Leverkusen - Schalke (17.30 Uhr):Gegen den Trend

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Als Jugendlicher war Leroy Sané einer der vielversprechendsten Nachwuchsspieler von Leverkusen, nun ist er vielversprechenster Leistungsträger bei Schalke. (Foto: imago)

Bayer Leverkusen und Schalke 04 haben frustrierende Wochen hinter sich. Im direkten Duell geht es vor allem darum, einen positiven Impuls für den Rest der Hinrunde zu erarbeiten.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Im Büro des Leverkusener Nachwuchs-Koordinators Jürgen Gelsdorf steht ein Foto von Leroy Sané in Aktion. Das Bild ist eine Erinnerung an jene Zeit, als der heutige Schalker Nationalspieler Sané als Jugendlicher noch das Leverkusener Trikot getragen hat. Von 2008 bis 2011 war Sané einer der vielversprechendsten Nachwuchsspieler von Bayer Leverkusen. Dann ist er der kürzeren Fahrzeiten wegen, der Nähe zum Elternhaus und womöglich gar pekuniärer Gründe halber zurück zu Schalke 04 gewechselt, von wo er 2008 nach Leverkusen gekommen war. Gelsdorf schwärmt noch heute von den fußballerischen und charakterlichen Eigenschaften Sanés und ist traurig, dass der Verein solch ein Talent wieder hergeben musste.

An diesem Sonntag kehrt Sané zurück nach Leverkusen. Er spielt mit dem FC Schalke 04 in der BayArena. Gelsdorf wird auf der Tribüne sitzen, und ob er wehmütig wird, hängt sicher auch ein bisschen vom Ergebnis ab. Der ganz große Hype um den 19-jährigen Sané ist trotz dessen erstmaliger Berufung in Joachim Löws Nationalmannschaft zuletzt wieder ein bisschen verflogen, auch weil Schalke seit zwei Monaten nicht mehr sehr erfolgreich spielt. Das haben die Gelsenkirchener mit ihrem heutigen Gastgeber gemeinsam. Mit je 20 Punkten konkurrieren beide Teams im oberen Mittelfeld um den Anschluss an die Spitzengruppe. Im direkten Duell geht es vor allem darum, den Kontakt nach oben nicht zu verlieren, und - auch das gilt für beide Klubs - nach schwierigen Wochen mal wieder für einen positiven Impuls zu sorgen.

Auf Völlers verbale Entgleisung folgte Wendells Fahrerflucht

Mehr noch als bei den Schalkern nach deren Last-Minute-Sieg in der Europa League daheim gegen Nikosia hängt bei Bayer der Haussegen schief, zumal es in dieser Woche nach der gefühlten 1:1-Niederlage bei Bate Borissow, die das Champions-League-Aus bedeuten dürfte, noch mehr schlechte Nachrichten gegeben hat: Am Flughafen in Minsk hat Sportchef Rudi Völler am Mittwoch einen Fan beleidigt (nach eigener Auffassung mit Grund), einen Tag später ist der 22-jährige brasilianische Abwehrmann Wendell im nächtlichen Köln vorsätzlich einem Polizeiwagen davongefahren, obwohl (oder weil) dieser mit Blaulicht fuhr. Als die Beamten ihn dann endlich gestoppt hatten, stellte sich heraus, dass er gar keinen Führerschein besitzt. Schließlich wurde am Freitag auch noch bekannt, dass sich der angeschlagene Mittelfeldspieler Lars Bender einer Operation am Sprunggelenk unterziehen muss und mindestens bis zum Beginn der Rückrunde ausfallen wird.

Die Nerven liegen in Leverkusen und Gelsenkirchen zwar nicht gerade blank - aber sie sind deutlich zu spüren. Bei Schalke war die Zukunft des Sportdirektors Horst Heldt genauso ein Dauerthema wie jene offensive Ladehemmung, die sich beim 1:0 gegen Nikosia so exemplarisch wie selten in dieser Saison gezeigt hat. Noch immer ist der junge Sané mit vier Bundesligatreffern der erfolgreichste Torschütze (gemeinsam mit Klaas-Jan Huntelaar), aber auf mehr als die bisherigen 17 Schalker Saisontreffer kommen auch die Leverkusener nicht, bei denen Zukauf Chicharito mit sechs Treffern alleine vorne liegt.

Beide Trainer bemühen sich, das Positive herauszustellen

Während der Schalker Johannes Geis nach seinem brutalen Foul gegen den Gladbacher André Hahn zum fünften und letzten Mal pausieren muss, scheint Stefan Kießling bei Leverkusen wieder fit zu sein. Sollte er zum Einsatz kommen, wäre dies sein 300. Bundesligaspiel, sollte er überdies vielleicht sogar ein Tor erzielen können, wäre das aber erst sein zweites in dieser Saison. Auch an Kießling zeigten sich bisher die Schwierigkeiten einer Bayer-Mannschaft, die vor der Saison als deutlich effektiver und stabiler eingeschätzt wurde.

Acht Punkte haben die Leverkusener aus den jüngsten sechs Bundesligaspielen erwirtschaftet, gar nur vier die Schalker. Nun stehen beide punktgleich am Ende der oberen Tabellenhälfte, und beide Trainer argumentieren Woche um Woche vertröstend und das Positive selektierend. Während Leverkusens Roger Schmidt immer wieder das fußballerische Potenzial seines Kaders lobt, sprechen André Breitenreiter und andere Funktionsträger in Gelsenkirchen immer wieder gern über ihre jungen Fußballer und dass man diesen Zeit einräumen müsse. Leroy Sané, das jüngste und derzeit beste dieser Talente, könnten sie in Leverkusen momentan besonders gut gebrauchen. Nachwuchskoordinator Jürgen Gelsdorf dürfte hoffen, dass man das nicht an diesem Sonntag schon wieder vorgeführt bekommt.

© SZ vom 29.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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