Kommentar:Weihnachtsente mit üblem Beigeschmack

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Investor und Präsident von Türkgücü München: Hasan Kivran. (Foto: Eduard Martin/Jan Huebner/imago)

Investor Hasan Kivran vollzieht bei Türkgücü München den Rücktritt vom Rücktritt. Sein Gebaren verhöhnt die eigenen Arbeitnehmer, die glauben mussten, bald arbeitslos zu sein.

Von Christoph Leischwitz

16 Tage liegen zwischen dem angekündigten Rücktritt und dem Rücktritt vom Rücktritt. In einer Zeit, in der gar kein Fußball gespielt wurde. War der Investor und Präsident Hasan Kivran eigentlich wirklich weg von Türkgücü? Und: Was soll das? Verspielt da nicht jemand, der schon die Stadt München, den Bayerischen Fußball-Verband, den Deutschen Fußball-Bund, einen Ex-Trainer und zahllose Spieler vor den Kopf gestoßen hat, gerade seinen letzten Rest an Glaubwürdigkeit?

Kivran mag Gründe gehabt haben für seine Weihnachtsente. Er wird es freilich für sich behalten: ob er im Affekt handelte; ob er also wirklich keine Lust mehr hatte, so viel Geld in den Verein zu pumpen. Ob er schlicht die Peinlichkeit kaschieren wollte, einen überteuerten, aufgeblähten Kader zusammengekauft zu haben, um jetzt unter dem Deckmantel Geldnot Spieler loszuwerden (was gerade ja auch passiert). Ob er gar plant oder zumindest darüber nachdachte, beim KFC Uerdingen einzusteigen - ein Gerücht, das sich übrigens noch hält. Was auch immer es war: Es gibt kein Anzeichen, das Hoffnung macht, dass beim Münchner Drittligisten ab sofort seriös und nachhaltig gearbeitet werden kann.

Kivran scheint süchtig nach Aufmerksamkeit zu sein - die hat er wieder einmal erhalten. Doch nun ist sogar aus dem Verein ein böser Verdacht zu hören: Der Investor habe den Rückzug auch deshalb per Paukenschlag angekündigt, um im Nachhall einen Nachfolger zu finden. Normal wäre: zuerst die finanzielle Zukunft des Vereins sichern, dann verabschieden.

Dieses Gebaren verhöhnt die eigenen Arbeitnehmer, die an Weihnachten glauben mussten, bald arbeitslos zu sein. Dass der Verein seitdem Fußballer ohne deren Wissen bei anderen Klubs anbietet, zeigt nur, dass sich nichts geändert hat. Kivran blieb stets der Spielmacher: Er spielt mit der Angst der Mitarbeiter, ihren Job zu verlieren. Bleibt die Frage, ob die Fußballbranche bei solchen One-man-shows weiter kommentarlos zusehen will. Solange Berater und Spieler Vereinen wie Türkgücü weiter zuliefern und dort gerne die Hand aufhalten, lautet die Antwort wohl: ja.

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