Neue Regeln:Golf soll schneller werden

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Schnell raua aus dem Bunker: Peter Uihlein bei den Tshwane Open in Pretoria. (Foto: Getty Images)

Um die Traditionssportart zu beschleunigen, soll das Regelwerk von 1744 vereinfacht werden. Überlebenswichtig, sagen die Befürworter - doch es regt sich Widerstand.

Von Frieder Pfeiffer, München

Wer in der schottischen Universitätsstadt St. Andrews von der North Street in jene Gasse mit Namen Golf Place abbiegt, der kommt nach Hause. Nach wenigen Metern erstreckt sich links der Old Course, der berühmteste öffentliche Golfkurs der Welt, rechts thront zwischen Stadt und Nordsee ein mächtiges viktorianisches Klubhaus und trotzt den Stürmen. Stürmen, die vom Meer kommen. Aber auch Stürmen, die ausgehend vom 1754 gegründeten Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews - des sogenannten "Home of Golf" - immer mal diesen Sport erschüttern ließen.

Zwischen riesigen Porträts in Öl und massivem Mobiliar aus dunklem Holz ist vieles zu Hause, was den Golfsport durch die Jahrhunderte getragen hat. Dort hat die Golf-Organisation R&A ihren Ursprung, die mit den Kollegen der US Golf Association (USGA) die Regeln bestimmt, nach denen weltweit gespielt wird. Immer mal wieder schauen die Mitglieder, was angepasst, was modernisiert werden könnte. Bislang war das ein gemächlicher Prozess, ein Regelwerk zu renovieren, das 1744 aufgesetzt wurde. In St. Andrews sind sie stolz darauf, dass die alten Paragrafen des Gentlemen-Sports immer noch den Charakter eines Spiels bestimmen, das im Normalfall ohne Schiedsrichter auskommt und auf die Fairness der Sportler baut. Veränderung ist kein Markenzeichen an einem solchen Ort, an dem in Öl gemalte Golfer mit Bärten aus dem 19. Jahrhundert auf Möbel aus dem frühen 20. Jahrhundert hinabblicken. Doch nun passiert offenbar etwas, was die konservative Branche eine Revolution nennt.

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Vorige Woche haben die Regelhüter ihre geplanten Änderungen am Regelwerk vorgestellt - der Text soll von 34 auf 24 Regeln zusammengestrichen werden. Die R&A spricht von einer "Vereinfachung. Es ist wichtig, dass sich die Regeln entwickeln und mit der Zeit gehen". Der Deutsche Golf Verband nennt die Reform ein "klares Signal", das das Spiel schneller und Regeln verständlicher mache.

"Großartige Arbeit zum Wohl der Sportart"

So bezieht sich der Großteil der Änderungen auf die Dauer des Spiels, die sich vor allem bei Amateuren gerne derart ausdehnt, dass das Tageslicht im Winter für eine Runde kaum noch reicht. Ein paar Beispiele aus dem neuen Programm: Verlorene Bälle dürfen künftig nur noch drei statt fünf Minuten gesucht werden, jeder Schlag samt Vorbereitung muss in 40 Sekunden ausgeführt sein. Und eine alternative Form des Zählspiels soll ein maximales Ergebnis an einem Loch festlegen.

Die Reaktionen sind weitgehend positiv. "Großartige Arbeit zum Wohl der Sportart", ließ Tiger Woods via Twitter wissen. Gary Player, neunmaliger Major-Sieger, ergänzte: "Der Wandel ist der Preis des Überlebens." Für den 81 Jahre alten Südafrikaner sind es "hilfreiche Schritte für eine Modernisierung des Spiels in einer schnelllebigen Zeit".

Mit dieser Zeit bekam der Golfsport immer mehr Probleme. In den USA verhinderte zuletzt nur das milde Wetter einen weiteren Rückgang der gespielten Runden; zwischen 2005 und 2015 sank die Zahl der aktiven Golfer dort von 30 auf 25 Millionen. Im golfverrückten England gab zwischen 2004 und 2015 gar ein Drittel die Mitgliedschaft in einem Golfklub auf. Und in Deutschland gehen die Zahlen nur deshalb nicht zurück, weil die geburtenstarken Jahrgänge mit der wichtigsten Zielgruppe (über 50) zusammenfallen, die Zeit für stundenlange Golfrunden opfern kann. Bedarf für ein schnelleres, einfacheres Spiel war also da. Die Lösung haben die Regelhüter seit 2012 erarbeitet, bis Anfang 2018 sollen die neuen Regeln endgültig formuliert sein und am 1. Januar 2019 dann in Kraft treten.

Manchen gehen die Änderungen nicht weit genug

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Bei allem Lob gibt es aber auch Kritik. Manchem gehen die Änderungen nicht weit genug. Gegenwind kommt auch von Profis, die sich am allgemeingültigen Regelwerk für alle Golfer stören. "Wir sollten unser eigenes Regelbuch haben", findet der Kanadier Graham DeLaet. "Fakt ist doch, dass da ein Altherrenklub (die USGA, d. Red.) in New Jersey sitzt, der nie einen Schlag auf der Tour gemacht hat und Entscheidungen trifft, die unsere Familien beeinflussen." DeLaet geht es vor allem darum, Sanktionen bei kleineren Vergehen zu eliminieren, wie das Berühren des Untergrunds in Hindernissen - eine Verneigung vor dem Amateursport. Für DeLaet eine Einladung zur freien Interpretation. Die Regelhüter von St. Andrews und New Jersey sind dabei, einen kleinen Schritt zu gehen. Stürmen wird es weiter.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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