Olympia:Der deutsche Sport muss kluge Reformen finden

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Brustschwimmer Marco Koch will in Tokio wieder angreifen. (Foto: dpa)

Das deutsche Olympia-Team wird das gesteckte Medaillenziel wohl nicht erreichen. Um künftig mit der Weltelite mithalten zu können, braucht es eine weniger sozialistische Förderung.

Kommentar von René Hofmann, Rio de Janeiro

Die deutsche Olympia-Mannschaft wird ihr Ziel bei den Sommerspielen in Rio höchstwahrscheinlich verfehlen. Das selbstgesteckte Ziel war, die Medaillenzahl von vor vier Jahren in London zu erreichen. Damals hatte es 44 Plaketten gegeben. Zur Halbzeit, nach acht Wettkampftagen, stand der deutsche Medaillenzähler in Rio bei 16. Es braucht keine höhere Mathematik, um zu erkennen: Das Ziel ist in weite Ferne gerückt.

Lief deshalb vieles falsch? Muss nun alles umgestrickt werden? Wird mit der großen Leistungssport-Reform, die im Herbst endlich enthüllt werden soll, bis zu den Spielen 2020 in Tokio dann alles besser? Die Antworten lauten: wohl nicht, wohl kaum und wahrscheinlich nicht.

Es ist nicht nur so, dass der Leistungssport als solches komplex ist. Eine jede Sportart stellt ganz eigene, komplexe Anforderungen an ihre Athleten. Mit einem Blick auf die Medaillenzahl lässt sich die Bilanz deshalb nicht durchdringen. Von dem, was die deutschen Sportler in Rio bisher gezeigt haben, war einiges überraschend gut (die vielen Medaillen der Schützen zum Beispiel), einiges erwartbar nicht so gut (das Abschneiden der Fechter zum Beispiel) und einiges auch für die Beteiligten selbst überraschend enttäuschend (die Leistungen der Schwimmer zum Beispiel).

Die Sportfunktionäre müssen nun reagieren - und zwar klug

Diese Spannbreite aber ist keineswegs neu. So oder so ähnlich gab es das schon bei vielen Spielen. Was neu ist: Dass immer mehr Nationen aufs Siegertreppchen drängen. In London wurden die Goldmedaillen bis zur Spiele-Halbzeit auf 33 Nationen aufgeteilt, in Rio sind es 43. Bei den Silber- und Bronze-Medaillen zeigt sich ein ähnlicher Trend. Der Run auf die begehrten Stücke wird also "in der Spitze immer breiter", wie Sportfunktionäre gerne sagen.

Auf diesen Trend klug zu reagieren - darum geht es bei der Reform, die im Oktober als erstes dem Sportausschuss des Bundestages präsentiert werden soll; der Bund ist der größte Förderer des olympischen Sports hierzulande. Er sollte vor allem ein Auge auf eines haben: dass es nach der Reform im Sport nicht sozialistischer zugeht als bisher, sondern dass jeder Sportart und letztlich sogar jedem Spitzensport-Anwärter das zukommt, was nötig ist, um in der Weltelite mithalten zu können. Für die nächsten vier Jahre wäre dann schon viel erreicht.

Denn auch in Tokio wird es nicht nur um Medaillen gehen, sondern wieder vor allem um Gefühle. Die Athleten wünschen sich vor allem eines: das Gefühl, dass alles getan wurde, damit sie ihr Optimum erreichen können. Und die Zuschauer lieben das Gefühl, bewegt zu werden. Das können Geschichten schaffen, die mit Gold enden wie der Diskuswurf von Christoph Harting in Rio. Aber auch Geschichten, die mit Gold gar nichts zu tun haben, wie jene des Turners Andreas Toba, der sein Team auch nicht hängen ließ, als sein Kreuzband riss.

© SZ vom 14.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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