Handball:Das Silvesterrätsel

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Robust und treffsicher: Der Kieler Hendrik Pekeler (re.). (Foto: Frank Molter/dpa)

Das letzte Spitzenspiel des Jahres hat kaum Aufschlüsse für die WM gegeben: Die DHB-Kreisläufer sind in Bestform. Die Frage ist, wer sie ins Spiel bringen soll.

Von Jörg Marwedel, Kiel

Die "brennende Hütte" hat wohl auch einen Beitrag geleistet beim knappen 31:28-Sieg des THW Kiel. Das glaubte zumindest Andy Schmid, Kapitän der untergelegenen Handballer der Rhein Neckar Löwen, und meinte die aufgeheizte Atmosphäre der Arena in Kiel. Ein "Weltklassespiel" hatte Kiels Sportlicher Leiter Viktor Szilagyi gesehen, ein Duell, in dem sich die Spieler fast an die Gurgel gingen, um ihre Chance zu wahren, Tabellenführer Flensburg-Handewitt vielleicht doch noch abzufangen. Erster Verfolger bleibt Kiel, das nach dem 15. Sieg in Serie vier Punkte Rückstand hat, bei den Löwen sind es sieben Zähler. Über den Titel 2019 wird wohl wieder in Schleswig-Holstein entschieden.

Was aber bedeutete dieses letzte Bundesliga-Spitzenspiel vor der Weltmeisterschaft für Bundestrainer Christian Prokop, der das DHB-Team am Freitag im Sporthotel Fuchsbachtal in Barsinghausen zum Kurzlehrgang bis Sonntag versammelte? Nicht viel. Ein entscheidender Profi in dieser Partie war THW-Keeper Niklas Landin, ein Däne. Er parierte 14 Würfe. Der deutsche Nationaltorwart Andreas Wolff dagegen wurde nur einmal bei einem Siebenmeter aktiv, den er sogar hielt. Ansonsten war Wolff vor allem dazu da, dem Kollegen ein paar anerkennende Klapse auf die Schulter zu geben und später ermunternde Sätze zur bevorstehenden WM zu formulieren. Etwa, dass man wieder so eine Welle erwischen müsse wie 2016, als die Mannschaft Europameister wurde.

Nicht verborgen blieb in diesem umkämpften Spiel, in dem die Mannheimer nach zwanzig Minuten 12:9 führten, dass die Deutschen über überdurchschnittliche Kreisläufer verfügen: Bei den Löwen war es der athletische Jannik Kohlbacher, der gleich zwei Zeitstrafen für sein körperliches Spiel kassierte; bei den Kielern waren es Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler, der auch das letzte Tor gegen sein ehemaliges Team warf. Aber wer setzt die Kreisläufer im deutschen Team ein? Bei Kiel zogen der kleine Slowene Miha Zarabec, der größere Kroate Domagoj Duvnjak und der norwegische Linkshänder Harald Reinkind, der gegen seine früheren Kollegen sogar sieben Tore beisteuerte, das Spiel auf. Beim Meister Flensburg ist der 35-jährige Weltmeister von 2007, Holger Glandorf, zurückgetreten. Und die im DHB-Aufgebot stehenden Kandidaten Steffen Weinhold (Kiel) und Steffen Fäth (Löwen) saßen am Donnerstagabend 60 Minuten lang auf der Bank. Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen traute Fäth, der zuletzt krank war, den Einsatz in der richtungsweisenden Partie nicht zu. Sein Kieler Kollege Alfred Gislason konnte es sich dank des größeren Kaders leisten, den kürzlich angeschlagenen Weinhold noch zu schonen.

Einen Vorteil haben zumindest die vier Kieler Nationalspieler, glaubt Pekeler. Denn der THW habe neun Spiele weniger in den Knochen als die in der Champions League geforderten Löwen. Pekeler fühlt sich "recht ausgeruht", teilte er mit, zumal Kiel im Dezember 16 Tage am Stück nicht spielen musste. Dagegen machte DHB-Rechtsaußen Patrick Groetzki seinem Ärger über den Spielplan Luft: Es sei "nicht mehr viel im Tank drin", ereiferte er sich. Die Weihnachtsspiele seien eine "Katastrophe", obwohl er die wirtschaftlichen Gründe kenne. Wie er den Tank wieder aufzufüllen gedenke, ließ er offen. Zum Beispiel könnte eine WM im eigenen Land genug Motivation sein, um doch mit Freude an diese Aufgabe heranzugehen.

Bundestrainer Prokop muss nach dem Kurzlehrgang noch zwei von 18 Spielern streichen. Nach einer kurzen Silvesterruhe trifft sich das Nationalteam am 2. Januar in Hamburg zum letzten Schliff. Zwei Testspiele sind noch angesetzt, am 4. Januar in Hannover gegen Tschechien, am 6. Januar in Kiel gegen Argentinien. Am 10. Januar startet die DHB-Auswahl in Berlin gegen Korea ins Turnier. Dabei wird es laut Prokop "auch wichtig sein, dass wir als Mannschaft zusammen lachen und mal Spaß haben". So lässt sich vielleicht sogar ein kreativer Rückraumspieler ersetzen. Zumindest ein bisschen.

© SZ vom 29.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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