Olympia:"Ich bekomme 1500 Euro im Monat, für mich ist das viel Geld"

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Laura Vargas Koch gewinnt die erste deutsche Judo-Medaille. Sie promoviert im Fach Mathematik in Aachen und ist das, was man früher eine echte Amateur-Sportlerin nannte.

Von Jürgen Schmieder

Die Judokämpferin Laura Vargas Koch blieb erst einmal liegen. Das war nicht verwunderlich, schließlich hatte der Kampf im Mittelgewicht gegen Maria Bernabeu (Spanien) lange gedauert, er war erst in der Verlängerung entschieden worden. Vargas Koch packte ihre Gegnerin, sie stellte um von einer Fußtechnik zu einem Wurf und schleuderte die verblüffte und damit wehrlose Bernabeu zu Boden. Das Duell war vorbei, Vargas Koch lag auf der Matte und lächelte - sie hatte gerade Bronze in der Klasse bis 70 Kilogramm gewonnen.

Vargas Koch, 26, ist ein Mitglied des Förderprogramms ElitePlus. Dazu gehören Athleten, die nicht zu den Sportfördergruppen von Polizei oder Bundeswehr gehören und aufgrund ihrer Qualität von der Deutschen Sporthilfe unterstützt werden - bei den Spielen in London schafften 17 der 33 Elite-Plus-Sportler eine Medaille. "Es ist für jemanden wie mich wunderbar, dass es dieses Programm gibt", sagt Vargas Koch, die gerade im Fach Mathematik promoviert: "Ich bekomme 1500 Euro im Monat, für mich ist das viel Geld."

Sie nutzt diese Förderung für ihre Promotion, aber auch fürs Training - als Vorbereitung auf die Olympischen Spiele unternahm sie eine Weltreise auf der Suche nach Trainingspartnerinnen. "Es ist doch schön, wenn man überall auf der Welt Freunde hat, auch wenn man bei Wettkämpfen gegen sie antreten muss", sagte sie: "Dann kämpft man eben - und danach versteht man sich wieder." Sie trainierte herausragend und schaffte auch einige gute Ergebnisse, weshalb sie vor dem Turnier selbstbewusst sagte: "Es ist sicher nicht so, dass ich da jetzt locker gegen jede gewinnen werde. Aber ich kann da auf jeden Fall mithalten."

Sie konnte sehr gut mithalten - auch deshalb, weil sie von Beginn an offensiv und selbstbewusst agierte. "Das hat ihr manchmal gefehlt, jetzt kämpft sie wieder so wie bei der Weltmeisterschaft 2013", sagte Verbandspräsident Peter Freese vor dem Halbfinale. Vargas Koch hatte vor drei Jahren mit ihrem offensiven Stil den zweiten Platz bei der WM geschafft, nun besiegte sie ihre ersten beiden Gegnerinnen souverän. Im Halbfinale jedoch unterlag sie der späteren Olympiasiegerin Haruka Tachimoto (Japan).

Der Kampf um Bronze war dann ein spannendes Gefecht, Vargas Koch musste immer wieder die präzisen Angriffe ihrer Gegnerin abwehren. Gegen Ende der regulären Kampfzeit wurde jedoch deutlich, dass sich Vargas Koch auf ihre herausragende Ausdauer würde verlassen können. In der Verlängerung attackierte sie die immer müder werdende Bernabeu konsequent und schaffte letztlich die Waza-Ari-Wertung für die Bronzemedaille.

Vargas Koch gehört zu jenen Athletinnen, die nach dem Gewinn einer Medaille wieder zurückkehren in einen Alltag ohne Applaus und Rampenlicht. So war das früher mal bei Olympia, als Amateure um Ruhm und Ehre kämpften und nicht um Sponsorenverträge - und Vargas Koch hatte bereits vor den Spielen gesagt, dass sie das eigentlich ganz in Ordnung finde. Sie will bei den Spielen 2020 in Tokio noch einmal dabei sein. Dann allerdings als Dr. Laura Vargas Koch.

© SZ vom 11.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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