IOC-Vize Thomas Bach:Termin bei Siemens

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Rund um den Beratervertrag von Thomas Bach bei Siemens gibt es weiter Diskussionen: Der Konzern setzt die Zahlungen an den mächtigsten deutschen Sportfunktionär aus.

Thomas Kistner und Klaus Ott

Thomas Bach ist viel unterwegs, quer durch die ganze Welt. Als Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) muss er sich um Sommer- und Winterspiele kümmern, als Chef des deutschen Sports um die Münchner Bewerbung für die Winterspiele 2018. Als Wirtschaftsanwalt nimmt er die Interessen seiner Mandanten wahr, beispielsweise die von Siemens. Dort hat er einen hoch dotierten Beratervertrag (die SZ berichtete). Für den Technologie-Konzern ist er nach eigenen Angaben vor allem im arabischen Raum tätig, dort stellt er Kontakte zu hochrangigen Vertretern von Regierungen und Parlamenten her.

Die Zahlungen von Siemens an Thomas Bach werden ausgesetzt. (Foto: Foto: Reuters)

Demnächst hat Bach einen Termin bei Siemens, der bislang nicht geplant war. Der Wirtschaftsanwalt und der Konzern haben ein Gespräch mit der Abteilung Compliance vereinbart. Das ist jene Abteilung, die dafür sorgen soll, dass im Unternehmen alles mit rechten Dingen zugeht. Wegen der Korruptionsaffäre und deren vielen Ausläufern haben Compliance-Chef Andreas Pohlmann und seine Leute besonders viel Arbeit. Das Gespräch mit Bach hat nach dessen Angaben mit der Affäre aber nichts zu tun.

Bach teilte der Süddeutschen Zeitung mit, er sei von Siemens darüber unterrichtet worden, dass der Konzern den Beratervertrag "unternehmensintern und aus formellen Gründen" noch einmal überprüfen wolle. Er sei davon ausgegangen, dass diese Überprüfung schon im vergangenen Jahr erfolgt und ohne Beanstandungen abgeschlossen worden sei; zumal damals die Zahlungen an ihn zwei Monate lang ausgesetzt und dann wieder aufgenommen worden seien. Über seinen Anwalt erklärte Bach nun weiter, für die Dauer der aus seiner Sicht nochmaligen Überprüfung des Beratervertrags "werden die Zahlungen wiederum ausgesetzt". Das geschehe einvernehmlich und der Praxis bei Siemens folgend. Ihm sei von Compliance bestätigt worden, dass in seinem Fall kein Verdacht von Unregelmäßigkeiten bestehe, so Bach.

Der Beratervertrag mit dem Wirtschaftsanwalt, einem der mächtigsten Funktionäre im deutschen und globalen Sport, soll seit Anfang des Jahrzehnts bestehen und anfangs mit 400.000 Mark im Jahr dotiert gewesen sein. Dieser Betrag soll sich im Laufe der Jahre und der Dienstleistungen deutlich erhöht haben. Bach bittet um Verständnis, dass er sich nicht zur Höhe der Vergütung äußern will.

"Üblicher Vorgang"

Das Honorar entspreche dem "Umfang und der wirtschaftlichen Bedeutung seiner Tätigkeit". Der bestehende Vertrag stammt nach seinen Angaben aus dem Jahr 2004 und wurde nach seiner Kenntnis vor dem 31. März 2007 vom damaligen Vorstand verlängert. Darüber habe damals wegen einer vertraglichen Verlängerungsklausel entschieden werden müssen. Aus seiner Sicht, so Bach, habe es sich um einen "üblichen Vorgang" gehandelt.

Nach Darstellung von Siemens ist das, was seit dem vergangenen Jahr intern im Konzern mit dem Beratervertrag geschehen ist, indes eher unüblich, um nicht zu sagen ungewöhnlich. Nach Beginn der Affäre um schwarze Kassen und Schmiergeldzahlungen im November 2006 verfügte der Aufsichtsrat, dass alle Beraterverträge zu überprüfen seien. Das galt ausnahmlos, also auch für das jetzt bekannt gewordene Abkommen mit Bach.

Was dann aber nach Angaben eines Konzernsprechers geschehen sein soll, klingt rätselhaft: Intern habe man Hinweise darauf, dass dieses Abkommen bei der im vergangenen Jahr angelaufenen und inzwischen weitgehend abgeschlossenen, unternehmensinternen Sichtung der Beraterverträge nicht abschließend untersucht worden sei. Dies sei "auf Veranlassung eines damaligen Vorstandes" geschehen, so hatte ein Siemens-Sprecher am vergangenen Sonntag auf Anfrage der SZ mitgeteilt. Der Sprecher erklärte ausdrücklich, "der Vertrag mit Herrn Bach ist - im Gegensatz zu anderen Beraterabkommen - also noch nicht abschließend geprüft worden." Später fügte der Konzernsprecher hinzu, man habe keinerlei Anlass für den Verdacht von Unregelmäßigkeiten.

Und noch etwas sagte der Siemens-Sprecher: "Die heutige Unternehmensführung hat erst in den vergangenen Tagen von diesem Beratervertrag Kenntnis erhalten." Aus Konzernkreisen verlautet, der seit Mitte 2007 amtierende Vorstandschef Peter Löscher habe erst kürzlich erfahren, dass einer der ranghöchsten Funktionäre des Weltsports in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsanwalt bei Siemens unter Vertrag steht.

Zwischen den Fronten?

Nur durch einen Zufall soll Löscher das hoch dotierte Abkommen bekannt geworden sein. Aus der Münchner Siemens-Zentrale heißt es, als dort ein leitender Angestellter in Ruhestand gegangen sei und seinem Nachfolger die Akten übergeben habe, sei darunter auch der Bach-Vertrag gewesen. Der Nachfolger habe daraufhin die Konzernleitung informiert. Offiziell wollte sich Siemens nicht mehr dazu äußern.

Ist Bach bei Siemens zwischen die Fronten geraten, zwischen den alten Vorstand um den langjährigen Konzernchef Heinrich von Pierer und das neue Management um Löscher, warum auch immer? Bach sagt dazu, er könne zu möglichen Siemens-internen Vorgängen und etwaigen Auseinandersetzungen zwischen "alten" und "neuen" Vorstandsmitgliedern nicht Stellung beziehen. Insoweit fehle ihm schlicht die Sachkenntnis. Er erwarte jedoch, aus etwaigen Auseinandersetzungen dieser Art herausgehalten zu werden - auch in den Medien.

© SZ vom 24.04.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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