Leichtathletik:Außer Konkurrenz

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Der Leichtathletik-Weltverband vergibt die WM 2021 ohne Bewerbungsverfahren kurzerhand in die US-Stadt Eugene. Beobachter reagieren verwundert, scharfe Kritik kommt aus den europäschen Verbänden.

Von johannes knuth, München

An der amerikanischen Westküste war es tiefe Nacht, als der Welt-Leichtathletikverband IAAF am Donnerstag bei seiner Council-Tagung in Peking Überraschendes verkündete: Die Leichtathletik-WM 2021 findet in Eugene/US-Bundesstaat Oregon statt. "Tracktown" nennen sie dort ihre kleine, leichtathletikbegeisterte Stadt. Es war eine bemerkenswerte Entscheidung, in vielerlei Hinsicht.

Historisch, weil zum ersten Mal überhaupt eine Freiluft-WM in den USA ausgetragen wird. Sportpolitisch, weil die IAAF darauf verzichtete, ein Bewerberverfahren zu eröffnen. Eugene hatte sich erst im vergangenen November um die WM 2019 beworben - und gegen Doha knapp verloren. Die IAAF bemängelte damals das kleine Stadion, fehlende Garantien von Politik, Wirtschaft und TV-Anstalten. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Der scheidende Präsident Lamine Diack betonte am Donnerstag dann plötzlich "die einmalige Gelegenheit", die sein Verband hätte wahrnehmen müssen: Eugene genieße Unterstützung von Wirtschaft, Politik und des nationalen olympischen Komitees. Wichtiger war vermutlich der Umstand, dass die Amerikaner im Stillen lobbyiert hatten, diesmal keinen Gegner fürchten mussten, der in letzter Sekunde ein 30 Millionen schweres Sponsorenpaket schnürt, wie im Fall von Katars Hauptstadt Doha im November. Die IAAF, der für die Wahl des skandalumtosten Emirats viel Kritik widerfahren war, betrieb nun wohl Wiedergutmachung, die Amerikaner bringen ja seit Jahrzehnten charismatische Sportler hervor, mit der die IAAF ihren Sport vermarkten kann. Wobei an Eugene fortan der Makel klebt, von einer heimlichen Vergabe profitiert zu haben. Kritik traf prompt aus Europa ein. "Das widerspricht dem Fairplay-Gedanken, der alle Bereiche unseres Sports abdecken sollte", sagte der schwedische Verbandschef Björn Eriksson. Die Schweden hatten sich ursprünglich mit Göteborg bewerben wollen. Helmut Digel, im IAAF-Council zuständig für das Ressort Marketing und Fernsehen, sagte der SZ: "Zu dieser Entscheidung gebe ich keinen Kommentar ab."

© SZ vom 17.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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