Olympia:"Anruch des Gay" - Warum Männer im Synchronschwimmen nicht starten dürfen

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Deutschlands einziger Synchronschwimmer: Niklas Stöpel. (Foto: imago sportfotodienst)

Bei der WM sind Männer zugelassen - bei Olympia verboten. Synchronschwimmer finden das diskriminierend. Russland und andere Länder halten es jedoch für einen "rein weiblichen Sport".

Männer haben bei Olympia keinen Zutritt - zumindest nicht ins Synchronschwimm-Becken. Bei der WM vor einem Jahr feierten die Athleten in dieser oft belächelten Sportart eine gelungene Premiere im Mixed-Duett, doch bei Sommerspielen wird ihnen das Startrecht noch verwehrt.

Das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben, glaubt Generalsekretär Jürgen Fornoff vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV). Die Öffnung sei "einfach nicht mehrheitsfähig", es sei der "Anruch des Gay", der in vielen Verbänden zu einer Verweigerung der Aufnahme führe, sagte Fornoff der Tageszeitung taz: "In der Diskussion wird nicht über Sport gesprochen." Er persönlich sei für die Öffnung, und auf Dauer könnten sich die Verbände und das Internationale Olympische Komitee (IOC) dieser Art der Gleichberechtigung auch nicht verweigern.

Das hoffen beileibe nicht alle: Olympiasiegerin Natalia Ischtschenko nannte Männer als Synchronschwimmer "widernatürlich", ihre Duett-Partnerin Swetlana Romaschina ist ebenfalls "kategorisch gegen Männer in unserer Sportart". Russlands Sportminister Witali Mutko war unglücklich, dass der Mixed-Wettbewerb ausgerechnet in seinem Heimatland die Premiere feierte. "Offensichtlich wurde das von einer Gruppe von Ländern durchgedrückt", hatte Mutko gesagt und betont, er halte Synchronschwimmen für einen "rein weiblichen Sport".

Stoepel: "Ich finde das diskriminierend"

Niklas Stoepel, Deutschlands einziger männlicher Synchronschwimmer, kann diese Haltung nicht nachvollziehen. "Ich finde das diskriminierend", sagt der deutsche Meister im Mixed-Duett.

Das findet auch Bill May. Der 37-Jährige gewann vor einem Jahr in Kasan mit Partnerin Christina Jones das erste WM-Gold im neuen Wettbewerb. "Ich würde es lieben, bei Olympia teilzunehmen. Sobald sie den Wettbewerb öffnen, werde ich da sein", hatte der US-Amerikaner nach seinem WM-Triumph gesagt. "Jetzt, wo die Leute Männer im Synchronschwimmen gesehen haben, werden wir viel positives Feedback bekommen."

Mays Olympiatraum war bereits 2004 zerstört worden. Obwohl sportlich qualifiziert, durfte er auf Geheiß des US-Verbandes nicht bei den Sommerspielen in Athen starten. May ging mit harter Kritik an die Öffentlichkeit, doch es nützte nichts. Entnervt beendete er seine Karriere, um dann nach Aufnahme des Mixed-Duetts bei der WM zurückzukehren - und auf Anhieb Gold zu gewinnen. Warum das IOC keinen Wettbewerb mit gemischten Duetten will, versteht May nicht: "Beim Eiskunstlaufen geht es doch mit Frauen und Männern auch, warum nicht im Synchronschwimmen?"

Zumal es anfangs genau anders herum war: Als Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland die ersten Wettkämpfe im Synchronschwimmen abgehalten wurden, waren nur Männer zugelassen. "Reigenschwimmen" wurde der Vorreiter des seit 1984 olympischen Synchronschwimmens genannt. Erst ab 1907 gestattete man auch den Frauen den "Tanz im Wasser".

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