Malaika Mihambo:Jenseits der magischen Marke

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Überfliegerin: Malaika Mihambo ist in diesem Sommer bislang die weltweit beste Weitspringerin. (Foto: Mike Hewitt/Getty Images)

Die Weitspringerin ist in ihrem nordbadischen Biotop zu einer konstanten Athletin gereift.

Von Joachim Mölter

Alle Wege führen nach Rom, besagt ein Sprichwort, selbst in der 12 000-Einwohner-Gemeinde Oftersheim in Nordbaden findet man Wege, die einen hinausbringen in die große, weite Welt. Zumindest Malaika Mihambo gelingt das. Die 25 Jahre alte Leichtathletin gehört dem TSV 1895 Oftersheim an, einem von acht Klubs, die sich zur LG Kurpfalz zusammengeschlossen haben, und sie hat ihren Heimatverein unlängst tatsächlich in Rom repräsentiert, Anfang Juni beim Diamond-League-Meeting. Da übertraf die Weitspringerin sogar erstmals die Sieben-Meter-Marke. Mit 7,07 führt sie seitdem die Jahresbestenliste an, noch vor Olympiasiegerin und Weltmeisterin Brittney Reese, 32, aus den USA, die bei exakt 7,00 gelandet ist.

Mihambo hat die magische Marke seither noch zweimal überquert, in Dessau (7,05) und London (7,02). Bei den deutschen Meisterschaften in Berlin dürfte sie unangefochten sein im Finale am Sonntag (17.20 Uhr): Ihre nächstbeste Landsfrau liegt fast einen halben Meter zurück. Um einen Reiz zu schaffen, startet sie auch über 100 Meter am Samstag (Finale: 19.45 Uhr); im Sprint hat sie sich unlängst ohne viel Starttraining auf 11,21 Sekunden gesteigert und die Spezialistinnen aufgeschreckt.

Malaika Mihambo steht mit ihrem Trainer Ralf Weber für eines der vielen Erfolgsmodelle, die in der facettenreichen Leichtathletik zu finden sind. Die wird ja nicht nur in Großklubs betrieben oder zentral von Bundestrainern gesteuert; sie gedeiht auch prächtig in Nischen, auf individuellen Pfaden, in kleinen, behaglichen Nestern, wie Mihambo und Weber sich eins gebaut haben in Oftersheim und im Nachbarort Schwetzingen. "Ich habe alles, was ich brauche", stellte Mihambo einmal fest: "Meine Familie, meine Freunde, der Trainer ist super. Was will man mehr?" Nun, vielleicht eine stärkere Lobby im Verband?

Als sich Mihambo Anfang 2017 eine Fußverletzung zuzog und nicht mehr ganz so weit kam, flog sie jedenfalls umgehend aus dem Olympiakader. Weber hat das sehr gewurmt. "Das ist nicht die richtige Botschaft an die Athleten", kritisierte er, nachdem seine Athletin vor einem Jahr in Berlin als Europameisterin ein grandioses Comeback gefeiert hatte: "Wenn Athleten nach drei Jahren mit internationalen Top-Ten-Platzierungen nach einem Jahr Verletzung die Förderung gestrichen wird, muss ich schon am System zweifeln."

Tatsächlich ist Malaika Mihambo in ihrem nordbadischen Biotop zu einer außergewöhnlich konstanten Athletin gereift. Europameisterin bei den Junioren (2013), bei der U23 (2015) und bei den Frauen (2018), Olympiavierte in Rio 2016; bis auf 2017 legte sie jedes Jahr Weiten um die 6,90 Meter hin, eher noch darüber. "Es gibt Sportlerinnen und Sportler, die sind extrovertiert, haben aber wenig Erfolg. Bei Malaika ist das umgekehrt", sagte Weber kürzlich dem Tagesspiegel. Malaika Mihambo gehört zu den eher Stillen im Land, das verhindert wohl eine größere Prominenz außerhalb der Sandgrube. Aber sie zeigt jedes Jahr aufs Neue, wohin die Wege aus Oftersheim führen können: in diesem Jahr nach Doha zur WM, im nächsten vermutlich zu Olympia nach Tokio.

© SZ vom 03.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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