Erstmals seit 1993 kommt der Motorrad-Weltmeister wieder aus Deutschland: Stefan Bradl aus Zahling gewann den Titel in der Moto-2-Klasse vorzeitig. Weil sein ärgster Konkurrent Marc Marquez aus Spanien beim Großen Preis von Valencia wegen der Folgen eines Trainingsunfalls nicht antrat, war Bradl schon vor dem Rennen Weltmeister. Der Grand Prix am Sonntag lief dann unglücklich für Bradl: Er flog in der vierten Runde ins Kiesbett und schied aus. "Der Sturz ist einfach passiert. Ich bin Gott sei Dank gesund", sagte Bradl.
In der Familie Bradl sind Motorsport-Erfolge nichts Neues, Vater Helmut (rechts) hatte es 1991 auf den zweiten Platz in der WM-Wertung geschafft. "Ich wollte immer einen Platz besser sein als mein Papa. Das habe ich jetzt in derselben Klasse geschafft", sagte Stefan Bradl (links), nachdem die Entscheidung gefallen war.
Während in der Formel 1 in Michael Schumacher und neuerdings Sebastian Vettel deutsche Fahrer dominierten, war die Motorrad-WM bislang eine Domäne anderer Nationen. 1993 fuhr Dirk Raudies in der 125-Kubikzentimeter-Klasse zur Weltmeisterschaft - der nächste Titel ließ lange auf sich warten. "Es wurde höchste Zeit, dass unser Land wieder einen Weltmeister stellt", sagte Raudies, der Bradl (im Bild) gratulierte: "Er fährt konstant und macht wenig Fehler. Stefan hat einen Granaten-Willen, ist fleißig, besitzt Durchsetzungsvermögen und ein homogenes Team."
Nachdem die Kunde von Marquez' Startverzicht am Samstag zu dem Deutschen durchgedrungen war, hatte Bradl seinen ärgsten Konkurrenten umarmt. "Es tut mir leid für Marc", sagte der Zahlinger, der in der Gesamtwertung 23 Punkte vor dem Spanier liegt. Marquez (links) war vor zwei Wochen im freien Training in Malaysia schwer gestürzt. Er klagte über Gleichgewichts- und Sehstörungen. Sein Team hatte nach tagelangem Rätselraten schließlich am Samstag den Verzicht auf das Qualifying erklärt. Dadurch war Marquez automatisch nicht für das Rennen startberechtigt - und Bradl Weltmeister.
Zur Belohnung gab es für Bradl ein Küsschen von der Hotel-Erbin Paris Hilton, die Eignerin eines spanischen Rennstalls ist. Hilton gratulierte dem Deutschen vor dem Rennen am Sonntag - vier Runden später war der Grand Prix für Bradl schon wieder beendet. Der Sieg beim 17. und letzten WM-Lauf des Jahres ging an den Italiener Michele Pirro. Die weiteren Podestplätze belegten der Finne Mika Kallio und Dominique Aegerter aus der Schweiz.
"Ich weiß nicht, warum mir das Hinterrad weggerutscht ist. Die Bedingungen waren für nix und wieder nix", sagte Bradl. An der prominenten Gratulantin habe es nicht gelegen, betonte der gebürtige Augsburger: "Paris Hilton hat mich nicht aus der Konzentration gebracht. Wenn sie nackt rumgelaufen wäre, dann vielleicht. Aber das ist sie ja nicht. Ich habe Hallo gesagt und sie hat mich gefragt, ob ich aus Deutschland komme. Das sagt alles."
Der Grand Prix von Valencia stand im Zeichen des Gedenkens an den Italiener Marco Simoncelli, der vor zwei Wochen in Malaysia tödlich verunglückt war. Zu Ehren des Piloten vom Gresini-Team wurde seine Maschine in der Boxengasse präsentiert.
Auch ein großes Plakat an der Rennstrecke in Valencia erinnerte an "Super Sic", wie der Italiener genannt wurde. Stefan Bradl widmete ...
... dem verunglückten Rennfahrer seinen WM-Titel: "Diese Weltmeisterschaft ist für dich", stand auf dem Plakat, das der Deutsche auf dem Podium in Valencia präsentierte.