Der Heilsbringer hatte selbst gewarnt. "Ich bin kein Erlöser", hatte Rafael van der Vaart vor dem Spiel gesagt, "ich kann nicht über Wasser laufen." Es hätte freilich schon genügt, wenn van der Vaarts Kollegen aus der Defensivabteilung halbwegs über Gras hätten laufen können, aber weil ihnen das am Sonntag im Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt nur suboptimal gelungen ist, hat der Hamburger SV auch sein drittes Saisonspiel und das erste mit dem 12,5-Millionen-Sommerschlusseinkauf van der Vaart verloren. Der Frankfurter 3:2 (2:1)-Sieg ließ die Eintracht ihren zweiten Tabellenplatz zurückerobern und stürzte den HSV in die Abstiegszone. "Wie im Alptraum", hatte van der Vaart den Spielbeginn mit schnellem 0:2-Rückstand erlebt. "Man hat heute gesehen, was passiert, wenn man mit Angst spielt."
Gleich das Erste, was van der Vaart knapp viereinhalb Jahre nach seinem Abschied vom HSV vor seinem Bundesliga-Comeback am Sonntagabend zu hören bekam, war ein Pfeifkonzert der Frankfurter Fans. Durstige Eintracht-Anhänger trinken seit Saisonbeginn gern den "Erstliga-Schoppe" aus der Äppelwoi-Halbliterdose und bekamen einen ersten Torschuss des Niederländers nach exakt 2:25 Minuten zu sehen, mit dem Torwart Kevin Trapp aber keine Mühe hatte. Van der Vaart erlebte in seinem 75. Bundesligaspiel exakt zehn Minuten später eine frühe Enttäuschung, als Frankfurts Linksaußen Takashi Inui von halblinks unbehindert durch die Hamburger Abwehrkette dribbeln und den Ball zur 1:0-Führung (13.) ins lange Eck schießen durfte.
Die düpierte Hamburger Defensive fand aber auch danach zunächst nicht zur Form, denn gerade mal fünf Minuten später gewährten sie im Fünfmeter-Raum Frankfurts neuem Stürmer Olivier Occean derart viel Privatsphäre, dass dieser aus einem Gewusel heraus schon in der 18. Minute leichtfertig auf 2:0 erhöhen durfte. Van der Vaart war durchaus viel unterwegs gewesen, hatte die Bälle angezogen und sie verteilt. Er übernahm Verantwortung und die Distanzschüsse. Was er nicht übernahm, war für die überforderten Heiko Westermann und Michael Mancienne auch noch die Innenverteidigung.
Um die Hälfte dieses Problems kümmerte sich zwangsweise frühzeitig der Trainer Thorsten Fink, der nach 33 Minuten Denis Diekmeier für Mancienne einwechselte. Westermann beließ er klugweise auf dem Feld, denn der frühere Nationalspieler erzielte kurz vor dem Pausenpfiff den 1:2-Anschlusstreffer. Es war nach 225 Spielminuten in dieser Bundesliga-Saison das erste Tor für den HSV, aber die daraus keimende Hoffnung trat Hamburgs zweitwichtigster Zugang Petr Jiracek mit Füßen, als er in der Nachspielzeit der ersten Hälfte Bamba Anderson mit gestrecktem Bein zu Boden stieß und dafür die rote Karte sah.
Mit einem Spieler weniger und einem wegen Verbalvergehen auf die Tribüne verbannten Trainer Fink mussten die Hamburger mithin die zweite Halbzeit bestreiten, was ihrem Spiel aber weder gut noch schlecht tat. Die HSV-Defensive spielte gegen fidele Frankfurter ihren schnöden Stil herunter und sah Stefan Aigner das 3:1 erzielen (52.). Auch van der Vaart war nun um Defensivstabilität bemüht. Trotzdem setzte er Akzente nach vorne. Heung-Min Son nutzte eine Hamburger Konterchance zum 2:3-Anschlusstreffer, um die Partie doch wieder zu öffnen. In der 73. Minute vergab Diekmeier frei vor dem Frankfurter Tor. Um ein Haar hätte er den Heilsbringer doch noch mit einem blauen Auge davonkommen lassen. Doch Frankfurts blendender Torwart Trapp hielt den Sieg fest und ließ van der Vaart mit der Erkenntnis zurück: "Wir haben noch einen weiten Weg zu gehen."
