Golf:Olympia absagen? "War für mich nicht so schwierig"

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"Ich bin nicht Golfer geworden, um dem Golfsport zu helfen": der ehemalige Weltranglistenerste Rory McIlroy. (Foto: AFP)
  • Golfprofi Rory McIlroy verdeutlicht seine Geringschätzung der Spiele in Rio.
  • Die Sorge vor Zika entlarvt er indirekt als Ausrede.
  • Seine sportliche Entwicklung könnte ein Grund für McIlroys Aussagen sein.

Von Frieder Pfeiffer, Troon/München

Rory McIlroy stand im Bunker und verzweifelte. Der Nordire kennt die gemeinen Sandfallen der britischen Küstenplätze, fürs Training ließ er sich einst extra einen tiefen Bunker in den Garten bauen. Doch nun stand er wie ein Anfänger auf dem losen Untergrund. Fünf Schläge! Er brachte den Ball einfach nicht aus dem Hindernis. Als der Ball schließlich im sechsten Versuch den Weg aufs Grün gefunden hatte, sprang McIlroy aus dem Bunker und blickte pikiert hinunter auf diese Grube, die ihm gerade - Proberunde hin oder her - viel Kummer bereitet hatte.

Wenige Stunden später schaute er ähnlich unleidig vom Podium in den Presseraum. Diesmal blieb es nicht beim bösen Blick. Ob das Erlebnis im Sand schuld daran war, muss offen bleiben. In jedem Fall hatte der 27-Jährige vor dem Start der 145. British Open in Royal Troon/Schottland keine Lust mehr auf gute Miene und glattgebügelte Statements. McIlroy redete Klartext. Jordan Spieth, die Nummer drei der Welt, hatte seine Olympia-Absage Minuten vorher als die "schwierigste Entscheidung meines Lebens" bezeichnet. McIlroy, die Nummer vier, konterte: "Für mich war sie nicht so schwierig." Ja, er werde sich Olympia im Fernsehen anschauen. Golf aber eher nicht. "Nur das, was wichtig ist."

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Der 29-Jährige ist für die Rennen über 100 Meter, 200 Meter und die 4x100-Meter-Staffel vorgesehen. Tim Duncan beendet seine NBA-Karriere. Jordan Spieth verzichtet auf das olympische Golfturnier.

Der Treffer saß und ließ das Gerede über das Zika-Virus als das erscheinen, was es zu Teilen wohl auch ist: eine Ausrede, um das zu umgehen, was eben nicht so wichtig ist. Wenn die Sportchronisten irgendwann die Beziehung des Golfsports zu Olympia in ein kleines Kapitel pressen sollen, müssen sie nur die Mitschrift dieser Pressekonferenz herauskramen.

"Ich bin nicht Golfer geworden, um dem Golfsport zu helfen", sagte McIlroy, und an dieser Aussage lässt sich sein momentaner Gemütszustand wohl am ehesten ablesen. Noch im Frühjahr hatte er eben genau das behauptet: "Ich fühle die Verantwortung, dem Golfsport zu helfen." Auch wenn sich beide Aussagen gegenseitig nicht komplett ausschließen - es ist etwas passiert mit dem früheren Weltranglistenersten im ersten Halbjahr 2016, vielleicht früher. Und höchstwahrscheinlich hat es mit der sportlichen Entwicklung zu tun.

Vor zwei Jahren hatte McIlroy die Open Championship gewonnen, dem dritten Major-Sieg folgte einen Monat später der vierte bei der PGA Championship. McIlroy war 25, die Golfgemeinde hing sein Bild über den Altar, dorthin, wo zuvor Tiger Woods jahrelang auf die Konkurrenz - gerne böse - herunter geblickt hatte. Schon 2013 hatte Nike diesen Übergang eingeleitet und nach Woods auch McIlroy mit einem Multimillionenvertrag ausgestattet. Von 250 Millionen US-Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren war die Rede. McIlroy war die Nummer eins der Welt, auf allen Ebenen.

Dann kam Jordan Spieth 2015 und gewann zwei Majors, Jason Day legte einen Major-Sieg nach und entwickelte sich nicht nur laut Weltrangliste zum besten Golfer der Welt. An der Wand hing nun ein Gruppenbild, die "großen Drei" nannten sie das Trio. McIlroy war maximal ein Teil der Elite, auch weil es ab Mai 2015 keine Siege mehr gab. Die Szene wurde nervös. Was ist los mit Rory? Die Frage kam nun immer häufiger, McIlroy blieb geduldig, "schlechter Tag" sagte er dann nur.

Zu viel der Heldendämmerung

Beim Masters schoss er sich ausgerechnet an der Seite von Spieth mit einer schlechten Runde aus dem Turnier. Und seit Dustin Johnson im Juni die US Open gewann und auf Weltranglistenplatz zwei emporschoss, ist McIlroy nur noch einer von vier, wenn überhaupt. Das ist zu viel der Heldendämmerung. Also sorgte er für Sturm, dort, wo der Atlantik an Schottlands Westküste kracht. "Ich habe vier Majorsiege, da sollen noch ein paar dazukommen. So wie die anderen gerne mehr als ihre ein oder zwei hätten." Auch dieser Versuch eines Treffers war deutlich: Vergesst mich nicht, die Major-Rangliste unter den Besten führe ich noch an.

McIlroy wird ungeduldiger. Vor zwei Wochen stellte er den Schwung um, direkt vor dem so wichtigen Europa-Major wirkt das verzweifelt. McIlroy will zurückschlagen. "Von den Kursen der Open ist Royal Troon der, auf dem ich am besten gewinnen kann", sagt er, er weiß aber auch: "Ich muss aggressiver sein." Bisher ist ihm das schon gut gelungen.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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