ManCity vor dem Spiel gegen Dortmund:Der Chef braucht mehr als ein Remis

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Manchester Citys herrischer Trainer Roberto Mancini freute sich über die schwere Vorrundengruppe in der Champions League - er durfte nämlich seinen Kader wie gewünscht verstärken. Dafür ist der Einzug ins Achtelfinale Pflicht. Nach der Auftaktniederlage stehen die "Citizens" gegen Borussia Dortmund schon unter großem Druck.

Raphael Honigstein, Manchester

Ein Remis gegen Dortmund könnte für Roberto Mancini und Manchester City bereits zu wenig für ein Weiterkommen in der Champions League sein. (Foto: AFP)

Die Repräsentanten des englischen Meisters konnten ihren Unmut nicht verbergen, als ihnen der europäische Fußball-Verband Uefa bei der Auslosung in Monaco Duelle mit Real Madrid, Ajax und Borussia Dortmund bescherte. Einzig Roberto Mancini frohlockte insgeheim wegen des hohen Schwierigkeitsgrads der Gruppe D - im wochenlang schwelenden Streit mit Sportdirektor Brian Marwood über die Notwendigkeit von teuren Verstärkungen hatte der Trainer von Manchester City endlich schlagkräftige Argumente zur Hand.

Binnen 24 Stunden wurden der Brasilianer Maicon (Inter Mailand, sechs Millionen Euro), Innenverteidiger Matija Nastasic (Florenz, 16 Millionen Euro) und der englische Außenstürmer Scott Sinclair (Swansea, acht Millionen Euro) gekauft, dazu kam auf den letzten Drücker der Spanier Javi Garcia (Benfica Lissabon, 20 Millionen) fürs zentrale Mittelfeld. Mancini hatte zuvor auch mit Bayerns Javier Martínez geliebäugelt, Klub-Besitzer Scheich Mansour war der Mann aber zu teuer gewesen.

"Wir müssen uns weiter verbessern, um auch in der Champions League anzugreifen", hat Mancini stets betont. Vor dem Champions-League-Spiel gegen Borussia Dortmund an diesem Mittwoch muss man allerdings feststellen, dass die personellen Umstellungen und taktischen Experimente des Italieners bisher nur das Gegenteil erreicht haben.

Citys Spiel dümpelt - von einigen Gewalt-Sprints von Yaya Touré und hellen Momenten durch Stürmer Sergio Agüero abgesehen - in dieser Saison meist müde vor sich hin; Edin Dzeko verhinderte beim mühsamen 2:1-Auswärtssieg in Fulham am Samstag erst in letzter Minute eine schauerliche Zwischenbilanz von fünf sieglosen Partien in Serie. Um die Gründe für die uninspirierte Frühform des Meisters wird heftig gerätselt.

"Es ist unerklärlich, ich weiß auch nicht, warum sich die Dinge verändert haben", sagte Joe Hart. Englands Nationaltorwart musste in acht Pflichtspielen schon dreizehn Mal hinter sich greifen, City spielte noch nicht ein Mal zu null. Besonders der in der Vorsaison famose Kapitän Vincent Kompany wirkt in dieser Spielzeit wie ausgetauscht, die defensive Unsicherheit hat dazu weite Teile des Teams angesteckt.

Mancini macht die späte Ankunft der Neuverpflichtungen für die Trägheit verantwortlich. "Die neuen Spieler sind erst zwei, drei Tage vor Ablauf der Transferperiode zu uns gestoßen, es wird dauern, bis sie die Kollegen kennenlernen", sagte der 47-Jährige. Aber man weiß nicht genau, ob er das ehrlich meint oder damit doch nur wieder auf Brian Marwood abzielte, der im Auftrag der Eigentümer aus Abu Dhabi eigentlich die Ausgaben senken wollte. Im Vorjahr hat Manchester City 228 Millionen Euro Verlust aufgewiesen.

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Tatsächlich dürfte es noch etwas dauern, bis sich beispielsweise der erst 19-jährige Serbe Nastasic neben Kompany zurecht findet und Garcia die Abwehr so gut beschützt wie sein beinharter Vorgänger Nigel de Jong; der Niederländer treibt mittlerweile beim AC Milan sein Unwesen. Des Trainers größtes Problem aber ist, dass er gerade in der Königsklasse nicht mehr viel Zeit hat. Die unnötige 2:3-Auftaktniederlage beim Auftakt gegen Real Madrid hat Erinnerungen an die Enttäuschung vor zwölf Monaten geweckt, als man in der Gruppe mit Bayern, Villarreal und Neapel ausschied. Ein Remis gegen Dortmund könnte für die Hellblauen am Mittwochabend schon zu wenig sein.

Obwohl Mancini im Juli einen neuen Fünfjahresvertrag unterschrieben hat, kann er sich ein neuerliches Aus nach der ersten Hürde nur schwerlich leisten. Seine Machtposition hat nach dem unnötig scharf ausgetragenen Disput mit Marwood gelitten. Die von dem autoritären Coach forcierte Entlassung von Teamarzt Philip Batty in der vergangenen Woche hat ebenfalls für Verstimmungen gesorgt - der Mediziner war erst im Vorjahr unter großem finanziellen Aufwand engagiert worden.

Außerdem muss der ehemalige Sampdoria-Stürmer sich auch um den Einfluss des neuen Geschäftsführers Ferran Sorriano sorgen. Der Katalane bestimmte fünf Jahre lang den Kurs des FC Barcelona und hätte vor Pep Guardiola um ein Haar jenen Mann geholt, der einst Mancini bei Inter beerbte und nun mit Madrid schon wieder ein Gegenspieler ist: José Mourinho.

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Der Meistertrainer Mancini agiert jedenfalls auffallend gereizt und unsouverän in diesem Herbst. Mit Skandalnudel Mario Balotelli gab es nach dem 1:1 gegen Arsenal vor zehn Tagen mal wieder eine kleinere Konfrontation; der spät eingewechselte Italiener schimpfte nach Schlusspfiff und wurde dafür von seinem Landsmann Mancini unsanft in den Spielertunnel geschubst. Ähnlich rüde bürstete der impulsive Trainer in Madrid Torwart Joe Hart ab, der sich ganz nüchtern ("wir sind selbst schuld") über den Misserfolg geäußert hatte. "Joe Hart soll im Tor stehen und die Bälle halten, für die Bewertung bin ich zuständig", giftete Mancini.

Die Dortmunder dürften die Misstöne ermutigen: Es gab schon schlechtere Zeitpunkte für einen Ausflug in den Osten Manchesters.

© SZ vom 04.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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