FC Bayern in der Einzelkritik:Klone, perfekte Schwiegersöhne und Schweiß-Verweigerer
Mario Mandzukic agiert wie Mario Gomez - nur noch kälter. Thomas Müller und Xherdan Shaqiri sorgen dafür, dass kaum jemand Arjen Robben und Franck Ribéry vermisst. Und Toni Kroos erreicht sein Ziel, sein Trikot nicht durch Schweißflecken zu verunreinigen. Die Spieler des FC Bayern beim 3:1 gegen Mainz in der Einzelkritik.
Fußball-Bundesligist 1899 Hoffenheim rutscht auch durch einige Patzer von Torhüter Tim Wiese immer tiefer in die Krise - die Luft für Trainer Markus Babbel wird nach der vierten Pflichtspielniederlage in dieser Saison (drei in der Bundesliga, eine im Pokal) immer dünner. Die mit großen Zielen in die Saison gestarteten Kraichgauer unterlagen beim SC Freiburg in einer torreichen und turbulenten Begegnung mit 3:5 (1:2) und bleiben nach der saisonübergreifend siebten Schlappe ohne Punkt auf dem letzten Platz.
Der Nationaltorhüter Wiese leistete sich zunächst beim dritten Gegentreffer durch Fallou Diagne (68.) einen schweren Fehler, als er einen Eckball unterlief. Beim vorentscheidenden 3:4 durch Cedric Makiadi sah der Schlussmann erneut nicht gut aus (84.). Bei einer Hereingabe verschätzte sich Wiese abermals, Makiadi traf aus kurzer Distanz ins Netz.
Dabei sah es im badischen Derby vor 22.800 Zuschauern erst nach der von Hoffenheim heraufbeschworenen Wiedergutmachung aus. Matthieu Delpierre sorgte für einen Blitzstart (2.), der den Gästen aber keine Sicherheit gab. Die Gastgeber ließen sich vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw nicht beeindrucken und drehten das Spiel durch Karim Guede (9.) und Max Kruse (27.) völlig verdient noch vor der Pause. Nach dem Ausgleich durch den zur Pause eingewechselten Boris Vukcevic (57.) nutzte Innenverteidiger Diagne Wieses Aussetzer zu seinem ersten Saisontreffer. Der vom FC Bayern nach Hoffenheim abgegebene Japaner Takashi Usami (76.) glich für die Gäste zwar aus, doch Makiadi und Sebastian Freis (87.) sorgten mit ihren Treffern in der Schlussphase für den ersten Saisonerfolg der Freiburger.
Hoffenheim offenbarte erneut viele Unkonzentriertheiten und Abstimmungsschwächen. Babbel hatte mit drei Wechseln versucht, für die Wende nach dem 0:4-Debakel gegen Frankfurt zu sorgen - die Maßnahmen verpufften wirkungslos. Hoffenheim hat nun schon elf Gegentreffer in drei Bundesligaspielen kassiert.
Freiburg hingegen bleibt unter Trainer Christian Streich nach zehn Spielen im heimischen Stadion weiter ungeschlagen und befreite sich aus der unteren Tabellenhälfte. Streichs Mannschaft spielte mutig nach vorne und versuchte immer wieder, über die Flügel Wiese im Hoffenheimer Tor in Bedrängnis zu bringen.
Guede belohnte beim 1:1 die Offensivbemühungen der Hausherren per Abstauber nach einer Hereingabe des herausragenden Kruse. Zehn Minuten später sorgte dieser selbst per Kopf für die Führung. Fünf Minuten vor dem Halbzeitpfiff von Schiedsrichter Felix Zwayer konnte sich Babbel zudem bei Wiese bedanken, der mit einer Glanztat den Schuss von Guede entschärfte.
Die Leidenschaft und der Kampfgeist der Freiburger setzten sich in der turbulenten zweiten Halbzeit durch. Und damit hat Trainer Babbel seit seinem Amtsantritt in Hoffenheim am 10. Februar nur vier Siege geschafft. Mäzen Dietmar Hopp hatte noch vor dem Spiel festgestellt: "Wir haben volles Vertrauen in Markus Babbel."
(Zweite Seite mit Material von dpa und sid)