Handball:Abschluss mit Fragen

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Vertragsende zum Saisonende: Ob Trainer Adalsteinn Eyjolfsson beim HC Erlangen bleibt, ist noch offen. (Foto: Andreas Gora/dpa)

Der HC Erlangen beschließt das Jahr mit einem 25:26 in Berlin - die Deutung der wechselhaften Vorrunde ist schwierig, aber entscheidend für die Planungen.

Von Sebastian Leisgang

Welche Vorsätze die Handballer des Bundesligisten HC Erlangen zum Jahreswechsel fassen, haben sie bislang nicht bekannt gegeben. Allerdings liegt es durchaus nahe, dass sich etwa Kreisläufer Petter Overby vornimmt, in der zweiten Saisonhälfte zumindest mal ein Spiel ohne Zeitstrafe auszukommen. Oder dass es Torwart Nikolas Katsigiannis für erstrebenswert hält, wenigstens gelegentlich ein Gesicht aufzusetzen, mit dem man guten Gewissens zu einem Vorstellungsgespräch erscheinen könnte. Oder auch: dass Trainer Adalsteinn Eyjolfsson das Interesse verfolgt, sich auch nach dieser Saison noch Erlanger Trainer nennen zu dürfen. Ob aber auch den Verantwortlichen der Sinn nach Letzterem steht, ist noch offen.

Das ist es, was den Klub an den letzten Tagen dieses Kalenderjahres umtreibt: Geschäftsführer René Selke und Sportdirektor Kevin Schmidt obliegt die Deutungshoheit der Vorrunde - und im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Gegenwart müssen sie die Frage beantworten, ob der durchaus ansprechende Schlussspurt trotz all der vorausgegangenen Niederlagen genügt, um den Lebensweg auch in Zukunft mit Eyjolfsson zu bestreiten.

Fünf Siege aus den letzten sechs Bundesligaspielen dieses Kalenderjahres: Trotz des jüngsten 25:26 (12:14) am Mittwochnachmittag bei den Füchsen Berlin hat Erlangen ein ziemlich entspanntes Weihnachtsfest hinter sich. Mit den Erfolgen der Vorwochen hat sich die Mannschaft binnen eines Monats wohl aller Sorgen entledigt. Da Eyjolfssons Vertrag zum Saisonende aber erlischt, ist noch ungewiss, wie lange er sich noch Erlanger Trainer nennen darf. Selke selbst will sich partout nicht zu Eyjolfssons Zukunft äußern. Er sagt nur: "Es kann sein, dass wir in absehbarer Zeit eine Entscheidung treffen. Ich werde aber keine Wasserstandsmeldungen abgeben."

So entlässt das Handballjahr den HC Erlangen mit einigen Fragen. Noch ist ja nicht mal klar, wer die Erlanger überhaupt sind. Sind sie diese Mannschaft, die im Laufe der Vorrunde lediglich die Pflichtaufgaben gelöst und nicht mal einen einzigen unerwarteten Sieg gegen die hochgehandelte Konkurrenz zustande gebracht hat? Sind sie also eine pflichtbewusste, im Status quo aber doch eher limitierte Mannschaft? Oder sind sie vielmehr diese Mannschaft, die gerade jetzt, nach etwas mehr als einem Jahr unter Eyjolfsson, beginnt, sich tatsächlich wie gewünscht an die hochgehandelte Konkurrenz heranzupirschen, auch wenn sie noch nicht 60 Minuten lang Schritt halten kann?

Für Geschäftsführer Selke ist angesichts von 16:22 Punkten zumindest klar: "Man darf nicht vergessen, dass wir eine lange Niederlagenserie hatten. Aber jetzt sind wir voll im Soll. Wir stehen im Mittelfeld der Tabelle. Das lässt uns positiv in die Zukunft schauen." Nur: In eine Zukunft mit Eyjolfsson?

Manchmal übertünchen Resultate den Blick für eine ausbleibende Entwicklung, doch in Erlangen haben sie in der jüngeren Vergangenheit stets den umgekehrten Fall beschrieben: dass also die bis Ende November enttäuschenden Resultate die Entwicklung übertüncht hätten. Tatsächlich hat Eyjolfsson die Mannschaft vorangebracht, sie ist gerade in der Deckung weitaus flexibler als vor seinem Amtsantritt. Seine Fach- und seine Sozialkompetenz stehen ebenso außer Frage. Und den Verantwortlichen ist auch nicht zu widersprechen, wenn sie Eyjolfsson mildernde Umstände zubilligen, da dieser Zeit seines Schaffens beim HC Erlangen im Grunde nie mit allen Spielern arbeiten konnte. Doch im professionellen Sport geht es so gut wie ausschließlich um Resultate. Zumindest hin und wieder sollte auch mal ein unerwarteter Sieg gelingen. Und es ist schlichtweg üblich, dass stets Spieler verletzungsbedingt außen vor sind.

Die Fortschritte der Mannschaft, ihr tatsächliches Leistungsvermögen und Eyjolfssons Zukunft: Zum Jahreswechsel sieht sich Erlangen mit einigen Unklarheiten konfrontiert. Davon, wie Selke und Schmidt all diese offenen Fragen beantworten, werden die Planungen des ambitionierten Klubs abhängen. Und irgendwann wird dann auch feststehen, ob sich Eyjolfsson auch nach dieser Saison noch Erlanger Trainer nennen darf - oder ob bald ein paar Vorstellungsgespräche in der HCE-Geschäftsstelle anberaumt werden müssen.

© SZ vom 28.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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