Münchner ATP-Tennisturnier:Schnitzel in der heilen Welt

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"Der Verein sprüht vor Vorfreude": Die Tennisfans in München dürfen sich unter anderem auf Alexander Zverev freuen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

2022 kehrt das Leben bei den BMW Open zurück: Zuschauer sind erlaubt, es gibt wieder ein Rahmenprogramm, und gleich zwei Top-Ten-Spieler konnten verpflichtet werden - Alexander Zverev und Casper Ruud kommen nach München.

Von Gerald Kleffmann

Fabian Tross kam schnell auf den Punkt und sagte gleich: "Die absolut beste und wichtigste Neuigkeit für dieses Jahr ist: Wir dürfen mit Zuschauern spielen." Der Geschäftsführer der Iphitos-Sportveranstaltungs-GmbH und stellvertretende Vorsitzende des Tennistraditionsklubs am Aumeisterweg sei natürlich im Austausch mit den Behörden. Und die hätten ihm signalisiert: "Volles Haus sollte funktionieren." Alle Planungen liefen somit "auf Hochtouren". Tross gehe gar davon aus, dass "alles wie vor drei Jahren" werde.

Falls sich niemand mehr genau an diese Zeit vor der Pandemie erinnert, sei gesagt: Das war ziemlich schön damals. Die Münchner Tennisliebhaber flanierten entspannt vor dem schmucken Klubhaus des MTTC Iphitos, man nickte sich zu, ratschte mal hier und da, ansonsten verfolgte man Profitennis. Dann aber kam Corona. Und statt "a bisserl was geht immer" hieß es: nichts geht. 2020 fiel die Veranstaltung aus. Im vergangenen Jahr konnte zwar gespielt werden, aber eben nur ohne Besucher. Das Turnier wurde professionell durchgezogen, der Georgier Nikolos Bassilaschwili siegte und bekam den Schlüssel für ein Gefährt mit vier Reifen, so ist das ja immer. Aber trist war es schon irgendwie. Ohne Zuschauer gab es auch kein Rahmenprogramm, keine Sponsorenstände, keine Essenszone. "Der Verein sprüht nun vor Vorfreude", sagte daher Tross am Dienstag bei einer Video-Pressekonferenz sehr nachvollziehbar.

Das Leben kehrt 2022 also bei den BMW Open regelrecht zurück, es soll wieder ein Pro-Am-Turnier geben, eine Players Night, die Bild-Zeitung führt am Turnier-Donnerstag ihre obligatorische Party im Vip-Zelt durch. Darüber hinaus, auch das Business ist natürlich wichtig, wurde ein neuer sogenannter Presenting Sponsor des Turniers verkündet, ein anderer Sponsor verlängerte sein Engagement. Das alles sind gute Nachrichten. "Aber am Wichtigsten ist natürlich das Turnier", sagte Tross und übergab Patrik Kühnen das Wort. Der 56-Jährige ist wie immer der Turnierdirektor, und wie immer verkündete er eine Nachricht, die sich unspektakulär anhörte, aber eigentlich eine besondere ist.

Turnierdirektor Patrik Kühnen hebt die langjährige Beziehung zur Familie Zverev hervor

Alexander Zverev wird abermals in München antreten, wie in den Jahren zuvor. Er müsste das wahrlich nicht, er ist die Nummer drei der Weltrangliste, gewann, wie Kühnen erwähnte, im vergangenen Jahr Gold bei den Olympischen Spielen und die ATP Finals. Dass der nun 24-Jährige trotzdem erneut nach Bayern kommt, ist für Kühnen "auch Ausdruck einer sehr, sehr guten Beziehung, die wir seit vielen Jahren zur Familie Zverev haben".

Da passte es ins Bild, dass in Casper Ruud sogar noch ein zweiter Vertreter aus den Top Ten zusagte, der ebenfalls eine immer engere Bande zu München pflegt. Der Norweger, in der Weltrangliste auf Platz acht geführt, ließ sich per Video aus Oslo zuschalten, sein Team spielt am Wochenende gegen Kasachstan im Davis Cup, und so betonte er, wie sehr er sich auf "Schnitzel und Apfelschorle" Ende April freue. Man kann solche Sätze belächeln, aber sie bringen zum Ausdruck, wofür die BMW Open stets standen und stehen. Auch wenn das abgedroschen klingt - hier herrscht Heile-Welt-Atmosphäre, die die um die Erde reisenden Spieler zu schätzen wissen. Dann kommen auch Top-Ten-Profis. Sogar Andy Murray schaute schon vorbei.

Gerade Zverev hat diesen Ort schätzen gelernt, hier konnte er sich schon manches Mal innerlich sortieren und Trost finden, etwa 2019, als sich er und seine damalige Freundin getrennt hatten und sein Vater aufgrund gesundheitlicher Probleme zunächst fehlte. 2014 hatte Kühnen dem damals 17-jährigen Zverev mit einer Wildcard erstmals Zutritt zum Hauptfeld gewährt, so lange läuft das Verhältnis schon. Damals verlor Zverev klar gegen den Österreicher Jürgen Meltzer. Gejubelt hat er in München aber auch, 2017 und 2018 errang er jeweils den Titel, "für ihn ist unser Turnier ein ganz wichtiger Meilenstein in seiner Sandplatzsaison", sagte Kühnen. Und vielleicht ist es in diesem Jahr noch ein bisschen wichtiger. Zverev hat auch ein bisschen etwas gutzumachen bei manchem Fan.

Beim Turnier in Acapulco jüngst war er ausgerastet und hatte mit dem Schläger wüst den Schiedsrichterstuhl attackiert und den Schiedsrichter beschimpft. Eine Disqualifikation fürs Turnier folgte, noch ist unklar, ob er auch gesperrt wird. "Er hat sich selbst damit sehr, sehr geschadet", sagte Kühnen, verwies aber auch darauf, dass sich Zverev allseits entschuldigt habe, und begrüßte es, dass Deutschlands bester Spieler am kommenden Wochenende nun doch das deutsche Davis-Cup-Team verstärkt, beim Duell in Rio mit Brasilien. Es ist eine Entscheidung, die wohl richtig ist. Denn bei aller Kritik, die Zverev stets am neuen Davis-Cup-Format geäußert hatte, so war die DTB-Auswahl auch immer eine Gruppe, in der er Kraft fand. Auf manche Wohlfühlorte kann er sich eben verlassen. Auch München wird ihn 2022 sicherlich mit offenen Armen empfangen.

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