Nations League:Eine Liga mit vier Ligen

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Erst Gruppenphase, dann ein "Final Four", anschließend EM-Playoffs: Die neue UEFA Nations League für Nationalteams ist - freundlich ausgedrückt - eine komplizierte Sache.

Von David Ryborz

Der Terminkalender der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wird in den nächsten Jahren durch ein neues Format verändert: die "Uefa Nations League". Bisher war es so: Zwischen Großturnieren spielte die DFB-Elf in der WM- oder EM-Qualifikation, dazu kamen Freundschaftsspiele. Im Herbst 2018, nach der WM in Russland, wird die Nations League eingeführt, deren Modus viele Fragen aufwirft - die SZ beantwortet die wichtigsten:

Was ist die Uefa Nations League?

Grob gesagt: Ein neuer Wettbewerb, der Testspiele der Nationalmannschaften weitgehend ersetzen soll. Der sportliche Anreiz dabei: Es werden in dieser neuen "Liga" auch vier Startplätze für die Europameisterschaft 2020 ausgespielt.

Insgesamt qualifizieren sich 24 Teams für die EM, die 2020 erstmals multinational in 13 Ländern ausgetragen wird. Für die Gastgeber gibt es keine festen Plätze. Um die restlichen 20 Startplätze kämpfen die Nationalteams wie bisher in zehn EM-Qualifikationsgruppen - allerdings in einer wesentlich kürzeren Zeitspanne als bisher: Die EM-Qualifikation dauert nur noch von März bis November 2019.

Wie ist der Modus der Nations League?

Sie wird im Zweijahres-Rhythmus ausgetragen und soll daher künftig auch Auswirkungen auf die WM-Qualifikation haben - die aber noch unklar sind. Die 55 europäischen Nationalteams wurden in der neuen Nations League gemäß ihres Uefa-Koeffizienten in vier hierarchisch geordnete Ligen (A bis D) unterteilt. Jede dieser Ligen besteht wiederum aus vier Gruppen, in denen drei oder vier Teams gegeneinanderspielen. In Liga A und B spielen zwölf Teams, in Liga C sind es 15, in Liga D 16. Es gibt immer ein Hin- und ein Rückspiel.

Schwarz-Rot-Gold in Liga A: Die deutschen Nationalkicker müssen sich ab Herbst 2018 an ein neues Länderspiel-Format gewöhnen. Foto: Uli Deck / dpa (Foto: Uli Deck/dpa)

Was bedeutet das fürs deutsche Team?

Weltmeister Deutschland befindet sich in Liga A, also in der Liga der zwölf bestplatzierten Nationen. Ebenfalls in dieser Liga spielen: Europameister Portugal, Belgien, Spanien, Frankreich, England, Schweiz, Italien, Polen, Island, Kroatien und die Niederlande. Am 24. Januar 2018 werden in Lausanne die einzelnen Gruppen, also auch die Dreier-Gruppen für Liga A ausgelost.

Wer wird Nations-League-Sieger?

Die vier Gruppensieger aus Liga A ermitteln den ersten Nations-League-Sieger. Sie spielen vom 5. bis 9. Juni 2019 in einem Final-Four-Turnier gegeneinander - zunächst im Halbfinale, dann im Spiel um Platz drei oder dem Finale. Das Finalturnier findet in einem der vier teilnehmenden Länder statt, der Gastgeber wird nach der Gruppenphase bestimmt.

Gibt es auch Auf- und Absteiger?

Ja. Die Letzten der einzelnen Gruppen in den Ligen A, B und C steigen ab. Die Ersten der Gruppen in den Ligen B, C und D steigen auf. Die Zweitplatzierten der jeweiligen Gruppen bleiben in ihrer Liga.

Welche Fragen sind noch offen?

Zum Beispiel: Wie genau werden die Gruppen gelost? Präzises soll dazu bei der Sitzung des Uefa-Exekutivkomitees am 7. Dezember festgelegt werden. Was feststeht: In der Gruppenphase, die sehr kurzfristig von September bis November 2018 ausgetragen wird, werden insgesamt vier oder sechs Begegnungen ausgetragen - Hin- und Rückspiel gegen zwei oder drei Gegner, je nach Gruppengröße.

Und wer fährt zur EM?

Die reguläre EM-Qualifikation beginnt erst nach Abschluss der Nations-League-Gruppenphase. Dort werden in zehn Gruppen 20 Tickets für die EM 2020 vergeben (alle Gruppenersten und -zweiten).

Die vier verbleibenden EM-Plätze werden in Playoffs im März 2020 ausgespielt - und hier kommt wieder die neue Nations League ins Spiel. Denn aus jeder der vier Ligen A bis D dürfen jeweils die vier besten Teams an den EM-Playoffs teilnehmen, die sich nicht auf dem regulären Qualifikationsweg für das Turnier 2020 qualifiziert haben. Heißt: Eigentlich spielen die vier Gruppensieger jeder Nations-League-Liga in einem Halbfinale und Finale um jeweils ein EM-Ticket - aber etliche dieser Teams dürften sich schon in der EM-Qualifikation durchgesetzt haben.

In diesem Fall rückt für die Playoffs der jeweilige Gruppenzweite nach. Sind in einer Liga bereits so viele Teams für die EM qualifiziert, dass weniger als vier Teilnehmer für die Playoffs zusammenkämen, rückt eine Mannschaft aus einer unteren Liga nach. Falls Liga A also nur drei Playoff-Teilnehmer hat, füllt ein Team aus Liga B den Platz auf. Durch den Modus ist garantiert, dass sich auch ein Team aus der schwächsten Nations-League-Liga D über die Playoffs für die EM 2020 qualifiziert.

Finden die Nations League alle gut?

Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff kritisierte das vom früheren Uefa-Präsidenten Michel Platini initiierte Szenario: "Man hat das Gefühl, die Uefa muss noch mal Geld erwirtschaften und macht deshalb den Wettbewerb", sagte Bierhoff der FAZ. DFB-Präsident Reinhard Grindel unterstützt das neue Format: "Es macht Sinn, Freundschaftsspiele durch einen Wettbewerb zu ersetzen, der den Konkurrenzgedanken und das Gefühl stärkt, dass es um etwas geht."

© SZ vom 18.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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