Leichtathletik:Mit Gold die Jugend beenden

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Schon sein Onkel Hubert Karl wurde einst deutscher Meister, auch sein Bruder Dominik ist ein Läufer. Jetzt will Patrick Karl bei der U20-DM über die 3000 Meter Hindernis gewinnen. (Foto: privat)

Patrick Karl startet bei der U20-DM im 3000 Meter Hindernislauf - und sinnt dort auf Revanche. Der Spross einer Läufer-Familie gilt als Talent, im Vorjahr aber verschenkte er den Titel.

Von Johannes Kirchmeier

Am Samstagabend an der Startlinie bei der deutschen U20-Meisterschaft in Jena wird Patrick Karl (TV Ochsenfurt) nur an eines denken: seine Revanche. Denn im vergangenen Jahr rannte Karl über 2000 Meter Hindernis dem Titel entgegen, als ihm ein Malheur passierte. 15 Meter vor dem Ziel begann er zu jubeln, bremste etwas ab. Konkurrent Karl Bebendorf (Dresdner SC) zog noch vorbei und schnappte sich Gold. "Die Rechnung muss ich begleichen. Dieses Mal bleibt er hinter mir", sagt Karl. Der Franke kann mittlerweile über sein Malheur lachen. Denn die Voraussetzungen für seine Revanche stimmen. Karl reist in Topform nach Jena. Bei der U20-EM im schwedischen Eskilstuna gewann er vor zwei Wochen Silber über 3000 Meter Hindernis. Diese Distanz wird bei internationalen Rennen gelaufen. Schneller als Karl war nur der Italiener Yohanes Chiappinelli.

Karl gilt als eines der größten Lauftalente des Landes. Der deutsche Leichtathletik-Verband erwartete in Schweden Edelmetall. Karl lieferte. "So ein Rennen wird schon vorm Start entschieden", sagt er. Damit meint er das Abtasten der Konkurrenten im sogenannten Call Room, dem Warteraum, in dem die Athleten die letzten Minuten vor dem Start verbringen. In Eskilstuna wackelten die Gegner durch den Raum, sie machten einen unsicheren Eindruck. "Ich blieb entspannt, weil ich wusste, was ich draufhabe", sagt Karl. Auch U20-Bundestrainer Dietmar Chounard hebt hervor: "Patrick strahlt immer Ruhe aus, tritt besonnen, aber bestimmt auf." Dass er mit seinen 19 Jahren mental einen Schritt weiter als die Konkurrenz ist, liegt auch an erfahrenen Tippgebern. Er stammt aus einer Läuferfamilie: Onkel Hubert Karl war 1989 deutscher Meister über 3000 Meter Hindernis, der ältere Bruder Dominik bestreitet ebenfalls Rennen. Seit vier Jahren trainiert Patrick jetzt nach einem Trainingsplan. Den erstellt Vater Klaus.

Auf Drill wie andere Trainerväter, die man vom Tennis oder Eiskunstlaufen kennt, setzt er nicht. "Wenn das so wäre, würde ich mir einen neuen Trainer suchen", sagt Karl. Bisher trainiert er siebenmal in der Woche, er kommt auf etwa 14 bis 15 Stunden. "Andere auf einem ähnlichen Niveau machen viel mehr", sagt er. Künftig strebt er elf Einheiten pro Woche an. Schon jetzt "sei er in einem Bereich des jungen Patriz Ilg, der später Weltmeister wurde", sagt Bundestrainer Chounard. Ilg gewann 1983 als bisher einziger Deutscher den WM-Titel über 3000 Meter Hindernis.

Karl vergleicht sich vor allem mit seinem Onkel - und schneller als der im jeweiligen Alter ist er seit Jahren. Aktuell steht er bei 8:47,20 Minuten, der schnellsten Zeit eines deutschen U20-Athleten in diesem Jahrtausend. Olympia in Rio de Janeiro kommt noch zu früh für ihn. Sein nächstes großes Ziel ist die Teilnahme an der Heim-EM 2018 in Berlin. Als Fernziel geht Karl die Olympischen Spiele in Tokio 2020 an. Auch wenn Chounard einschränkt: "Da braucht es noch eine Entwicklung. Dann muss er Zeiten von unter 8:30 Minuten laufen." Um im Sport weiterzukommen, hat Karl privat vorgesorgt. Im September tritt er eine Ausbildung bei der Sportfördergruppe der Polizei in Dachau an. Dort ist er bis Januar beschäftigt, in der restlichen Zeit wird er für den Sport freigestellt.

Erst einmal absolviert er aber am Samstag sein letztes großes U20-Rennen. Mit dem Jubeln will er diesmal erst im Ziel beginnen. "So ein Fehler passiert mir nur einmal", sagt er.

© SZ vom 30.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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