Golf:Naturgewalt

Lesezeit: 2 min

"Ich kann meine Gefühle nicht abstellen. Ich bin kein Roboter": Golfprofi Jon Rahm aus Spanien. (Foto: Kamran Jebreili/AP)

Der Spanier Jon Rahm räumt beim Saisonfinale in Dubai ab. Um zum Kreis der ganz Großen zu gehören, fehlt dem 25-Jährigen aber noch ein Major-Sieg.

Von Gerald Kleffmann

Beim letzten Mal, als er sich etwas gegönnt habe, sagte Jon Rahm, habe er sich eine Xbox gekauft. Aber wenn ihm etwas einfalle, was er mit dem Geld anstelle, werde er Bescheid geben. Fast entschuldigend erklärte er, er mache eben "nichts Extravagantes, ehrlich. So bin ich nicht". Für ihn sei es wichtig, "dass sich meine Familie nie mehr um solche Probleme sorgen" müsse. Eines räumte Rahm indes ein: "Es ist ein ziemlich cooles Gefühl." Das kann man annehmen, wenn plötzlich fünf Millionen Dollar auf dem Konto landen. Drei Millionen für den Sieg beim Saisonfinalturnier in Dubai am Sonntag. Und weitere zwei Millionen, weil er 2019 die Wertung der Geldrangliste gewonnen hat. So irrwitzig funktioniert der globale Golfsport: Geld generiert noch mehr Geld.

Rahm, 25, der als Teenager ohne Englischkenntnisse in den US-Bundesstaat Arizona gezogen war, um Collegegolf zu spielen (er lebt heute noch dort, in Phoenix), staunte selbst, wie viel er schon verdient hat in seiner Karriere, mehr als 16 Millionen Dollar Preisgeld sind es. Und doch war es dem Spanier wichtig zu betonen: Das Monetäre sei nicht sein Motor. "Ich habe da nicht mal drüber nachgedacht", sagte er zu der Aussicht, in Dubai abräumen zu können. Das kann man ihm wohl abnehmen. Rahm ist ein derart ehrgeiziger Spieler, dass er unbedingt immer gewinnen will. Entsprechend oft braust sein Temperament auf, wie er selbst heiter gestand. "Ich kann meine Gefühle nicht abstellen", betonte er, "ich bin kein Roboter." Für seine Emotionen ist er fürwahr bekannt, aber nun möchte Rahm den nächsten Schritt schaffen: den von einem Spieler, den viele schätzen, auch in den USA, hin zu einem, der es in die Geschichtsbücher seines Sports schafft. In Dubai hat er diesbezüglich einen Erfolg verbucht: Vor ihm hatte nur ein Spanier jemals die Gesamtwertung der European Tour gewonnen - Seve Ballesteros (1991), der 2011 starb und schon zu Lebzeiten als Legende galt.

Mit seinem prominenten Vorgänger, den er bewundert, verbindet Rahm einiges, etwa seine Naturgewalt auf dem Platz, die sich bei ihm in unglaublichen Schlagweiten ausdrückt. "Er war wie ein Bomber unterwegs", zollte Mike Loranzo-Vera seinen Respekt; der Franzose war in Dubai Dritter geworden, knapp hinter dem zweitplatzierten Engländer Tommy Fleetwood. Diesmal blieb Rahm ruhig bis zum Ende, auch weil er sich mit einem Trick half, der viel über seine Ansprüche verriet. Als am Sonntag die letzten drei Bahnen anstanden, dachte er an Jack Nicklaus, den erfolgreichsten Major-Golfer der Historie mit 18 Titeln, wie der sich vor dem Sieg bei der British Open 1966 selbst in einer ähnlichen Lage geholfen hatte: "Wenn du 3, 4, 4 spielst, gewinnst du" - das waren Nicklaus' Worte. Rahm dachte an die Episode und spielte 4, 3, 4 - Par, Par, Birdie. Das reichte.

Um endgültig zur Liga der Großen zu gehören, benötigt Rahm jedoch einen Major-Sieg, den er bisher oft knapp verpasste. Er könnte über dieses Ziel reden, sagte Rahm, wolle aber erst mal das Thema wegschieben. Wichtiges stehe an - er heirate bald.

© SZ vom 27.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: