Playoff-Viertelfinale: Ingolstadt - Köln:Endlich die Kerze auspusten

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Am Freitag will Ingolstadt gegen Köln die Entscheidung herbeiführen, indem sie auf ihr Überzahlspiel vertrauen - und ihren glänzend parierenden Torwart Jochen Reimer.

Von Christian Bernhard

Dass die Playoff-Serie zwischen dem ERC Ingolstadt und den Kölner Haien eine besonders knappe werden könnte, war schon nach dem letzten Hauptrundenspieltag der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zu erahnen. Beide Mannschaften hatten nach 52 Spieltagen exakt gleich viele Punkte geholt, in Sachen Tordifferenz trennten sie nur zwei Törchen.

Wie eng es seit mittlerweile mehr als zwei Wochen tatsächlich zugeht, überrascht trotzdem. Drei der fünf bisherigen Partien wurden in der Verlängerung entschieden, das letzte Spiel in Köln endgültig erst 36 Sekunden vor Schluss - durch einen Schuss ins leere Tor. Die im Eishockey oft zitierten "Kleinigkeiten" scheinen in diesem Duell noch einmal feiner zu sein.

Trotzdem haben sich die Ingolstädter einen Vorsprung herausgespielt. Dank ihrer 3:2-Serien-Führung können sie am Freitag zuhause erstmals seit 2015 wieder ins Halbfinale einziehen. Sie wollen die Kölner "Kerze", von der Haie-Kapitän Moritz Müller sprach und meinte, sie solle weiterbrennen, endgültig auspusten.

Mangelndes Engagement kann man den Kölnern keinesfalls vorwerfen, sie sind die aktivere und schussfreudigere Mannschaft in der Serie. Deshalb steht ein Ingolstädter besonders häufig im Mittelpunkt: Jochen Reimer. Der ERC-Torhüter hat durch starke Leistungen in der Hauptrunde den Vorzug vor Nationaltorwart Timo Pielmeier bekommen, Trainer Doug Shedden vertraute ihm in allen fünf Playoff-Spielen. Auch beim 2:4 am vergangenen Sonntag in Köln hielt er seine Mannschaft mit zahlreichen starken Paraden bis zum Schluss im Spiel. "Man muss sich nur seine Statistiken anschauen, die lügen nicht", sagt Shedden. Reimer sei wahrscheinlich der Grund dafür, "dass wir in der Serie 3:2 führen und nicht 2:3 zurückliegen".

Immer wieder im Mittelpunkt: Ingolstadts Torhüter Jochen Reimer (l.), der gegen den Kölner Alexander Oblinger (2.v.l) pariert. (Foto: Marcel Kusch/dpa)

Daran hat auch das Ingolstädter Tempo gehörigen Anteil. Der ERC schafft es immer wieder, die Haie mit seinem zügigen Umschaltspiel zu überrumpeln und auszukontern. "Wir haben viele schnelle Spieler, die schnell umschalten können", sagt Stürmer David Elsner. Sobald Sheddens Mannschaft die Scheibe erobert, geht es schnörkellos nach vorne. "Wir versuchen immer, mit drei, vier Spielern vorzusprinten und mit schnellen Pässen zum Abschluss zu kommen", erklärt Elsner, der einer der Profiteure dieser Spielweise ist: Dreimal hat er bereits getroffen, das macht ihn zusammen mit dem erst 19-jährigen Tim Wohlgemuth und Brandon Mashinter zum besten Playoff-Torschützen seiner Mannschaft.

Die Oberbayern brauchen deutlich weniger Offensivszenen als die Haie, um zum Erfolg zu kommen. "Wir sind kaltschnäuziger als Köln", sagt Elsner. Grundlage dafür ist ebenfalls die Geschwindigkeit. Der ERC spielt die Haie müde und lässt besonders deren Verteidiger sehr viel laufen. Dadurch fehlt den Kölnern im Defensivdrittel manchmal die nötige Konzentration und Spritzigkeit.

Herausragend war bisher das Ingolstädter Über- und Unterzahlspiel. Beeindruckende 31,3 Prozent Erfolgsquote machen die Oberbayern zum besten Playoff-Powerplay-Team hinter Hauptrundensieger Mannheim, auch in Unterzahl sind sie stark. Addiert man die Über- und Unterzahlstatistiken, ist der ERC unangefochten auf Rang eins. "Unser Ziel ist, die Scheibe so schnell zu spielen, dass die Kölner nicht in ihre Unterzahlformation kommen", sagt Elsner zum gefährlichen Überzahlspiel seines Teams. Dieses funktioniert sogar, obwohl der ERC-Hauptrunden-Topscorer noch gar nicht in der Serie angekommen ist. Michael Collins ist noch ohne Scorerpunkt und hat erst fünf Schüsse in fünf Spielen abgegeben. Shedden stellte ihm deshalb im Training erneut neue Reihenkollegen an die Seite, denn "wir brauchen einen Michael Collins in Michael-Collins-Form, um die Serie zu gewinnen", betont der ERC-Trainer.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Ingolstadts Powerplay am Freitag noch gefährlicher sein wird, ist unabhängig von Collins' Form hoch, da der zuletzt für ein Spiel gesperrte Verteidiger Ville Koistinen wieder zurück ist. Der Finne ist einer von Sheddens Schlüsselspielern an der Blauen Linie. Er hat ein gutes Auge für den freien Mitspieler und einen ansatzlosen Schuss. "Er ist unglaublich wichtig für unser Überzahlspiel", betont Elsner. Über Koistinens Rückkehr werden sich auch Sean Sullivan und Maury Edwards freuen. Die Verteidigerkollegen des Finnen mussten im letzten Spiel in Köln aufgrund der Abwesenheit Koistinens und jener von Fabio Wagner, der am Donnerstag wieder trainierte, Extra-Schichten schieben und kamen zusammen auf mehr als eine Stunde Eiszeit. Ein äußerst seltener Wert.

Aber was tut man nicht alles, um ins Halbfinale zu kommen? Shedden hat bei seinen Spielern vor dem womöglich letzten Spiel der Serie eine "seriösere" Trainingseinstellung als zuletzt festgestellt. Über ein mögliches Spiel sieben will er erst gar nicht sprechen. Spiel sieben, sagt er, ist für uns am Freitagabend.

© SZ vom 29.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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