Golf:Der 60-Jährige zeigt es der Jugend

Lesezeit: 3 min

Bernhard Langer ist 42 Jahre nach seiner ersten British-Open-Teilnahme bester Deutscher im Feld.

Von Gerald Kleffmann, Carnoustie/München

"Ob ich zufrieden bin?" Bernhard Langer wiederholte die Frage, die ihm am Freitag gestellt wurde. Er hatte gerade den Cut geschafft, als das Feld mit 156 Teilnehmern um die Hälfte reduziert worden war. Er durfte am Samstag und Sonntag bei The Open Championship, in Deutschland bekannt als British Open, die dritte und vierte Runde bestreiten. Es ist das ältestes Golfturnier der Welt, 1860 fand es erstmals statt. Es ist das wichtigste Turnier in Europa und zählt zu den vier Majors, neben dem Masters, der US Open und der PGA Championship. Langer antwortete so: "Ich war nicht zufrieden damit, wie ich den Ball traf." Das Putten sei "gut" gewesen. Aber mit dem Schwung, nein, mit dem habe er sich nicht "ganz wohl gefühlt". "Ich habe mit Willi, meinem Coach, die letzten zwei, drei Tage telefoniert", er meinte Willi Hofmann, den Veteranen mit dem Pepitahut, "ich versuche immer ein paar Dinge zu ändern. Aber das ist nicht so leicht mitten in einer Runde."

Langer hatte sich als einziger deutscher Golfprofi in Carnoustie fürs Wochenende qualifiziert. Er ist 60 Jahre alt. Er spielte seine erste British Open, die jedes Jahr im Juli an wechselnden Orten ausgetragen wird, vor unglaublichen 42 Jahren, 1976 in Royal Birkdale (er verpasste den Cut). Wer eine Vorstellung gewinnen will, wie das möglich ist, über diesen Zeitraum so einzigartig zu sein und es noch den deutschen Kollegen zu zeigen, die halb so alt sind und rauf und runter gefördert wurden, fand eine Erklärung in Langers Worten. Er nimmt seine Aufgabe so ernst wie zu Beginn der Karriere, wie nach seinen Masters-Erfolgen (1985/1993), wie nach seinen neun Major-Gewinnen auf der US-Seniorentour. Langer arbeitet und hinterfragt sich und setzt sich mit seinen Aufgaben auseinander, als müsste er etwas beweisen. Langer wird gern als Perfektionist dargestellt, aber er widerspricht: "Ich weiß, ich werde nie perfekt sein", sagte er, es klang fast enttäuscht, "keiner war je perfekt." Sein Ansatz sei ein anderer: "Ich versuche einfach, schlau zu spielen." Also spielt er schlau.

„Ich weiß, ich werde nie perfekt sein. Keiner war je perfekt“, sagte Bernhard Langer in Carnoustie: „Ich versuche einfach, schlau zu spielen.“ (Foto: Harry How/Getty Images)

In Carnoustie, einem kleinen Ort an der schottischen Ostküste nördlich von Dundee gelegen, ist ihm das wieder in dieser Langer-Manier gelungen, die die Branche verblüfft. Er startete mit einer 73er Runde (zwei über Par/+2), eine 71 folgte, er lag sicher im Cut von +3. Gescheitert war der einzige weitere Deutsche, der partizipieren durfte. Martin Kaymer, 33, missriet die zweite Runde (71+75/+4), der Trend setzt sich für den Rheinländer fort, dass er nach einer Handgelenksverletzung im Frühjahr mit der Form zu kämpfen hat. "Ich fühle mich gut, ich kann auch alle Schläge, aber die Konzentration ist dann zwischendurch weg und der Körper ist müde", gestand Kaymer dem Sportinformationsdienst (SID). Auch frei am Wochenende hatten: Dustin Johnson, 34, und Justin Thomas, 25, Erster und Zweiter der Weltrangliste, Jon Rahm, 23, Fünfter, Major-Champions wie Sergio Garcia, Bubba Watson, Ernie Els.

Als Langer, als Seniors-British-Open-Sieger 2017 nun startberechtigt gewesen, am Samstag mit Rafael Cabrero Bello im Flight spielte, brauchte er acht Schläge weniger als die Nummer 25 der Welt. Der Spanier ist 34. Wieso er solche Kollegen derart distanzierte, nicht zum ersten Mal, seitdem er mit 50 Jahren auf die Champions Tour gewechselt ist und nur gelegentlich bei den Haupt-Majors antritt, weiß Langer einzuordnen. "Das geht wirklich nur im Golf", sagte er, "im Tennis oder Fußball kannst du das nicht machen. Da geht es zu sehr um die Physis. Im Golf geht es um Technik, mentale Stärke, Konstanz. Es ist sehr strategisch." Langer ist der Oberstratege und immer noch im Dienst. Die Bälle weiter hauen, das kann er nicht, gegen die Kräfte der Jugend hat er keine Chance. Auf langen Plätzen, auf denen es um Schlaglänge geht, tut er sich schwer. Aber auf Plätzen, die Köpfchen verlangen, weil sie verwinkelter, welliger, windiger sind, hat er die Mittel, um sich zu behaupten. Über den Kurs in Carnoustie, gespickt mit harten Bahnen, Bunkern, Bächen, sagte Langer: "Er ist sehr, sehr tricky." Er hätte sagen können: Der Kurs ist für mich geschaffen. Wie der beim Masters in Augusta. Er hat dort nicht zufällig triumphiert. Bei der British Open war er sieben Mal in den Top 5.

Langer spielt solche Plätze nicht wie die Jungen, die möglichst viel Distanz überbrücken wollen. Langer sucht sich Ziele, von denen aus er mit dem zweiten, dritten Schlag die besten Chancen hat, um den Ball nahe ans Loch zu befördern. Er denkt voraus. Er nennt das "Erfahrung". Es ist aber auch Fleiß. Langer ist bekannt dafür, jede Beschaffenheit eines Platzes ewig zu studieren. Am Sonntag beendete er das Turnier mit einer 71er Runde und wurde 24. mit einem Ergebnis von eins unter Par, sieben Schläge hinter Sieger Francesco Molinari aus Italien. Möglicherweise war es sein letzter Start aber bei der British Open. "Als ich meinen letzten Putt eingelocht hatte, dachte ich, ja, das könnte meine letzte Open Championship sein", sagte er der Agentur dpa. "Du weißt es einfach nicht in meinem Alter."

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: