Manchester United:Van Gaal macht ihn zum Chef

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Nicht die wichtigste Trophäe, die Bastian Schweinsteiger mit Van Gaal gewonnen hat: der Supercup 2010. (Foto: Alexandra Beier/Getty Images)

Was erwartet Bastian Schweinsteiger in England? Einen Stammplatz hat er sicher, zumindest anfangs.

Von Sven Haist und Filippo Cataldo

Am 5. März ist Manchester United 137 Jahre alt geworden. Und doch hat es bis zum 11. Juli 2015 gedauert, bis sich ein Spieler aus Germany dem englischen Rekordmeister angeschlossen hat. "Bastian Schweinsteiger wird der erste Deutsche, der das Trikot der Red Devils tragen wird." So nüchtern hat der sonst so knallige Mirror die Nachricht über den Wechsel des Weltmeisters zum nordenglischen Weltklub überschrieben.

Der Klub selbst gab den so gut wie vollzogenen Transfer auch nur mit einer eher knappen Mitteilung bekannt: "Manchester United ist sehr erfreut mitteilen zu können, dass eine Einigung mit Bayern München erzielt worden ist, den Mittelfeldspieler Bastian Schweinsteiger unter Vertrag zu nehmen", hieß es.

Der wichtigste Transfer bisher

Wer nur die vornehm zurückhaltende Mitteilung des Klubs kennt, würde nie auf die Idee kommen, dass Schweinsteiger der bisherige Königstransfer Uniteds in dieser Transferperiode ist, der absolute Wunschspieler von Trainer Louis van Gaal, der im 31-Jährigen das fehlende Puzzleteil sieht, um das Mittelfeld des Tabellenvierten der abgelaufenen Saison zu stabilisieren.

Wer Jamie Carragher zuhört, erst recht nicht. Die Liverpool-Legende, mittlerweile als Fußball-Experte bei Sky angestellt, schrieb bei Twitter gar, dass Schweinsteiger "über dem Zenit" sei und ätzte mit einem kräftigen Schuss englischer Ironie: "Sie verlieren ihren besten Spieler (de Gea) und holen einen, der seine beste Zeit hinter sich hat. Ich könnte nicht glücklicher sein."

Fans reagieren positiv

Wenigstens die Reaktionen der Fans in den sozialen Netzwerken sind größtenteils zuversichtlich, euphorisch gar. "Ein Weltmeister für United", liest man hier, "Schweinsteiger ist ein großartiger Kauf", liest man dort. Die ersten vergleichen ihn, die lebende Bayern-Legende, jetzt schon mit Paul Scholes, der wandelnden United-Legende, dem wohl begnadetsten Pass- und Taktgeber der langen Klubgeschichte. "Ich vermisse seit Paul Scholes zurückgetreten ist, einen Spieler, der den Rhythmus diktieren kann. Schweinsteiger muss diese Lücke schließen", schreibt ein Fan namens Tom bei Twitter.

So oder so: Van Gaal kann Schweinsteiger zumindest am Anfang den Stammplatz garantieren, den er beim FC Bayern mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr gehabt hätte. Egal, welches System der Lieblingstrainer des Oberbayern spielen lässt, für Schweinsteiger sollte immer Platz sein. Ob im 4-2-3-1 an der Seite von Michael Carrick im defensiven Mittelfeld. Oder im 4-3-3 zwischen Juan Mata und Ander Herrera. Oder im 3-4-3 direkt vor der Abwehr. Schweinsteiger wird spielen. Aber er wird auch sofort liefern müssen. Viel Zeit zur Eingewöhnung wird ihm nicht bleiben. Bei United muss er sofort der Chef sein.

Partner Carrick ist auch schon 33

Dass Schweinsteiger, 31, mit großer Wahrscheinlichkeit oft zusammen mit Carrick, 33, einen Klub der reifen Mittelfeldstars bilden wird in der Zentrale der Red Devils, ist insofern interessant, dass Bayerns Trainer Pep Guardiola ja Schweinsteiger nicht mehr allzu oft zusammen mit Xabi Alonso, 33, spielen lassen wollte.

Schweinsteiger geht mit seinem Wechsel in die Premier League aber auch ein gewisses Risiko. In England finden wegen der größeren Liga und der verschiedenen Pokalwettbewerbe viel mehr Spiele als in Deutschland statt. Englische Wochen sind, na klar, die Regel. Zudem sind viele Spiele in der Premier League, bei allem Niveau der Liga, noch immer reine Abnutzungsschlachten. Wie Schweinsteigers Körper die Dauerbelastung verkraften wird, wird eine der spannenden Fragen der nächsten Monate sein. Nicht nur für ihn selbst, van Gaal und Bundestrainer Joachim Löw, der Schweinsteiger am Samstag zu seiner Entscheidung gratulierte.

Oberaudorf - München - Manchester

Hält sein Körper durch, wird er wohl so stark und gestählt wie nie zur EM 2016 reisen. Muss er den Dauer-Strapazen Tribut zollen, droht er gar die EM zu verpassen.

Nicht nur fußballerisch erwartet Schweinsteiger bei Manchester eine völlig andere Welt. Der Weg von Oberaudorf nach München ist naturgemäß kürzer als von München nach Manchester. Die Entfernung ist weiter, aber gewissermaßen geht es auch ein paar Schritte zurück. Großen Glamour hat die alte Industriestadt Manchester nicht zu bieten. Mal eben am Gärtnerplatz einen Kaffee trinken und danach mit seinen Kumpels zum Basketball fahren, das ist künftig nicht mehr drin. Es gibt zwar durchaus annehmbare und gemütliche Ecken in Manchester, aber anders als im diesbezüglich eher entspannten München werden Fußballer in England auf Schritt und Tritt von Paparazzi begleitet. Was Schweinsteiger verkraften muss: Manchester United hat keine Basketball-Abteilung. In direkter Nachbarschaft zu Schweinsteigers neuem Heimstadion befindet sich allerdings der Old Trafford Cricket Ground. Die Heimat des besten Cricket-Klubs der Stadt.

Welcome to England.

© SZ vom 12.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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