Fußball:"Poldi und Japan - das passt"

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Lukas Podolski stellt sich bei seinem neuen Klub Vissel Kobe vor. (Foto: Getty Images)

Ex-Profi Lutz Pfannenstiel spielte auf allen Kontinenten. Im Gespräch mit der SZ gibt er Lukas Podolski Tipps für seine Zeit in Kobe. Und verrät, was der Kölner in Japan besser nicht sagen sollte.

Interview von Maximilian Länge

Lutz Pfannenstiel, 44, spielte 20 Jahre lang Profifußball und reiste nebenbei durch die Welt. Was gibt einer, der bereits für 25 Vereine in allen sechs anerkannten Kontinentalverbänden gekickt hat, dem Japan-Legionär Lukas Podolski und dem Neu-Brasilianer Alexander Baumjohann mit auf den Weg?

SZ: Herr Pfannenstiel, Sie haben selbst in Brasilien Profifußball gespielt und traten in der asiatischen Champions League gegen Teams aus Japan an. Auf was müssen sich Lukas Podolski und Alexander Baumjohann dort einstellen?

Lutz Pfannenstiel: In beiden Ländern genießt der deutsche Fußball ein hohes Ansehen, deshalb wird von deutschen Profis auch viel erwartet. Die Eingewöhnungsphase, die ein Brasilianer in Deutschland bekommt, wird für Podolski und Baumjohann in Japan und Brasilien wegfallen, man erwartet sofort 100 Prozent Leistung von ihnen. Podolskis Wechsel ist ein Megadeal für den japanischen Fußball, jeder Schritt wird medial begleitet. Das kann positiv enden, birgt aber immer auch eine gewisse Gefahr, wenn durch die große Erwartungshaltung Druck erzeugt wird.

Wie gelingt unter diesen Bedingungen die gute Integration?

Die Sprache ist da schon extrem wichtig. Ich möchte Podolski jetzt nicht zumuten, dass er Japanisch lernen soll. Aber er kommt ja als Weltmeister und Legende des deutschen Fußballs in ein Land, in dem der deutsche Fußball seit der WM 2002 beliebt ist. Und Poldi ist ein lieber Kerl, der auf die Leute zugeht. Er und Japan - das passt.

Sprachlich ist aber Alexander Baumjohann im Vorteil.

Ja, er ist mit einer Brasilianerin verheiratet, spricht Portugiesisch und hat einen kreativen Spielstil, der ihm in der Liga entgegenkommen wird. Wer die Landessprache beherrscht, wird gleich ganz anders akzeptiert. Er ist nicht nur ein Ausländer, der auf dem Fußballplatz rumtanzt, nach Hause geht und am nächsten Tag zum Training wieder auftaucht. Für mich war das in Brasilien nicht einfach. Ich habe vor meinem Wechsel versucht, Portugiesisch zu lernen. Aber drüben war ich dann wieder bei null, weil die Sprache in Brasilien nochmal ganz anders klingt. So kam ich auch in eine brenzlige Situation, eine Mischung aus Horror und Komödie.

Erzählen Sie!

Einmal war auf dem Weg ins Training die Straße gesperrt. Ich musste vom Auto in einen Reisebus umsteigen, der auf der freien Buslinie weiterfahren konnte. Ein Mann kam in den Bus und setzte sich neben mich. Er fuchtelte unter seiner Jacke wild mit den Händen herum und sprach portugiesisch. Ich verstand kein Wort, dachte aber, er will mir Erdnüsse verkaufen. Deshalb habe ich mehrfach abgelehnt und versucht, ihn loszuwerden. Erst blieb er hartnäckig, doch irgendwann stand er tatsächlich auf und ging. Eine Amerikanerin in der Reihe hinter mir fragte mich anschließend, ob ich das bewusst getan hätte. Sie erzählte mir, der Mann habe Geld und mein Handy gefordert, weil er unter seiner Jacke eine Pistole habe. Er hatte wohl gedroht, mich zu erschießen. Mir war da nicht mulmig zumute, denn ich wusste ja nicht, wie mir geschieht. Alexander Baumjohann hätte die Drohung wohl verstanden und seinen Geldbeutel herausgerückt, aber so etwas wird er wahrscheinlich nie erleben.

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Warum?

Coritiba ist die europäischste Region in ganz Südamerika. Dort leben unglaublich viele deutsch- und italienischstämmige Menschen. Wenn man ihn dort einfach aussetzen würde, würde er kaum glauben, dass er in Brasilien ist. Eine saubere, gut organisierte Stadt, ein kühler Winter. Da laufen nicht alle in Samba-Kostümen herum. Aber hervorragendes brasilianisches Grillfleisch, das Churrasco, gibt es vor allem im Süden. Für mich waren damals die Vielfalt der exotischen Früchte und das unglaublich gute Fleisch jedes Mal ein purer Genuss.

Podolski freut sich in Japan auf Kobe-Fleisch.

Das war auch bei mir damals ein Thema. Ich bin ja sehr tierlieb und es gefiel mir nicht so, dass sie das Tier massieren und mit Bier mästen. Darüber habe ich mich furchtbar aufgeregt, aber da bleibt man dann lieber ruhig und akzeptiert die Kultur. Mein Ansatz war immer, sofort mit den einheimischen Spielern etwas zu unternehmen. Das Geheimrezept des Fußballers zur Eingewöhnung ist, das lokale Essen anzunehmen. Man muss es nicht mögen, aber man sollte zumindest mit den lokalen Spielern essen gehen.

Lukas Podolski sagt gerne sehr direkt, was er denkt - schwierig in Japan?

Die extreme Ehrlichkeit von Podolski ist sicher kein Problem, wenn es um Fußball geht. Sagen, dass er sich ab und zu an den Eiern krault oder Sushi nicht mag, sollte er in Japan aber nicht. Wobei, einem Lukas Podolski würden sie das wahrscheinlich verzeihen.

© SZ vom 09.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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