Motorradsport:Der Außerirdische ist gelandet

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Ein Bild, das es lange nicht mehr gegeben hatte: Marc Márquez, ganz oben auf dem Podium. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Der Spanier Marc Márquez gewinnt zum ersten Mal nach seiner langen Leidenszeit wieder ein Rennen in der MotoGP. Seine Liebe zum Sachsenring wird erwidert.

Von Thomas Gröbner, Hohenstein-Ernstthal/München

Marc Márquez war einer, der sogar seinem eigenen Schatten davonfahren konnte, so schien es lange zu sein. Einer, der schneller am Gashebel zog und später bremste als alle anderen, einer, der nicht von dieser Welt war, ein " Extraterrestre", ein Außerirdischer . Bis den Spanier ein Sturz aus der Bahn warf vor einem Jahr, als er sein Motorrad über jene Grenzen trieb, die selbst für ihn gelten.

Ärzte schraubten ihm eine Titanplatte in den rechten Oberarm, immer wieder zögerten Operationen und eine Infektion seine Rückkehr hinaus. Und als er wieder auf seiner Honda saß, da zuckelte er seinem eigenen Schatten hinterher, der immer größer zu werden schien. Bis zu diesem Sonntag: "Ich hab mir gesagt: Heute ist der Tag der Tage."

Wo sonst hätte Márquez wieder jener Mann werden können, der er vor seinem Sturz war, wenn nicht hier, an der grünen Schleife in Hohenstein-Ernstthal? "Sachsenking", der "König des Rings", solche Girlanden wurden dem Spanier geflochten, er hatte sie ja auch verdient. Eine Dekade lang war er hier nicht zu schlagen gewesen. Am Sonntag kam der elfte Sieg im elften Rennen dazu.

Mit einem Blitzstart flog der Spanier nach vorne, und als dann Regentropfen vom Himmel fielen, da ahnte Márquez: Das könnte sein Rennen werden! Denn die Logik des Ausnahmefahrers geht so: Wenn es gefährlich wird, treibt Márquez das Risiko auf die Spitze. Als alle langsamer wurden, schnitt Márquez durch die Kurven und flog auf marodierten Reifen ins Ziel. Waren es Tropfen oder Tränen, die der Spanier dort wegwischte? Er, der seine Gedanken gerne hinter dem Visier eines abgebrühten Rennfahrers verbirgt, sagte danach: "Alles, was ich durchgemacht habe, ist dann hochgekommen."

Wie tief die Zweifel saßen, lässt sich an den Worten von Stefan Bradl ablesen. "Er war kurz davor, sich Gedanken zu machen, ob das noch funktioniert", sagte Testfahrer Stefan Bradl bei ServusTV, "ob er seinen Vertrag bei Honda noch erfüllen kann." Bradl hatte den Spanier eine ganze Saison vertreten und für ihn das Motorrad weiterentwickelt. Er sagt: Dieser Sieg "bedeutet so viel wie ein Weltmeistertitel".

Normal kommen 200 000 Fans. Diesmal: Leere

Es passt nicht ganz zur Geschichte, dass in dem Moment, als der Außerirdische zurückkehrte, keiner da war. Während in München bei der Fußball-EM 14 000 Zuschauer ins Stadion durften, blieben die Hänge beim Sachsenring verwaist. 200 000 pilgern sonst am Rennwochenende an die Strecke, diesmal: Leere. Um Abstand zu garantieren, hätten die Veranstalter Tribünen aufbauen müssen, dafür hätten sie zwei Monate Vorlauf benötigt - ohne zu wissen, wie sich die Pandemie weiter entwickelt.

Und so fingen nur die Kameras ein, wie Márquez mit einem Knall zurückkehrte und Altmeister Valentino Rossi Deutschland leise verließ, mit Platz 14. "Il Dottore", inzwischen 42 Jahre alt, nimmt wohl im Sommer Abschied aus der MotoGP und wird wohl nicht zurückkehren.

Zumindest die Zukunft des Standorts ist inzwischen gesichert. Immer wieder drohte der Sachsenring in der Vergangenheit aus dem Rennkalender zu fliegen. Inzwischen hat der ADAC mit dem Rechteinhaber Dorna einen Deal bis 2026 ausgehandelt. Der Außerirdische wird zurückkehren.

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