Fußball:Wie die Kinder

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Daumen hoch: Auch für Bayreuths Markus Ziereis läuft es gerade blendend, der Mittelstürmer hat bislang zwölf Ligatore erzielt. (Foto: Julien Christ/Beautiful Sports/Imago)

Bayreuths Regionalliga-Fußballer würden im Gegensatz zur Konkurrenz gerade am liebsten den ganzen Winter über durchspielen. Sie führen die Tabelle mit sieben Punkten Vorsprung an - und wollen im Frühjahr Meisterschaft und Aufstieg feiern.

Von Christoph Leischwitz

Sie sind in Bayreuth schon immer noch ein kleines bisschen sauer wegen dieser Sache mit dem Strand im eigenen Stadion. Im Sommer hatte eine von der Stadt beauftragte Firma tonnenweise Sand auf dem neuen Stadionrasen abgeladen, weil man das eben so macht zur Pflege. Timo Rost, Trainer bei der SpVgg, sagt deshalb, dass die Rahmenbedingungen in Bayreuth eben "noch nicht drittligatauglich" seien. Das Stadion gehört nun einmal der Stadt, diese beauftrage Firmen, die sich mit Fußball vielleicht gar nicht so auskennen.

Die Stadt hat nun auch das für den kommenden Samstag geplante Regionalliga-Heimspiel gegen den FC Augsburg II abgesetzt, aus Witterungsgründen. Für Rost ist das "katastrophal", denn seine Mannschaft hatte gerade einen Lauf. Den November haben sie komplett siegreich bestritten, deshalb könnte man nun sagen: Sie spielen auf Sand genauso gut wie im Matsch oder auf Schnee. Die Spieler seien "wie kleine Kinder", schwärmt Rost, "die wollen einfach nur kicken". Sie wollen aber vor allem Meister werden und aufsteigen. Und da würde es helfen, jetzt noch ein paar Punkte zu sammeln, um so schon vor dem langen Winterschlaf bis Ende Februar für eine Vorentscheidung zu sorgen. Auf die U23 des FC Bayern hat sich die SpVgg Bayreuth immerhin schon sieben Punkte Vorsprung erspielt, auf den FC Schweinfurt (der aktuell ein Spiel weniger bestritten hat) gar 13. "Es ist eine Phase, in der man merkt, dass Mannschaften Punkte liegen lassen, wo man nicht damit gerechnet hätte", sagt Rost, ergo: "Wir wollen so lange spielen wie möglich."

Es sind ungewöhnliche Töne aus Oberfranken. Anfang vergangener Woche hatte der Bayerische Fußball-Verband (BFV) festgelegt, dass die Regionalliga Bayern noch nicht in die Winterpause geht, weil es sich formal um eine Profiliga handelt. Es hagelte Kritik an dieser Entscheidung, und das vergangene Wochenende zeigte bereits, dass kaum jemand willens ist, die Vorgabe umzusetzen. Der TSV Buchbach hatte zahlreiche Corona-Ausfälle zu beklagen, Wacker Burghausen sagte alles ab und erklärte, damit wolle man "in Richtung Gesellschaft" Verantwortungsbewusstsein zeigen. Auch am kommenden Wochenende werden nur noch maximal zwei von zehn Partien ausgetragen.

Die "Oldschdod" sind eine Umschaltmannschaft, was ihnen im Herbst hilft: Denn auf tiefem Boden ist es anstrengender, das Spiel machen zu wollen

In dieser Phase, in der sich alle am liebsten einigeln würden, freuen sie sich in Bayreuth auf ein Spiel wie auf eine Weihnachtsbescherung. Weil Fußballspielen in diesen Tagen aber auch eine moralische Komponente hat, merkt Rost zugleich noch an, dass er als Trainer die Lage aus rein sportlicher Sicht beurteile, und aus dieser Sicht sei Weiterspielen nun mal das beste. Es gibt aber auch sportliche Gründe, warum es im Herbst besonders gut gelaufen ist für die "Oldschdod".

Zum einen findet der Trainer, dass nun die Rädchen eines jahrelang ausgearbeiteten Konzepts ineinander greifen, die Mannschaft sei eingespielt. Zweitens sind die Bayreuther eine Umschaltmannschaft, die nicht so viel Wert auf viel Ballbesitz legt wie andere Spitzenteams - eine Eigenschaft, die ihnen in dieser Jahreszeit zugute kommt, weil es auf tiefem Boden anstrengender ist, ständig das Spiel machen zu wollen. Da ist es auch kein Zufall, dass die Oberfranken in einer Statistik ganz besonders weit vorne stehen: in der Auswärtstabelle. 35:8 Tore in der Fremde ohne eine einzige Niederlage zeigen, dass sich die Mannschaft einfach überall wohlfühlt - der Erfolg ist eben nicht nur auf Sand gebaut. Was Rost besonders zuversichtlich stimmt: Die Mannschaft lässt sich von Widrigkeiten nicht aus der Fassung bringen.

Für den Fall, dass in Bayern bald nur noch Geisterspiele ausgetragen werden dürfen, plant der Verein einen selbst organisierten Livestream für seine Fans. Am 11. Dezember wäre planmäßig noch einmal die SpVgg Unterhaching zu Gast. Sie würden gegen die Hachinger zur Not wohl auch Wasserball spielen, wenn das Wetter es erzwingt und die Stadt es erlauben würde. Es ist eine Saison, in der man ohne weitere Aufstiegsspiele direkt die dritte Liga erreichen kann. Dafür kann man schon mal Opfer bringen.

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