Leipzig:Gut gelaunt in die Heimat

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Hübsches Lupferle: Der Schwabe Timo Werner trifft zum 2:0. (Foto: Sven Sonntag/imago)

Nach seinem Europa-League-Tor gegen Sankt Petersburg reist RB-Angreifer Timo Werner entspannt zum VfB Stuttgart. Bei seinem früheren Klub will der Nationalstürmer in der Mercedes-Benz Arena am Neckar zeigen, was er gelernt hat.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Wer wissen wollte, was ein Tor in einem Stürmer auslösen kann, der musste am späten Freitagmittag nur in das Gesicht von Timo Werner blicken. Es waren noch keine 24 Stunden vergangen, seit der Stürmer von RB Leipzig seiner Mannschaft mit einer Vorlage für Bruma (56.) und einem eigenen Treffer (77.) gegen Zenit Sankt Petersburg zu einem 2:1-Sieg verholfen hatte, der gute Aussichten auf den Viertelfinal-Einzug in der Europa League verheißt. Und schon war er ein in sich ruhender, nahezu unverschämt gut gelaunter Mann von 22 Jahren und drei Tagen, als er auf dem Podium des Pressesaals Platz nahm. Nicht, dass die Zeit des Leidens allzu lang gewesen wäre; seinen letzten Treffer hatte er am 15. Februar gegen den SSC Neapel erzielt. Aber sie war alles andere als angenehm. "Es ist nie schön, abends einzuschlafen, wenn man verloren und kein Tor geschossen hat", sagte er. Am Donnerstag war alles anders: "Ich freue mich, dass ich der Mannschaft mit einem Tor und einer Vorlage helfen konnte."

"Ich will zeigen, was aus mir geworden ist", sagt Timo Werner

Es war seiner Laune gewiss nicht abträglich, dass sein Treffer und sein Assist von vorzüglicher Qualität waren. Den Portugiesen Bruma spielte er mit einem Hackentrick frei, den der verstorbene Sócrates, Held der brasilianischen WM-Mannschaften von Spanien 1982 und Mexiko 1986, kaum kunstvoller hätte fabrizieren können. Und als er selbst von Naby Keita freigespielt wurde, lupfte er den Ball über den russischen Torwart unter die Latte.

"Das war ein richtig gutes Finish", lobte Leipzigs Torwart Peter Gulacsi, der sich vor dem sehenswerten Freistoß-Gegentreffer von Domenico Criscito (86.) eine Fingerkuppe ausgerenkt hatte. Am Sonntag beim VfB Stuttgart will Gulacsi dennoch spielen, Werner erst recht: "Das kann ich mir nicht entgehen lassen." Denn Stuttgart ist die Stadt, in der er groß wurde, der VfB ist sein Heimatverein, bei dem er sein Profi-Debüt feierte. Er trage die Stadt Stuttgart noch immer in seinem Herzen, womöglich ziehe er dort mal wieder hin. "Aber mit 22 sollte man nicht mehr so viel Heimweh nach der alten Döner-Bude oder der alten Schule haben", sagte Werner. Er steuert in der alten Heimat etwas ganz anderes an: "Ich will zeigen, was aus mir geworden ist, was ich gelernt habe."

Das ist, seinem Trainer zufolge, eine Menge. Als Werner sich aus der Presserunde verabschiedet hatte, schwärmte Ralph Hasenhüttl von einem jungen Mann, der die vielen Dinge, die auf ihn eingeprasselt sind, enorm gut verarbeitet habe - etwa die Kritik nach der Schwalbe vom Vorjahr. Ihm sei kein Spieler erinnerlich, der in so jungen Jahren "für eine Schwalbe so gekreuzigt" worden sei wie Werner, sagte Hasenhüttl. Es sei "sensationell", wie er das alles weggesteckt habe.

Dieser Erfahrungsschatz werde Werner noch nützen, "zu einem absoluten Topstar" zu werden, sagte Hasenhüttl; schon jetzt sei wahrscheinlich kein Stürmer in Europa in dem Alter so weit wie Werner. Wie Werners Empfang in Stuttgart ausfällt, wird spannend zu sehen sein - zumindest dürfte er nicht ganz so feierlich sein wie bei Werners erster Rückkehr an den Neckar: Anfang September traf er beim 6:0 der Nationalelf gegen Norwegen zweimal und wurde mit Sprechchören verabschiedet. Sein einstiges Idol Mario Gomez, damals noch in Wolfsburg, nun wieder beim VfB, adelte ihn als den Nationalstürmer der kommenden zehn Jahre.

Auf das Wiedersehen mit Gomez freue er sich, trotz all der Rivalität um die WM-Plätze, die in seinem Kopf wohl doch herumschwirrt, obwohl er beim DFB als gesetzt gilt und Gomez sich eher fragen muss, ob Trainer Joachim Löw ihn oder Sandro Wagner vom FC Bayern mit nach Russland nimmt; Gomez und Wagner sind sich als Stoßstürmer ähnlicher. Wenn Gomez treffen sollte, werde er nicht denken: "Scheiße! Jetzt hat der ein Tor mehr für die WM", sagt Werner, der längst im Visier europäischer Topvereine ist.

Über eine vorzeitige Vertragsverlängerung, wie Leipzig sie anstrebt, habe er sich noch keine Gedanken gemacht, beteuerte Werner; eingedenk der anstehenden WM wird er sich damit wohl auch nicht kurzfristig beschäftigen. Sein Vertrag in Leipzig laufe bis 2020, "zwei Jahre sind noch eine lange Zeit". Ein längerfristiges Bekenntnis vermied er. Er könne "nur sagen, dass der Wechsel nach Leipzig genau der richtige Schritt war".

© SZ vom 10.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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