiola verliert mit Manchester City beim FC Chelsea erstmals in dieser Saison - und ist nicht mehr Tabellenführer.

Von Sven Haist

Pep Guardiola hatte gerade zum ersten Mal in dieser Saison verloren, zum ersten Mal seit acht Monaten und einem Tag, aber darüber wollte er nicht sprechen. Er war ausgekontert worden, aber davon wollte er nichts wissen. Er hatte gerade auch die Tabellenführung an den FC Liverpool verloren, aber darüber wollte er wahrscheinlich erst recht nicht sprechen. Pep Guardiola unterlag am Samstagabend mit Manchester City 0:2 dem FC Chelsea. Und er sagte: "Wir haben bis auf wenige Minuten unglaublich gespielt. Ich bereue nichts."

Der Spieltag in der Premier League hatte mittags damit begonnen, dass der FC Liverpool seine Absicht unterstrich, in dieser Saison den Titel zu gewinnen. Mit dem höchsten Auswärtssieg der Saison schlugen die Reds Bournemouth mit 4:0, dabei gelangen dem besten Stürmer der Vorsaison drei Tore. "Genialer Mohamed Salah macht eine donnernde Ansage im Titelkampf", schrieb das Liverpool Echo. Denn tatsächlich hatten die Reds mit dem Sieg in Bournemouth am Abend die Tabellenführung übernommen, die davor neun Spieltage lang Manchester City gehört hatte. Das 0:2 gegen Chelsea nach Toren von N'Golo Kanté (45.) und David Luiz (78.) nahm City die Unversehrtheit.

Nun muss man wissen, dass die Vereine in der Premier League nach Manchesters Rekordsaison mit 100 Punkten und 106 Toren nach einem Anhaltspunkten suchen, wie sich der englische Meister von seinem Pfad des Dominanzfußballs abbringen lässt. Und Chelseas Trainer Maurizio Sarri hatte da so eine Idee.

Er legte die Offensivstrategie des FC Chelsea so an, dass Fabian Delph in die Bredouille geriet, ein Mittelfeldspieler, der gerade bei ManCity als Linksverteidiger aushelfen muss und schon kürzlich beim Erfolg in Watford patzte.

Chelsea, unter Sarri eigentlich einen anspruchsvollen Angriffsstil pflegend, lockte die Gäste mit einer Defensivtaktik aus der Deckung und konterte. 61 Prozent Ballbesitz hatte City am Ende, 14 Torschüsse und 13 Ecken. In der Regel möchte City entweder durch Passfolgen die zwei Spielmacher vor der gegnerischen Abwehr freispielen oder die Flügelstürmer in Position für Dribblings bringen. Beide Varianten deckte Chelsea durch die dichte Ansammlung an Spielern in der Mitte sowie die doppelte Besetzung der Außenseiten ab.

Mit jeder torlosen Minute nahm Guardiolas Ungeduld zu, einen Spieler nach dem anderen beorderte er nach vorne. Und darauf hatte Chelsea gewartet. Verteidiger Luiz schlug am eigenen Strafraum einen 70 Meter weiten diagonalen Pass in den Fuß des Außenstürmers Pedro. Der Ball flog über acht City-Spieler hinweg. Im Duell mit Außenstürmer Pedro verlor eben jener Delph die Orientierung. Eden Hazard legte brillant für den nachrückenden Kanté auf - und der traf. Der Angriff glich der perfekten Umsetzung einer in der Theorie erdachten Kombination. Für Chelsea war es der erste Torschuss in der Partie.

"Ich bin sehr glücklich über den Sieg, weil es nie einfach ist, gegen Guardiola zu gewinnen", sagte Sarri. Den zweiten Treffer besorgte Luiz nach einem Eckball mit dem Kopf. Bei seinem Jubellauf zu den Fans kamen ihm einige entgegen, indem sie auf die Tribünenbrüstung stiegen. Durch den Erfolg ist Chelsea auf sieben Punkte an City herangerückt. Gegen keinen anderen Klub in England hat Guardiola jetzt drei Ligaspiele verloren. Bisher schaffte es in der Premier League lediglich der FC Arsenal, eine Spielzeit ohne Niederlage zu absolvieren. Dieses Kunststück kann jetzt in dieser Spielzeit bloß noch Liverpool gelingen - City nicht mehr. "Jeder fragt mich zu diesem Thema. Wir sind nicht hier, um ungeschlagen zu bleiben, sondern um den Titel zu gewinnen. Wir wollen einen Punkt mehr haben als unsere Gegner", sagte Guardiola. In keinem Sport auf der Welt, führte er aus, gebe es ein Team, das ausschließlich gewinne: "Wenn Leute das behaupten, verkaufen sie eine Illusion."

City hat im Vergleich zur Vorsaison fünf Punkte weniger geholt

Die englische Öffentlichkeit hatte City indirekt schon zum Sieger im Titelrennen ausgerufen, obwohl das Teilnehmerfeld an der Spitze zusammengerückt ist. Kurz vor dem Ende der Hinrunde hat City im Vergleich zum Zeitpunkt der Vorsaison nun aber fünf Punkte weniger geholt - und die eigene Ausnahmestellung eingebüßt.

Ob es ein Pechtag für City gewesen sei, wurde Guardiola gefragt. "Wer so denkt, hat das Spiel nicht gesehen. Normalerweise hat Chelsea etwa 75 Prozent an Ballbesitz, aber gegen uns haben sie das nicht geschafft." Man durfte sich schon wundern, wenn man ihm zuhörte. Denn er sprach immer noch über eine Niederlage, deren Art und Weise sich in der Premier League herumsprechen dürfte.

© SZ vom 10.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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