NHL:Die "Trottel" tanzen Limbo

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Die Carolina Hurricanes haben nach neun Jahren mal wieder die Chance, in die NHL-Playoffs einzuziehen. Doch nicht die guten Leistungen, sondern ihre Showeinlagen nach den Heimsiegen sorgen in Amerika für Aufregung.

Von Sina Götz

In einer Reihe standen die Eishockeyspieler der Carolina Hurricanes nach ihrem 3:0 gegen die Dallas Stars auf dem Eis und warteten darauf, dem Publikum ihre nächste Idee zu präsentieren. Dann tanzten sie Limbo. Die beiden Verteidiger Brett Pesce und Jaccob Slavin hielten einen Eishockeyschläger als Stange bereit. Nach und nach schlängelten sich die Spieler in voller Eishockeymontur mit Schlägern, Handschuhen und Helmen darunter hindurch.

Die Hurricanes haben sich in dieser Saison etwas Besonderes für ihre Fans ausgedacht. Nach jedem Sieg vor heimischem Publikum führt die Mannschaft eine Showeinlage auf. Die Spieler riefen das isländische Huh, ließen sich als lebende Pins umkegeln, fungierten als Dominosteine, ahmten einen Baseballspielzug mit Puck und Eishockeyschläger nach und skateten mit dem Schläger zwischen den Beinen als Hexen über das Eis. Dafür werden sie von den Fans im Stadion und in den sozialen Netzwerken gefeiert. Und sie werden beschimpft.

"Es gehört nicht in unsere Liga"

Der schrille Eishockey-Experte Donald "Don" Cherry bezeichnete die Spieler im kanadischen Fernsehen unlängst als "einen Haufen Trottel". Er findet, dass sie sich über die anderen Teams lustig machen. Cherry ist ein ehemaliger kanadischer Eishockeyspieler und -trainer. In amerikanischen Medien wird seine Aussage jedoch nicht wirklich ernst genommen: Die Washington Post fragte, ob Cherry seinen Humor verloren habe. Cherry sagt aber weiterhin: "Sie sollten das besser nicht in den Playoffs machen." Und auch Brain Burke, früherer Profi und Manager, motzte in seiner Position als Eishockeyexperte beim Fernsehsender Sportnet gegen die Canes: "Ich finde nicht, dass es professionell ist. Es gehört nicht in unsere Liga."

Fotogen von oben, unterhaltsam nach dem Sieg: Die Eishockeyspieler der Carolina Hurricanes lassen sich für ihre Fans gerne besondere Show-Einlagen einfallen. (Foto: James Guillory/USA TODAY Sports/Reuters)

Wie der Klub reagierte? Mit Humor. Und mit Geschäftstüchtigkeit. Bereits am nächsten Tag gab es T-Shirts mit dem Aufdruck "Ein Haufen Trottel" im Fanshop zu kaufen. Auch das Social-Media-Team erkannte die Chance sofort. Sie nannten den Klub auf Twitter postwendend: "Der Haufen Trottel mit den witzigen Feiern". Trainer Rod Brind'Amour sagte der Zeitung The News & Observer: "Es bereitet den Zuschauern Freude." Es gehe schließlich darum, den Fans zu danken. Die anderen Mannschaften seien bei den Showeinlagen ja schon längst vom Eis. Und auch Kapitän Justin Williams sieht in den Feierlichkeiten kein Problem. "Es ist nur ein Jubel nach dem Spiel", sagte er bei ESPN.

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Die ausgelassenen Siegesfeiern haben allerdings auch einen strategischen Hintergrund. "Hier gab es zuletzt nicht viel Erfolg und wir versuchen den Menschen zu zeigen, dass wir für etwas anderes stehen", sagte Williams. "Wir versuchen den Carolina Hurricanes ein neues Image zu verpassen, sie relevant zu machen." Angefangen haben die Canes damit bereits im Oktober. Die Idee entstand zusammen mit dem Management.

Carolina liegt nur auf Rang 28 der Zuschauertabelle

Lange gab es für Eishockey-Fans in Raleigh im US-Bundesstaat North Carolina wenig zu feiern: In den vergangenen neun Saisons schaffte es das Team kein einziges Mal in die Playoffs. Carolina liegt nur auf Platz 28 der Zuschauerrangliste der NHL, rund 13 930 Fans verfolgen die Heimspiele durchschnittlich, nur die New York Islanders, die Florida Panthers und die Arizona Coyotes locken im Durchschnitt weniger Zuschauer in ihre Arenen. "Falls die Leute überlegen, fünf Minuten vor Spielbeginn zu gehen - vielleicht hält sie ja die Showeinlage davon ab", sagt Williams.

Und vielleicht hält sie in Zukunft ja auch gutes Eishockey davon ab. Im ersten Jahr unter Rookie-Trainer Rod Brind'Amour spielt das Team eine überraschend gute Saison. Ein Wildcard-Platz in der Eastern Conference scheint in diesem Jahr für den Stanley-Cup-Sieger von 2006 möglich zu sein. Ob es dafür reicht, entscheidet sich in den nächsten Wochen. Dass die Spieler im Erfolgsfall auf ihre Showeinlagen verzichten, kann sich ihr Trainer nicht vorstellen.

© SZ vom 24.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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