Ingolstadt:Weißwursthunger und fieser Fußball

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Stopp! Die Ingolstädter Defensive ging mit Leipzig (hier Timo Werner) schonungslos um. (Foto: Robert Michael/AFP)

Ausgerechnet mit jenem kratzbürstigen Fußball, den einst Leipzigs Trainer Hasenhüttl lehrte, ertrotzt sich Ingolstadt neue Hoffnung.

Die Emotionen im Gesicht von Markus Suttner waren schwer zu deuten. Der Verteidiger des FC Ingolstadt sah nicht traurig aus, das nicht. Doch er lachte auch nicht. Wobei es zuvor wohl das Ziel dieses Auftritts der Ingolstädter am Samstagnachmittag gewesen war, schlechte Laune zu verbreiten: "Wir wussten", sagte Suttner, "wir müssen ihnen die Freude nehmen." Und das hatte auch nicht besonders viel Spaß gemacht, obwohl es dem FCI beim torlosen 0:0 gelungen war.

Es ist müßig, die Comeback-Geschichte der Ingolstädter im Tabellenkeller Woche für Woche neu zu erzählen, denn die gesamte Rückrunde ist ja eine einzige Comeback-Geschichte. Längst für abgestiegen erklärt, hatte die Mannschaft von Trainer Maik Walpurgis vor zwei Wochen in Wolfsburg erstmals die Chance, die Abstiegsplätze zu verlassen. Doch Ingolstadt verlor - und war nach allgemeinem Dafürhalten erneut quasi abgestiegen. Und nun, nach dem überraschenden 0:0 beim Tabellenzweiten Leipzig, ist der Relegationsrang 16 wieder in Reichweite, der Abstand beträgt drei Spiele vor Saisonende vier Zähler. "Heute ging es nur darum, zu punkten", sagte Walpurgis nüchtern. Der Ostwestfale, das muss man wissen, neigt nicht unbedingt zu großen Emotionen.

Dabei hatte das sehr biedere Spiel ja durchaus ein paar Pointen zu bieten. Die erste und über die südlichen Grenzen Ingolstadts hinaus wichtigste war die, dass Ingolstadt dem FC Bayern mit dem Unentschieden zum vorzeitigen Gewinn des Meistertitels verhalf. Bereits in der Hinrunde hatte Ingolstadt den Münchnern geholfen, indem der FCI als erster Bundesligist den damaligen Tabellenführer Leipzig mit 1:0 geschlagen hatte. Karl-Heinz Rummenigge servierte damals zum Dank Weißwürste in Ingolstadt. "Die haben natürlich gut geschmeckt", sagte Walpurgis. Er wird demnächst höchstwahrscheinlich noch mal welche zugeschickt bekommen.

Die zweite Pointe hatte mit dem Trainer der Leipziger zu tun. Ralph Hasenhüttl war vor einem Jahr noch Trainer in Ingolstadt und hatte dort mit fiesem Fußball den Klassenverbleib geschafft. Und als hätten die Spieler ihrem alten Übungsleiter noch mal zeigen wollen, dass sie sich an seine Anleitungen noch erinnern können, spielten sie in Leipzig so kratzbürstig wie eh und je: Sie verhinderten mehr als sie kreierten, foulten, verzögerten, reklamierten.

Vier gelbe Karten und eine gelb-rote für Alfredo Morales waren der Arbeits-Nachweis für die Ingolstädter. Hasenhüttl, im Gegensatz zu seinem Kollegen ein Trainer mit Hang zur emotionalen Reaktion, sagte hinterher beleidigt zum Ingolstädter Erfolg mit den von ihm eingeführten Methoden: "Das ist vielleicht die Rache dafür."

Yussuf Poulsen fällt wie ein Laiendarsteller

Wobei sich seine Spieler streng genommen nicht großartig von den Ingolstädtern unterschieden: Sie bemühten sich zwar um Spielkultur, dafür reklamierten und schauspielerten sie noch ein bisschen mehr. Stürmer Yussuf Poulsen zum Beispiel ließ sich nach einer Berührung seines Gegenspielers Morales fallen, als wäre er ein Laiendarsteller in einem billig produzierten Box-Film. Und als wäre das nicht genug, hatten die Zuschauer danach die abwegige Idee, den fehlerfreien Schiedsrichter Daniel Siebert Schieber zu schimpfen.

Falls jemand eine Gelegenheit suchte, um sich das Fußballschauen abgewöhnen zu können, dann war er in Leipzig am Samstag sicherlich nicht falsch. Den Leipzigern das Spiel zu vermiesen, das war ja der Plan gewesen, wie Suttner verriet. Freude hatten daran höchstens die 1000 Ingolstädter Anhänger in Leipzig, sie können nun am kommenden Samstag gegen Leverkusen wieder mal ein Endspiel inszenieren - das 15. im 15. Rückrundenspiel.

© SZ vom 02.05.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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