Leverkusen:Ernster Spaß

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Profitiert vielleicht am meisten vom Trainer-Wechsel in Leverkusen: Julian Brandt blüht in seiner neuen Rolle im Mittelfeld auf. (Foto: Norbert Schmidt/imago)

Bayers neuer Trainer Peter Bosz hat mit nur einer Personalrochade den Erfolg für seine Mannschaft zurückgebracht.

Von Philipp Selldorf, Leverkusen

Friedhelm Funkel geht auf Rudi Völler los! Dies musste jeder Augenzeuge denken, als der Trainer von Fortuna Düsseldorf ein Gespräch unterbrach, um dem Sportchef von Bayer Leverkusen entgegenzueilen. Tatsächlich ergab sich aus dem Treffen im Stadiongang ein lautstarker Zusammenstoß. Funkel klopfte Völler im Zuge der Umarmung so herzlich auf die Schultern, dass beinahe die in nächster Nähe stattfindenden TV-Interviews unterbrochen werden mussten.

Differenzen wurden zwischen den Klubvertretern nicht ausgetauscht, was auf einer gewachsenen Beziehung der beiden erfahrenen Männer beruhte ("Wir kennen uns schon mehrere tausend Jahre", sagte Völler) sowie der Abwesenheit von Animositäten beim Leverkusener 2:0-Sieg. Die beiden Fußballteams waren im Laufe der 90 Minuten vorbildlich friedlich miteinander ausgekommen. Nur ein Muskelfaserriss von Bellarabi trübte etwas die Freude. Ansonsten herrschten klare Verhältnisse: Während Bayer Gebrauch von seinen überlegenen Mitteln machte, hatte der Außenseiter Fortuna seriös Schadensbegrenzung betrieben.

Daraus ergab sich zwar kein Spiel, mit dem sich auf dem sagenhaften asiatischen Markt für die Bundesliga werben ließe, aber eine Situation, die den Beteiligten ein geruhsames Restwochenende bescherte. Völler sagte: "So kann's weitergehen." Vier Siege hintereinander haben Bayer wieder in die Sichtweite der Champions-League-Plätze gebracht.

Völler sieht sich dadurch in der wiederholt geäußerten These bestätigt, dass der neue Trainer Peter Bosz ein besserer Trainer ist als sein Vorgänger. Damit meint er allerdings nicht Heiko Herrlich, den Bayer im Dezember entlassen hat, sondern jenen Peter Bosz, der in der vorigen Saison für ein paar Monate Borussia Dortmund trainiert hat. Aus den Fehlern, die er beim BVB gemacht habe, habe Bosz viel gelernt, meinte Völler.

Auch die Partie gegen Düsseldorf hat Bosz maßgebend beeinflusst. Nicht durch seinen ausgeklügelten Matchplan, sondern durch jene Personalentscheidung, die er in seinen Leverkusener Anfangstagen getroffen hatte. Wie beim 5:1 gegen Mainz war auch gegen Düsseldorf Julian Brandt eine spielbestimmende Erscheinung. Die Tore erzielten andere (Kai Havertz und Leon Bailey), aber Brandt ist im Zentrum zur symbolhaften Figur einer Mannschaft geworden, die in unveränderter Besetzung einen anderen Fußball spielt. "Ich glaube, man sieht mir an, dass es mir Spaß macht, mit den Jungs zu zocken", sagte Brandt am Sonntag.

Man sieht aber noch viel mehr: Nämlich einen Nationalspieler Brandt, der in der Mittelfeldzentrale dank seines Talents deutlich mehr Wirkung entfaltet als in der undefinierten Rolle als Flügel- und Angriffsspieler. "Er hat jetzt viel mehr Ballkontakte", sagte Völler. "Die Position steht mir gut", findet Brandt. Vom neuen Bosz und vom neuen Brandt könnte außer Bayer auch der Bundestrainer profitieren. In dessen Mittelfeld wird durch Spieler wie Brandt, Havertz und Leon Goretzka die Mesut-Özil-Lücke immer kleiner.

© SZ vom 19.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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