Personalwechsel bei TSG Hoffenheim:Lawine im Kraichgau

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Dass nun in Hoffenheim Trainer Kurz und Manager Müller gehen müssen, ist die Folge einer problematischen Personalführung. Der Fall hat aber auch etwas Beruhigendes. Er zeigt, dass nicht einmal Dietmar Hopp positives Betriebsklima kaufen kann.

Ein Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Rein fachlich ist das okay, was die Hoffenheimer jetzt probieren. Die Reißleine ziehen, einen Impuls setzen kurz vor dem Duell der letzten Chance gegen die ebenfalls akut gefährdeten Düsseldorfer am Freitag. Insofern entspricht so ein Last-Minute-Trainertausch der puren Lehre. Hundert Mal probiert, mal spektakulär gelungen wie 2011 bei Borussia Mönchengladbach mit dem Wechsel auf Lucien Favre, mal spektakulär gescheitert wie 2012, als Feuerwehrmann Otto Rehhagel an der Berliner Hertha verzweifelte.

Der puren Lehre entspricht es auch, dass die TSG Hoffenheim den Neuen vertraglich so ausstattet, dass er, wenn er absteigt, auch der Wegweiser zum sofortigen Wiederaufstieg sein soll. Dies kann aber auch ein Fehler sein; denn so ein (nicht verhinderter) Abstieg ist immer auch ein Makel.

Bundesliga
:Hoffenheim entlässt Trainer Kurz und Manager Müller

Sie waren erst wenige Monate im Amt, nun sind sie schon wieder entlassen: Das vom Abstieg bedrohte Hoffenheim hat seinen Trainer Marco Kurz gefeuert, auch Manager Müller muss gehen. Der neue Trainer steht schon parat.

Damit endet auch schon die kurze Liste dessen, was in dieser Saison in der Retorte im Kraichgau als fachlich - keinesfalls aber als menschlich - nachvollziehbar gewertet werden kann. Ansonsten fragt man sich, wo diese Art der Personalpolitik gelehrt wurde, die dort spätestens seit der Trennung vom Aufstiegstrainer Ralf Rangnick zur Anwendung kommt? Beim Software-Riesen SAP, den Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp gründete und bei dem er zum Milliardär wurde? Oder ist da beim Technologie-Transfer von der Software auf den Fußball einfach viel zu viel verloren gegangen?

Hopp hatte ja schon zu Beginn des Plans, mit seinen Finanzen seine Heimatregion zu vitalisieren, erklärt, dass er vom Fußball eher wenig verstehe. Er sei auf den Ratschlag externer Berater angewiesen. Das sorgt für Einflüsterungen, für Abhängigkeiten, und beispielgebend für alles, was in Hoffenheim schieflief, ist heute die Personalie Tim Wiese.

Eine Königspersonalie des fachlichen Irrsinns, weniger wegen Wiese selbst, der von seiner in Hoffenheim sehr einflussreichen Agentur "Rogon" empfohlen wurde. Sondern einfach, weil es nicht notwendig war, vor dieser Saison den Torwart zu wechseln. Tom Starke, heute Nummer zwei beim FC Bayern München, hielt zuvor seriös und wurde hoch geschätzt. Mit Ligastart erhob zudem der damalige Trainer Markus Babbel einen Europapokalplatz zum Ziel - und aus dieser Mischung aus abenteuerlicher Personalpolitik und extremen Wünschen entwickelte sich jene Lawine, die nicht mehr aufzuhalten war.

Auch nicht mit der geballten Hopp'schen Finanzkraft im Winterschlussverkauf. Worin auch etwas Beruhigendes zu finden ist. Dass nämlich im Fußball zwar ein Profi, nicht aber ein erstligataugliches Betriebsklima an der nächsten Ecke käuflich zu erwerben ist.

© SZ vom 03.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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