Handball-WM der Frauen:Ab jetzt nur noch Endspiele

Lesezeit: 3 min

Achtung, wir kommen! Die deutschen Handballerinnen Emily Bölk (vorne) und Julia Behnke (links) feiern den gelungenen Turnierauftakt. (Foto: Marco Wolf/dpa)

Die deutsche Auswahl startet vielversprechend in die Weltmeisterschaft in Japan. Doch nach den Auftakterfolgen über Brasilien und Australien warten nun schwerere Gegner auf das Team.

Von Ulrich Hartmann, Yamaga/München

Ihren Frankreich-Schock haben die deutschen Fußballer nicht exklusiv. Bei der Europameisterschaft im kommenden Sommer treffen die Spieler von Joachim Löw bekanntlich schon in der Vorrunde auf den Weltmeister Frankreich, das ergab soeben die Auslosung. Genauso war es den deutschen Handballerinnen vor ihrer Weltmeisterschaft in Japan ergangen. Als klar war, dass sie schon in der Vorrundengruppe auf den aktuellen Welt- und Europameister treffen, war der Schreck groß - und nach dem ersten WM-Wochenende ist die Überraschung nun noch viel größer.

Während die deutschen Handballerinnen mit einem 30:24 gegen Brasilien und einem 34:8 gegen das zweitklassige Australien pflichtgemäß und sogar sehr ordentlich in diese Weltmeisterschaft gestartet sind, haben die zum Favoritenkreis gezählten Französinnen gegen Südkorea 27:29 verloren und gegen Brasilien nur unentschieden gespielt, 19:19. Diese beiden Ergebnisse könnten am Ende irrelevant sein, wenn Frankreich alle weiteren Partien gewinnt, in die Zwischenrunde einzieht und die Auftaktresultate vergessen darf. Möglicherweise bedeuten die Ergebnisse aber auch, dass Frankreich in diesem Jahr doch nicht zu den Favoriten gehört. Den deutschen Spielerinnen wäre das nur recht.

Vertrauensbeweis für den Trainer: Der DHB verlängert Groeners Vertrag schon vor Turnierbeginn

Sie sind zwar nach dem 26:26 von Südkorea und Dänemark als einziges Team in der Gruppe B noch ohne Verlustpunkt, werden es nach ihren Pflichtaufgaben zum Auftakt aber schon am Dienstag sehr viel schwerer haben, wenn sie auf Dänemark treffen. Am Mittwoch gegen Frankreich und am Freitag gegen Südkorea wird sich dann entscheiden, ob sie als eines der drei besten Teams ihrer Sechsergruppe in die Hauptrunde gelangen. "Ab jetzt haben wir nur noch Endspiele", sagt Bundestrainer Henk Groener. In der Hauptrunde ginge es dann genauso weiter: In einer neuerlichen Sechsergruppe müssten die deutschen Frauen zumindest Vierter werden, um wenigstens um den siebten Platz zu spielen, den sie mindestens brauchen, um im März an einem Olympia-Qualifikationsturnier teilnehmen zu dürfen. "Wir wollen in acht Monaten wieder nach Japan reisen", sagt Groener. Die Olympia-Teilnahme wäre für die deutschen Handballerinnen ein Karrierehöhepunkt. Letztmals waren sie 2008 in Peking bei Olympia dabei.

Der Weg nach Tokio ist also noch weit, obwohl die Mannschaft ja schon im Süden Japans angekommen ist. Die Leistungen in den ersten Spielen waren freilich vielversprechend. Brasilien und Australien gehören zwar nicht zur Weltspitze, aber auch gegen solche Gegner haben sich die Deutschen in den vergangenen Jahren immer mal wieder Ausrutscher erlaubt. Diesmal wirkt alles solider. Den Sieg gegen Brasilien sicherte mit 20 Paraden vor allem die Bietigheimer Torhüterin Dinah Eckerle, die damit kompensierte, dass ihre Kolleginnen im Angriff selbst 25 Torwürfe vergaben. Gegen Australien war der Erfolg nie in Gefahr. Ihr erstes Gegentor kassierte die DHB-Auswahl nach zehn Minuten zum 5:1. Zur Pause stand es 16:4. Groener nutzte die Partie, um allen Akteurinnen im Kader Spielpraxis zu gewähren.

Auffällig ist nach den ersten beiden Partien, dass die meisten deutschen Tore direkt vom Kreis aus gelangen. Die zentral am Kreis spielende Julia Behnke ist mit insgesamt zehn Treffern bislang die beste deutsche Torschützin, danach folgen mit neun und sechs Treffern die beiden Linksaußen Antje Lauenroth und Ina Großmann, über rechts erzielte Jenny Behrend gegen Australien fünf Treffer. Dass sich der deutsche Rückraum bislang zurückhaltend zeigt, könnte gegen die abwehrstarken und zupackenden Däninnen am Dienstag eine große Herausforderung werden.

Ungeachtet aller offenen Zukunftsfragen hat der Deutsche Handballbund (DHB) dem Bundestrainer Groener aber bereits das Vertrauen ausgesprochen. Als der 59-Jährige Anfang 2018 das Amt von seinem Vorgänger Michael Biegler übernahm, gab ihm der DHB zunächst nur einen Vertrag bis Ende August 2020, also bis kurz nach den Olympischen Spielen. Eineinhalb Jahre haben aber genügt, um zu erkennen, dass der Niederländer substanzielle Arbeit leistet. Der Verband verlängerte seinen Vertrag deshalb unmittelbar vor dem Turnierbeginn bis zum 31. Dezember 2021. Groener hatte die niederländischen Handballerinnen binnen sieben Jahren aus der internationalen Bedeutungslosigkeit bis ins olympische Halbfinale 2016 geführt. Von so etwas träumen sie auch im Deutschen Handballbund - und wenn noch nicht im kommenden Jahr in Tokio, dann vielleicht 2024 in Paris.

© SZ vom 02.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: