Nordische Ski-WM:Finnlands Skifans hilft nur noch Humor

06 01 2017 Paul Ausserleitner Schanze Bischofshofen AUT FIS Weltcup Ski Sprung Vierschanzentour

Der 22-jährige Jarkko Määttä verkörpert die neue Generation finnischer Skispringer, wie hier beim Wettkampf in Bischofshofen.

(Foto: Eibner/imago)
  • Das traditionelle Skisportland Finnaldn hat viele Legenden, aber derzeit nur sehr geringe Medaillenchancen.
  • Ausgangspunkt der Krise ist ein Dopingskandal bei der WM 2001.
  • Vor allem das Skisprungteam schwächelt - Altmeister Janne Ahonen springt mit 39 noch immer.

Von Volker Kreisl, Lahti

Toni Nieminen ist eine Legende des Skispringens. Er war der erste Springer, der in den frühen Neunzigern den V-Stil zur Perfektion brachte. Auch sonst war Nieminen ein Pionier, als Erster überflog er die 200-Meter-Marke. In Albertville wurde er Doppel-Olympiasieger, gewann Bronze und am Ende der Saison 1992 den Gesamtweltcup. Bald wurde es aber ruhig um ihn, Nieminen arbeitete als TV-Kommentator, bis er im Januar 2016 plötzlich wieder auf dem Balken saß: Mit ein paar Kilo zu viel kam die Legende bei den finnischen Skisprung-Meisterschaften auf Platz 17.

Es war ein ernsthafter Comeback-Versuch, und weil auch Harri Olli es noch einmal probierte und Janne Ahonen immer noch dabei war, machten Finnlands Skifans, die Sport-Miseren längst mit Humor begegnen, fortan viele Witze über das drohende Skisprung-Heimteam für die WM im Februar 2017. Es gibt ja schon seit Jahren keine aussichtsreichen finnischen Weltcup-Springer mehr - warum also nicht die Oldies Ahonen, 39, Olli, 32, und Nieminen, 41? Ganz so kam es dann nicht, und doch steht der Name Nieminen mit vielen anderen für die bizarre Lage der Veranstalter der nordischen Titelkämpfe, die am Mittwoch in Lahti eröffnet wurden.

Das traditionelle Skisportland hat viele Legenden, aber derzeit nur sehr geringe Medaillenchancen. Im Skispringen und in der nordischen Kombination sind diese gleich null, im Langlauf gibt es zwar wieder Könner wie die aktuelle Tour-de-Ski-Zweite Krista Parmakoski, nur - Hochleistungslanglauf elektrisiert Finnen seit Jahrzehnten nicht mehr ohne Weiteres. Das spiegelt sich auch im Kartenhandel. Mit rund 150 000 abgesetzten Tickets war der Veranstalter gut eine Woche vor dem Start deutlich unter Plan, wobei zudem nicht beziffert wird, wie viele davon bereits verkauft und wie viele nur reserviert sind.

Für den Ausgangspunkt der finnischen Ski-Krise stehen sieben Namen, die des Langlauf-Trainers Kari-Pekka Kyrö und der Athleten Immonen, Isometsä, Kirvesniemi, Jauho, Kuitunen und des 2011 verstorbenen Olympiasiegers Mika Myllylä - der Überführten im Dopingskandal der WM 2001, ebenfalls in Lahti. Es war ein Beben, das den Ski-Langlauf international erstmals infrage stellte. Denn in den Neunzigern war Epo bereits verfügbar, aber noch nicht in Blut oder Urin auffindbar. Den sechs von Lahti war das Maskierungsmittel HES nachgewiesen worden.

16 Jahre später wird die alte Geschichte von den Dopingbefunden und den peinlichen bis absurden WM-Pressekonferenzen - erst noch vor offenen, dann mit schwarz abgehängten Sponsorenwänden - wieder und wieder erzählt. Aber das hat weniger damit zu tun, dass Finnlands Sport aus dem Vorfall nichts gelernt hätte, als mit dessen Nachwirkung für die heutige Athleten-Generation. Denn 2001 ist immer noch spürbar.

Wenige Jahre später kam es zu Brüchen im finnischen Skiverband. Kombinierer und Skispringer wollten sich vom schlecht beleumundeten Langlauf absetzen und gründeten 2009 ihren eigenen Verband Finnjumping. 2012 kam es zwar zur Wiedervereinigung, doch hinter den Kulissen schwelten auf Führungsebene die Konflikte weiter. Der Imageschaden wirkte sich auf die Einnahmen aus, 2002 fehlten geschätzt zwei Millionen Euro im Etat.

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