Petkovic bei den French Open:Spielerei mit Dämonen

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Andrea Petkovic: Küsst auch mal den Schläger (Foto: Kenzo Tribouillard/AFP)

Andrea Petkovic präsentiert sich mit dem Halbfinaleinzug in Paris gegen Sara Errani wie zu ihren besten Zeiten. Vom ganz großen Coup ist sie aber noch nicht überzeugt - sie kennt ihre komplizierte Seele ganz genau.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Ehe sie zu ihrem Spiel antreten durfte, dauerte es, Regen, Wind, Paris im Juni, das ist gerade eine wechselhafte Sache. Mit drei Stunden Verzögerung wurde die Viertelfinalpartie auf dem Court Philippe Chatrier aufgenommen, womöglich hatte sich bis 17 Uhr so mancher mit einem Interview von Andrea Petkovic die Zeit vertrieben. Den 2008 verstorbenen Schauspieler Paul Newman halte sie für den "perfekten Mann", sie wäre gern Barack Obama für einen Tag, um "die Macht", die der US-Präsident hat, zu spüren.

Und Angela Merkel, ja, die Kanzlerin fasziniere sie, das alles verriet sie L'Equipe. Sie beginnen bei den French Open zunehmend Gefallen an der tiefsinnigen 26-Jährigen aus Darmstadt zu finden, vor allem nach dieser grandiosen Leistung am Mittwoch intensiviert sich das Verhältnis erneut. Petkovic erreichte nach dem 6:2, 6:2 gegen Sara Errani aus Italien das erste Grand-Slam-Halbfinale und frohlockte: "Ich liebe Paris."

Damit hat die Fed-Cup-Spielerin ihre Chance genutzt, das Tableau war ja nach dem Scheitern einiger Topgesetzter an Favoriten ärmer geworden, Errani als Zehntgesetzte war die am höchsten Platzierte, die Petkovic bezwang. Nur 1:03 Stunden benötigte sie, "ich weiß nicht, was mit mir heute los war", sagte die Weltranglisten-27. nach dem Sieg, bei dem sie nur zum Start Probleme hatte. Sie verlor ihr Aufschlagspiel, doch zwölf Vorhand- und Rückhandpunkte und ein 23:5-Punkte-Lauf sicherten ihr den ersten Satz.

Deutscher Sieg in Paris ist garantiert

Die Art, wie sie die 27-Jährige aus Bologna beherrschte, erinnerte an 2011, als sie nach drei Viertelfinals in Melbourne, Paris und New York auf den neunten Weltranglisten-Platz geklettert war. "Ich hatte einen sehr guten Plan von meinem Coach", schwärmte Petkovic; der Niederländer Eric van Harpen, 70, trainiert sie seit drei Monaten.

Errani, Paris-Finalistin 2012, nahm eine Toilettenpause, ein wohl taktischer Versuch, den Rhythmus von Petkovic zu stören. Allerdings zeigten sich beide verunsichert, vier Spiele lang brachte keine ihren Service durch. Petkovic fing sich als erste, schaffte das 3:2, im Anschluss das Break und geriet nicht mehr in Gefahr. Ihren Triumph bejubelte sie auf einzigartige Weise, "ich habe noch nie meinen Schläger geküsst", sagte sie, nachdem sie exakt dies getan hatte, "und es war ja kein Junge da".

Als letzte Deutsche stand Steffi Graf vor 15 Jahren in der Runde der letzten Vier in Frankreich. Im Halbfinale trifft Petkovic an diesem Donnerstag auf die an Nummer vier gesetzte Rumänin Simona Halep, die Svetlana Kuznetsova aus Russland ebenfalls mit 6:2, 6:2 bezwang. Einen deutschen Sieg wird es indes in jedem Fall geben. Julia Görges aus Bad Oldesloe gewann mit dem Serben Nenad Zimonjic 6:2, 6:2 gegen Timea Babos (Ungarn)/Eric Butorac (USA). Und Anna-Lena-Lena Grönefeld (Nordhorn) setzte sich an ihrem 29. Geburtstag mit dem Niederländer Jean-Julien Rojer 3:6, 7:6 (4), 10:5 gegen Jaroslawa Schwedowa/Bruno Soares (Kasachstan/Brasilien) durch.

Zwei Deutsche hatten sich in diesem Nebenwettbewerb noch nie bei einem Grand-Slam-Finale duelliert. Petkovic beendete den Tag natürlich mit einem herrlichen Spruch. Sie hebe jetzt nicht ab, betonte sie, sie sei eine komplizierte Seele, denn: "Ich habe immer wieder meine Dämonen in mir, die mal ruhig sind und dann Schnaps trinken und anstoßen." Paris liebt diese Frau, und das zu Recht.

© SZ vom 05.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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