Olympia:Fechtern "bricht die Basis weg"

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Der US-Fechter Daryl Homer attackiert den Deutschen Max Hartung. (Foto: Jose Mendez/dpa)

Die deutschen Fechter bleiben erstmals seit 36 Jahren bei Olympia ohne Medaille. Sie treten als Amateursportler gegen Profis an.

Von Maik Rosner, Rio de Janeiro

Matyas Szabo perlten die Schweißtropfen von der Stirn, noch immer war seine Aufregung zu spüren, mit der er wenige Minuten zuvor von der Planche gegangen war. Nach dem Viertelfinale war das gewesen, und da der 24 Jahre alte Säbelfechter aus Dormagen dabei gegen den US-Amerikaner Daryl Homer 12:15 verloren hatte, war auch die letzte Chance auf eine Medaille für die deutschen Fechter dahin. "Ich bin nicht richtig ins Gefecht gekommen, das rächt sich hinten raus", sagte Szabo, "es hat leider nicht gereicht."

Das schlechteste Ergebnis des Deutschen Fechter-Bundes (DFeB) seit 1980 stand damit fest. Vor 36 Jahren, als letztmals keine Medaille auf der Planche errungen werden konnte, waren die deutschen Fechter wegen des Olympia-Boykotts in Moskau allerdings gar nicht erst angetreten. Diesmal hatten sie mit gerade einmal vier Athleten ihr kleinstes Team seit 60 Jahren gestellt.

Nachdem der viermalige Einzel-Weltmeister mit dem Florett, Peter Joppich aus Koblenz, bereits am Sonntag frühzeitig ausgeschieden war und am Mittwoch Florettfechterin Carolin Golubytskyi (Tauberbischofsheim) gleich im ersten Gefecht der Polin Hanna Lyczbinska 9:14 unterlag und sich dabei nach einer ersten Diagnose auch noch einen Außenbandriss zuzog, vermochten es die beiden Dormagener Säbelfechter Szabo und Max Hartung nicht mehr, noch für eine Überraschung zu sorgen.

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Die deutschen Fechter haben einen Standortnachteil

Dabei hatte sich die Chance auf eine Medaille unverhofft eröffnet, als der Russe und Weltranglistenerste Alexej Jakimenko sein erstes Gefecht verlor. "Der Weg ist eigentlich frei gewesen, es hätte relativ locker bis ins Halbfinale gehen können", sagte Hartung, "ich habe diese Chance nicht genutzt, das macht mich traurig." Denn eine Runde vor Szabo hatte auch Hartung gegen Homer aus den USA 12:15 verloren.

Zumindest Szabo hatte die Erwartungen aber übertroffen, auch die eigenen. "Ich hätte ehrlich gesagt gar nicht damit gerechnet, so weit zu kommen", sagte er, weshalb er trotz der Enttäuschung über den verpassten Halbfinaleinzug "absolut zufrieden" sei. Er und Hartung als Säbelfechter könnten sich nichts vorwerfen, befand er weiter.

Hartung war mit sich wegen der verpassten Chance weniger zufrieden. Und alles andere als zufriedenstellend gestaltet sich auch die Situation der deutschen Fechter insgesamt. "Wir müssen hart arbeiten", sagte Hartung, "im Säbel haben wir recht gute Karten für 2020, in den anderen Waffen muss viel passieren. Uns bricht die Basis weg."

Um bei den Olympischen Spielen in Tokio in vier Jahren halbwegs wieder in die Spur zu kommen, werden nun strukturelle Änderungen angedacht, teils wurden sie bereits angeschoben. Vor allem der Ruf nach mehr Professionalität wird immer wieder laut. "Das Hauptamt muss gestärkt werden. Es muss sich ändern, dass das Ehrenamt so viel im operativen Bereich leistet", fordert Aktivensprecher Hartung schon länger.

Einen Standortnachteil haben die Deutschen in der Tat. "Wir können infrastrukturell einfach nicht mithalten mit anderen Nationen. Die haben Profifechter, die den ganzen Tag nichts anderes machen. Ich studiere nebenbei und muss versuchen, das Beste aus meinem Leben zu machen, wenn das hier vorbei ist", sagte Szabo. Er hatte sich nun langsam wieder beruhigt nach dem verpassten Halbfinale.

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