Mönchengladbach:Das letzte Puzzlestück passt

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Alle guten Dinge sind drei: Mönchengladbachs Angreifer Alassane Plea (rechts) ist mit seiner Ausbeute in Bremen offensichtlich zufrieden. (Foto: Oliver Hardt/Getty Images)

Endlich ein echter Mittelstürmer für Borussia Mönchengladbach: Der 23 Millionen Euro teure Franzose Alassane Plea erzielt bei Gladbachs 3:1 in Bremen seine Saisontore Nummer sechs, sieben und acht.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Als die Gladbacher Profis noch einmal zum Auslaufen auf den Rasen des Weserstadions zurückkehrten, auf dem sie gerade verdient 3:1 gegen den SV Werder gewonnen hatten, waren viele französische Wortfetzen zu hören - Thorgan Hazard, Ibrahima Traoré und Alassane Plea plauderten in ihrer Muttersprache. Französisch ist ja neben Deutsch zum Hauptidiom bei Borussia Mönchengladbach geworden. Und auch, wenn Trainer Dieter Hecking dieser Sprache nicht mächtig ist, versteht er sich zum Beispiel mit Plea prächtig, wie er versicherte. Ganz im Sinne der jüngsten Umfrage unter Deutschen und Franzosen, die in der Mehrheit ein überwiegend positives Bild voneinander haben.

Im Falle Plea ist das außer mit seinen menschlichen Qualitäten auch mit seinen beruflichen zu erklären. In Bremen hat der im Sommer von OGC Nizza gekommene Stürmer die Tore sechs, sieben und acht geschossen, eins war hübscher als das andere. In der 39. Minute schüttelte er Davy Klaassen und Martin Harnik mit einer Körpertäuschung ab wie lästige Fliegen, eher er zum 0:1 einschoss. Eine Eckball-Variante führte kurz nach der Pause zum 0:2, als Hazard ihm den Ball flach zupasste. Vier Minuten später vollendete Plea den am schönsten herausgespielten Treffer, indem er eine präzise Flanke von Oscar Wendt ebenso präzise ins Tor lenkte. Der nach vorn stürmende Außenverteidiger Wendt war vorher von Jonas Hofmann bestens bedient worden.

Wer bisher dachte, die Gladbacher seien auf Rang zwei etwas zu hoch geraten, sah jetzt ein wirkliches Spitzenteam mit einer "Super-Idee, Fußball zu spielen", wie Werder-Coach Florian Kohfeldt anerkannte. Oder, wie Kollege Hecking sagte: "Wir haben jetzt alles, was wir letzte Saison an Spielerpersönlichkeiten nicht hatten." Zum Beispiel einen Torjäger, der diesen Titel auch verdient. Schon zweimal hatten die Gladbacher versucht, einen echten Mittelstürmer einzubauen, beide Male ging es schief, erst mit Luuk de Jong, dann mit Josip Drmic. Erst die teuerste Variante mit dem zuletzt vom neuen Dortmunder Trainer Lucien Favre trainierten Plea scheint aufzugehen. Dieses "letzte Puzzle-Stück" (so Eberl) kostete aber immerhin 23 Millionen Euro.

Nun rangeln sich sogar zwei Spieler darum, wer der beste Schütze im Team ist; Hazard hat nur ein Tor weniger auf dem Konto. "Max hat ihn ja geholt, damit er Tore macht", sagte Hazard; er klang angesichts des Gesamterfolges gar nicht bekümmert über die interne Konkurrenz. Max Eberl wiederum gab einen Teil des Verdienstes an Scouting-Chef Steffen Korell ab. Diesen Spieler zu finden, der neben Torgefahr noch "die Facette hat, gut Fußball zu spielen", sei großartig. Wie es aussieht, hat auch Gladbachs früherer Coach Favre dazu beigetragen, dass Plea sich trotz anderer Angebote für die Borussia entschied. Bekommen hat die laut Kapitän Lars Stindl "einen angenehmen, demütigen Menschen", der sich, wie er selbst sagt, "einfach wohl fühlt in dieser Super-Mannschaft".

Bei der Analyse der aktuellen Werder-Misere kristallisiert sich Max Kruses Bäuchlein heraus

Die Gladbacher haben jetzt nicht nur zwei Torjäger, sie haben sich auch sonst weiterentwickelt. "Die erste Halbzeit war sehr effektiv, die zweite Halbzeit erst brillant und dann haben wir gegen fünf, sechs offensive Werder-Spieler sehr gut verteidigt", lobte Sportdirektor Eberl und befand, das sei "ein weiterer Schritt". Die Rückwärtsbewegung war bisher zuweilen ein Handicap im offensiv ausgerichteten System. Hinzukommt, dass man auch die medizinische Abteilung umbaute und derzeit im Gegensatz zur Vorsaison kaum Verletzte zu beklagen sind. Auf der Bank saßen immerhin Leute wie Weltmeister Christoph Kramer, die Klub-Ikone Raffael oder Denis Zakaria. Flügelstürmer Patrick Herrmann war nicht einmal im Kader.

Und was ist mit Werder los? Die rasant in die Serie gestarteten Bremer haben jetzt drei Partien nacheinander verloren und dabei elf Tore schlucken müssen. Anders als beim 1:2 vor einer Woche in Mainz, nach Meinung aller Beteiligten die schlechteste Leistung in dieser Saison, steckten sie auch nach dem 0:3 nicht auf. Nach Nuri Sahins Tor zum 1:3 in der 59. Minute verfehlte Max Kruse eine Minute später mit einem Flugkopfball den Anschlusstreffer. Claudio Pizarro köpfelte nach seiner Einwechslung noch an die Latte (77.).

Bei der Analyse der Misere kristallisierten sich vor allem zwei Dinge heraus bei den vor drei Wochen noch als Champions-League-Kandidaten gehandelten Bremern: Neuerdings fehle die "Konzentration bei der Absicherung", stellte Ludwig Augustinsson fest. Zudem hat der Spielgestalter Max Kruse so etwas wie eine Schaffenskrise; manche sagen auch, er habe ein Bäuchlein. Diese Diskussion gab es freilich schon, als er die entscheidenden Dinge noch gut löste. Die Frage, warum er in den Schlüsselmomenten nicht mehr das Richtige tut, beschäftigt natürlich auch Kohfeldt. Der Trainer hat beschlossen, dass der Fall "kein Max-Problem ist". Er stehe "zu 1000 Prozent" hinter seinem Kapitän. Auch diesmal habe er alles auf den Platz gebracht, was er konnte. Und demnächst werde er auch wieder das Richtige tun.

© SZ vom 12.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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