Leipzig:Es wernert immer weiter

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Jubelt über sein Führungstor: Timo Werner. (Foto: imago images/Picture Point LE)

RB siegt auch dank der Torgefahr des DFB-Angreifers mit 3:1 gegen Hoffenheim.

Von JAVIER CÁCERES, Leipzig

Das Wiedersehen wurde mit einer herzlichen Umarmung gefeiert, am Samstag, kurz vor 15.30 Uhr, an der Seitenlinie der Leipziger Arena. Doch wie man später erfahren sollte, war es nicht die erste des Wochenendes gewesen. Schon am Freitagabend hatte sich Julian Nagelsmann, seit Sommer Trainer von RB Leipzig, in das Mannschaftshotel der TSG 1899 Hoffenheim begeben, seiner ehemaligen Mannschaft also. Sein früherer Assistent und Nachfolger als TSG-Trainer Alfred Schreuder verriet, dass sich sein Freund auf Kosten der Hoffenheimer verköstigt hatte: "Julian gibt nix weg", scherzte er. Ganz im Ernst aber berichtete er, dass Nagelsmann sich mit den früheren Weggefährten ausgetauscht habe, über alte und gegenwärtige Zeiten, wobei Strategien selbstredend nicht ausgetauscht wurden. Wozu auch? "Ich glaube, er hat uns nicht überrascht und wir ihn nicht", sagte Schreuder am Samstagabend, als ein Ergebnis feststand, das sich im Rahmen der Projektionen bewegte. Nagelsmanns Leipziger siegten, durchaus verdient, mit 3:1.

Dass RB Leipzig durch den Sieg von Borussia Mönchengladbach gegen den FC Bayern den Sprung an die Tabellenspitze verpasste, bereitete den Leipzigern keine Pein. "Ich werde trotzdem ruhig schlafen können", sagte etwa RB-Manager Markus Krösche. Nagelsmann wiederum erweckte den Eindruck, dass es vielleicht gar nicht der richtige Tag zum großen Sprung nach vorn gewesen wäre; jedenfalls sagte er, dass seine Mannschaft "keinen Supersahnetag" erwischt und etwa bei einem Pfostenschuss von Geiger extrem viel Glück gehabt habe, "das hätte (nach der Führung durch Timo Werner aus der 11. Minute) der Ausgleich sein müssen". Und dennoch: So viele Prozentpunkte fehlten den Leipzigern gar nicht zur Vollkommenheit in einem anregenden Spiel.

Gleich 35 Leipziger Torschüsse und zahlreiche Großchancen verbuchten die Statistiker; Hoffenheims Torwart Oliver Baumann spielte sich mit einem ligaweiten Saisonbestwert von elf Paraden in den Fokus. Letztlich musste sich Baumann doch geschlagen geben, weil der deutsche Nationalstürmer Timo Werner (11./52., Foulelfmeter) und der österreichische Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer (83.) ihre phänomenale Form in Tore umzumünzen wissen. Das gilt vor allem für Werner, der schon ausgewechselt war, als Hoffenheim in der 89. Minute durch Ermin Bicakcic zum Ehrentreffer kam. Werner erzielte seine Saisontore 14 und 15; allein in den letzten fünf Spielen wernerte es neun Mal. Die im Sommer getroffene Entscheidung, in Leipzig zu bleiben und nicht zum FC Bayern zu wechseln, erweist sich mit jedem Spieltag, der vergeht, als die richtige. "Ich glaube, dass er jetzt auch spürt, dass er einen Schritt nach vorne gegangen ist", sagte Trainer Nagelsmann am Samstagabend im ZDF-Sportstudio. Dort äußerte er seine Hochachtung vor dem norwegischen Shootingstar Erling Braut Haaland von Leipzigs Partnerklub RB Salzburg (27 Tore in 20 Spielen), ließ aber auch erkennen, dass ein Wintertransfer eher nicht zur Debatte stehe. Wirklich nötig haben ihn die Leipziger nicht. Zumal Nagelsmann davon ausgeht, dass Werner "noch torgefährlicher" werden könne.

Genau genommen hätte er schon am Samstag am aktuellen Torschützenkönig Robert Lewandowski vorbeiziehen können, der Mittelstürmer des FC Bayern hat ein Tor mehr erzielt als sein Rivale. Werner, 23, vergab Chancen. Doch das werde er nicht thematisieren, versicherte Nagelsmann. Es gehe vielmehr darum, dem Stürmer aufzuzeigen, wie er noch häufiger in torgefährliche Situationen kommen kann - auf eine einfühlsame, aber von Bestimmtheit geprägte Art. "Ich werde das mit der Sandwich-Methode machen. Ich sage ihm erst, dass zwei Tore super sind, dann gibt es ein paar kritische Worte, und dann sage ich ihm wieder, dass zwei Tore super sind", sagte Nagelsmann.

Daran, dass er in der Lage ist, das Potenzial junger Spieler auszuschlachten, hat mindestens eine Person nicht den geringsten Zweifel: Hoffenheims Coach Schreuder. Auch deshalb ist er sich sicher, dass RB Leipzig bis zum Ende um die Meisterschaft mitspielen wird. Der FC Bayern München habe die besten Spieler, Tabellenführer Mönchengladbach lege unter Marco Rose eine beeindruckende Saison hin. Aber: "Wer weiß, wie Julian arbeitet, und ich kenne Julian gut, der weiß: Wenn alles normal läuft werden die immer besser werden", sagte der Niederländer, und er klang nicht so, als spielte bei dieser Betrachtung die Freundschaft zu seinem früheren Chef eine größerer Rolle.

© SZ vom 09.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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