Hannover 96:Fondue in Gefahr

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Hey, Coach, gib uns bitte frei! Felipe, Hannovers Torschütze zum 1:1, grüßt Trainer Breitenreiter. (Foto: Jan Huebner/imago)

Nach dem 1:1 in Freiburg bleibt bei Hannover 96 die Drohung des Trainers im Raum, den Weihnachtsurlaub zu streichen. Nur ein Sieg gegen Düsseldorf sichert die Ferien.

Von Christoph Ruf, Hannover

André Breitenreiter wurde am Mittwochabend schnell von seinen eigenen Drohungen eingeholt. Zu gerne hätte er über den in der Tat sehr ordentlichen Auftritt von Hannover 96 beim 1:1 (1:1) gegen konfuse Freiburger gesprochen. Und zu gerne hätte er ausgeführt, warum nicht nur der eine Punkt, sondern auch die Leistung neue Hoffnung auf ein gutes Ende dieser für sein Team so komplizierten Saison macht. Doch die Journalisten wollten vor allem hören, wie hoch denn nun die Wahrscheinlichkeit sei, dass alle 96-Spieler den Heiligabend tatsächlich in Hannover verbringen müssen. Genau das hat Breitenreiter ja für den Fall angekündigt, dass der Tabellenletzte aus den beiden letzten Spielen 2018 gegen Freiburg und Düsseldorf weniger als vier Punkte holen sollte.

Im Hause Schwegler, das hatte Familienmitglied Pirmin vor dem Spiel treuherzig berichtet, herrscht jedenfalls daher große Sorge, dass das weihnachtliche Fondue im Kanton Luzern ohne den prominenten Sohnemann verzehrt werden muss. Mittelfeldmann Walace dürfte sich fragen - falls er nach brasilianischem Gewohnheitsrecht geplant hat, den Weihnachtsurlaub im Januar um ein paar Tage zu verlängern -, wie das dann gehen soll, wenn der strenge Trainer ihn erst gar nicht erst in den Flieger gen Südamerika steigen lässt.

Entwarnung gab es jedenfalls nicht nach einem Spiel, bei dem es nicht die Hannoveraner, sondern die Freiburger waren, die wie ein Abstiegskandidat gespielt hatten. Doch wer wollte, konnte erste Anzeichen vorweihnachtlicher Gnade aus Breitenreiters Worten heraushören. Die Chancen auf Heimaturlaub hätten sich "nicht verschlechtert", sagte der 96-Coach, schob aber pflichtgemäß nach, dass "das nur Schritt eins von zweien" gewesen und er "nicht verhandlungsbereit" sei. Sprich: Ohne einen Sieg am Samstag gegen Düsseldorf wird bereits während der Weihnachtsfeiertage wieder in Hannover trainiert.

Zweites Thema wäre die Causa Niclas Füllkrug. Hannover musste in Freiburg auf den Stürmer verzichten, weil der über Knieschmerzen geklagt hatte. Im Gelenk wurden Wasserablagerungen diagnostiziert. "Es gibt keinen Raum für Spekulationen, dass das andere Gründe hatte", betonte Breitenreiter, der seinen Stürmer unter der Woche öffentlich kritisiert hatte. Dass Füllkrug im Training Zuspiele von Mitspielern kritisiert, selbst aber im Spiel zuvor eine miserable Zweikampfquote hatte, missfiel Breitenreiter enorm. Ohne Wasser im Knie hätte er allerdings wohl dennoch gespielt. Im Abstiegskampf müssen Disziplinarmaßnahmen wohldosiert sein.

Eigentlich spielt Freiburg wie ein Abstiegskandidat - und verpasst erneut einen Befreiungsschlag

Das Abstiegskampfspiel von 96 gegen jene Düsseldorfer, die zuletzt zwei Heimsiege schafften, ist am Samstag nur eines von drei relevanten Kellerduellen kurz vor Heiligabend: Stuttgart (16.) trifft parallel auf Schalke (14.), Nürnberg (18.) erwartet Freiburg (12.). Kein Wunder also, dass SC-Torjäger Nils Petersen nach zwei verpassten Befreiungsschlägen der Freiburger gegen direkte Konkurrenten (vor dem 1:1 gegen Hannover gab es das 0:2 in Düsseldorf) sich lieber gleich der dritten Chance zuwandte: "Wir müssen uns das heute ein bisschen schönreden, denn in drei Tagen brauchen wir wieder Selbstbewusstsein."

Das wird tatsächlich nötig sein, denn Freiburgs Auftritt gegen den Tabellenletzten war fahrig und spielerisch bedenklich. Dem SC nutzte da auch das frühe Elfmetertor zum 1:0 (Luca Waldschmidt/3.) nichts, bis zum Schlusspfiff reihte sich Fehlpass an Fehlpass. Und zu allem Unglück schoss Felipe auch noch ein Gegentor (14.), wie es der SC derzeit dauernd bekommt: nach einer Ecke, wie bereits bei beiden Treffern in Düsseldorf. Freiburgs Trainer Christian Streich beorderte sein Team deshalb unmittelbar nach Schlusspfiff in die Kabine und versuchte, Mut zu spenden.

"Wenn wir mit zwei Pässen in den Spielfluss kamen, war der dritte heute ungenau", wusste Streich, "aber wir haben gefightet und dagegengearbeitet. Man kann nicht immer brillieren." Bleibt allerdings die Frage, wo genau dieser SC Freiburg eigentlich steht: Sind souverän herausgespielte Siege gegen starke Teams wie Wolfsburg, Gladbach, Schalke oder Leipzig der wahre Gradmesser? Oder doch die verdienten Niederlagen gegen Augsburg oder Düsseldorf? Oder jetzt ein Unentschieden gegen Hannover, bei dem der Ligaletzte das bessere Team war? Sieben Punkte liegt Freiburg immer noch vor Nürnberg. Aber nichts könnte der SC weniger gebrauchen, als wenn der Abstand noch vor Weihnachten auf vier Punkte schrumpfen sollte.

© SZ vom 21.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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