Olympia süß-sauer (4):Die schnellen Zweiten

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Wer genau hinsieht, kann im Schwimmstadion noch mehr Weltrekorde entdecken als bisher angenommen. Ein Franzose macht dabei eine besonders tragische Figur.

Johannes Aumüller

Wenn eines gar nicht allzu fernen Tages die Olympischen Spiele in Peking bilanziert werden, dann dürften sie zumindest mit Blick auf die Schwimm-Wettkämpfe als "Spiele der Weltrekrode" in die Geschichtsbücher eingehen. Michael Phelps hat dann wahrscheinlich acht Peking-Weltrekorde vorzuweisen (Stand heute: fünf), das Schwimmstadion insgesamt wohl mehr als 20 (Stand heute: 16) gesehen.

Alain Bernard (vorne) lässt sich von seinen französischen Staffel-Kollegen trösten. (Foto: Foto: dpa)

Diese Zahlen sind schon beeindruckend genug, doch wer genau hingesehen hat, kann die Anzahl der Weltrekorde noch locker in die Höhe schrauben. Denn die Schwimmer befinden sich in so einer unglaublichen Form, dass in einem Rennen der bisher bestehende Weltrekord nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach unterboten wird. Das führt dazu, dass Athleten schneller sind als alle Schwimmer der Weltgeschichte vor ihnen - und trotzdem nicht Gold gewinnen.

Kirsty Coventry aus Simbabwe zum Beispiel gehört zu dieser ganz bedauernswerten Gruppe von Sportlern: Sie schwamm die 200 Meter Lagen in 2:08,59 Minuten und war damit eine knappe halbe Sekunde schneller als die bisher gültige Welbestzeit - und stand auf dem Podest doch hinter Stephanie Rice, die noch ein bisschen flotter war. Das gleiche war ihr über 400 Meter Lagen auch schon mal passiert. Die Slowenin Sara Isakovic schwamm als erste Frau der Welt die 200-Meter-Freistil-Strecke unter 1:55,00 Minuten - doch die Italienerin Federica Pellegrini holte Gold. Und die deutschen Schwimmer unterboten ... : Nein, die deutschen Schwimmer unterboten gar nichts, sie waren und sind in der Tat so langsam wie es die Ergebnisse vermuten lassen.

Weltrekord weggeschnappt

Doch zur tragischsten Figur der Spiele entwickelt sich der Franzose Alain Bernard. Erst schwamm er mit der französischen 4x100-Meter-Freistil-Staffel der Männer vier Sekunden schneller als die Weltbestzeit - und trauerte doch, weil der amerikanische Schlusschwimmer Jayson Lezak ihn auf der letzten Bahn überholte. Dann musste er miterleben, wie ihm im Vorlauf der Australier Eamon Sullivan den Weltrekord über die 100 Meter Freistil wegschnappte. Zwar konnte er zurückschlagen und im Halbfinale mit 47,20 Sekunden eine neue Bestzeit aufstellen; doch kaum hatten die Chronisten zum x-ten Mal für die Zeit der Spiele ihre Statistik aktualisiert und den Namen Bernard ergänzt, kaum hatte sich der Franzose als erneuter Weltrekordhalter feiern lassen - da war er den Titel auch schon wieder los. Im zweiten Halbfinale nur eine Minute später schwamm Sullivan 15 Hundertstelsekunden schneller.

Der Trost für Bernard: Es war das Halbfinale, am Donnerstag im Finale kann er noch einmal kontern. Doch so wie die Schwimm-Wettkämpfe bisher auflaufen, würde ihm eine normale Unterbietung des Weltrekords nicht ausreichen - weil er dann Gefahr läuft, dass noch einer noch schneller ist.

Der Trost für die Chronisten: Nächste Woche sind die Schwimm-Wettbewerbe vorbei, und die Leichtathletik beginnt. Bei den Frauen gab es im vergangenen Jahr in nur einer von 13 Laufdisziplinen einen Weltrekord, bei den Männern in zwei - ständige Aktualisierungen sind da eher nicht zu erwarten.

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