2. Liga:Flucht durch die Dachluke

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Immer schön die Übersicht behalten: Sami Allagui beschert St. Pauli den Führungstreffer. (Foto: Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Der FC St. Pauli wahrt als Vierter der zweiten Bundesliga die Chance, auf dem Relegationsrang zu überwintern. Viele Spieler kämpfen nicht nur um einen Spitzenplatz in der Tabelle - sondern auch um einen neuen Vertrag.

Von Ulrich Hartmann

Auch wenn es am Hamburger SV und dem 1. FC Köln kaum ein Vorbeikommen geben dürfte: Union Berlin, der FC St. Pauli und der VfL Bochum wollen raus aus der zweiten Liga - und zwar oben durch die enge Dachluke. Die drei sind zurzeit die am längsten durchgängig in der zweiten Liga spielenden Vereine: Union seit 2009, Bochum seit 2010, St. Pauli seit 2011. Da kann man mal die Geduld verlieren - und alle drei Klubs verlieren die Geduld in dieser Saison bislang recht erfolgreich. Union ist Dritter, St. Pauli Vierter, Bochum Siebter.

Am Montagabend haben die Bochumer gegen St. Pauli 1:3 verloren. Das war für sie umso ärgerlicher, als sie auf 22:17 Torschüsse, 7:4 Ecken und 68 Prozent Ballbesitz kamen. Ihre Serie von sieben Spielen ohne Niederlage mussten sie dann aber trotzdem beenden. Doch die Chance zur Wiedergutmachung kommt schnell. Nächsten Samstag spielen die Bochumer bei Union Berlin in der Alten Försterei.

St. Paulis Sieg in Bochum wurde durch eine Fehlentscheidung auf den Weg gebracht, die korrigiert worden wäre, wenn es in der zweiten Liga den Videobeweis gäbe. Weil das nicht so ist, hat das Fehlurteil bei den Bochumern irgendwie auch kaum Ärger hervorgerufen. Nachdem der Bochumer Torwart Manuel Riemann einen Elfmeter von Sami Allagui pariert hatte, lief St. Paulis Henk Veerman viel zu früh in den Strafraum; er hatte durch dieses Vergehen einen Vorteil, den er zum Nachschuss nutzte. Es war das 2:1 in der 42. Minute. Danach erhöhten die Bochumer das Risiko, was ihnen in der 85. Minute das 1:3 durch einen von Mats Möller Daehli vollendeten Konter einbrachte. "Wir waren nach hinten nicht gut genug abgesichert", befand Bochums Trainer Robin Dutt hinterher halbwegs gelassen. Das müsse man besser machen nächsten Samstag in Berlin und übernächsten Freitag in Köln. Für Bochum geht es noch vor Weihnachten vorentscheidend darum, den Kontakt zur Zweitliga-Spitzengruppe zu wahren.

Eine bessere Ausgangslage mit dem besseren Adventsprogramm haben die Hamburger, die an den kommenden beiden Samstagen am Millerntor gegen Greuther Fürth und gegen Magdeburg spielen und die Chance wittern, auf dem Relegationsplatz zu überwintern. Für St. Paulis Trainer Markus Kauczinski wäre dies aber offenbar noch keine große Errungenschaft. "Auf dem Relegationsplatz beginnt in dieser Saison das Mittelfeld", erklärte er angesichts der qualitativen Enge all jener Mannschaften, die sich dahinter drängeln. "Mit Köln und dem HSV kann sich keiner messen", sagte Kauczinski: "Auch wir nicht."

Kühne Gedanken an eine gemeinsame Aufstiegsfeier mit dem HSV im kommenden Frühjahr hält Kauczinski für "Käse". Diese Missbilligung resultiert weniger aus der Rivalität der beiden Hamburger Teams als vielmehr aus St. Paulis Strategie, sich nicht zum Favoriten im Rennen um Platz drei erklärten zu lassen. "Unser Ziel bleibt ein Platz unter den ersten Sechs", sagt Kauczinski trocken, wenn die Sprache auf Ambitionen und Träume kommt, "und da sieht es zurzeit ja ganz gut aus."

Der Tunesier Allagui, 32, und der Niederländer Veerman, 27, waren in Bochum St. Paulis symbolische Siegertypen, weil beide je einen Treffer selbst erzielten sowie einen weiteren vorbereiteten. Veerman, im Sommer vom SC Heerenveen aus der Eredivisie gekommen, verbuchte bereits das sechste Zweitligator und die vierte Vorlage, womit er in der Scorer-Liste der Liga auf Platz elf bester Spieler seiner Mannschaft ist. Sein Vertrag endet 2021, womit er im Kader zu den wenigen längerfristig gebundenen Profis gehört. Von den 14, die am Montagabend in Bochum gespielt haben, besitzen acht einen Vertrag bis lediglich zum Ende dieser Saison, und auch bei sechs weiteren Spielern läuft der Vertrag am 30. Juni 2019 aus.

Auch Allagui kämpft um eine Verlängerung. Bislang drei Tore und zwei Vorlagen sind ein gutes Argument, aber es gibt noch eine andere, ganz sichere Methode, um zunächst ein Jahr länger beim Klub zu verbleiben: den Aufstieg. "Auch deshalb", sagt er, "ist es mein Ziel, mit St. Pauli oben mitzuspielen und am Ende den Lucky Punch zu setzten." Die Option darauf halten sie sich momentan noch ziemlich warm.

© SZ vom 12.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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