Fußball-Wettskandal:Wettpaten schleusten eigene Spieler ein

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Ein ungeheurer Verdacht: Die Wettmafia soll Spieler bei einem Verein untergebracht haben, um für passende Ergebnisse zu sorgen. Die strategische Einwechslung hat sich offenbar so richtig bezahlt gemacht. Zugleich werden neue verdächtige Spiele aus der Regionalliga bekannt.

Klaus Ott

Die Ausmaße des neuen Wettskandals sind erschreckend. Angeblich 200 Spiele in halb Europa sollen verschoben worden sein, bis hinauf zur Champions League. Als ob diese Vorwürfe nicht schon schlimm genug wären, müssen die Fußball-Verbände jetzt noch einem weiteren Verdacht nachgehen. Der mutmaßlichen Wettmafia soll es sogar gelungen sein, von ihnen engagierte Kicker gezielt bei einem Verein zu installieren, um mit manipulierten Begegnungen hohe Gewinne zu erzielen. Das geht aus Ermittlungsunterlagen der Bochumer Staatsanwaltschaft hervor.

Die Wettmafia soll Spieler in einen Verein geschleust haben, um das Ergebnis manipulieren zu können. (Foto: Foto: ddp)

Ein in Nürnberg wohnender Kroate, der Teil einer sechsköpfigen Bande sei, soll dem Fußballklub NK Travnik in Bosnien-Herzegowina zwei Kicker als Gastspieler für zwei Freundschaftsbegegnungen Mitte 2009 in der Schweiz besorgt haben. Auch habe diese Bande die Reise organisiert und finanziert und die Mannschaft bezahlt. NK Travnik habe, wie von der Bande gewünscht, mit drei Toren Unterschied (1:4) gegen den FC Sion verloren. Auch ein weiteres Testspiel gegen Xamax Neuchatel sei absprachegemäß verloren worden, mit 2:3 Toren. Die Wettgewinne hätten 152.400 Euro betragen.

Dass die vermeintliche Wettmafia sich sogar eigene Spieler halten und selbst Testspiele organisieren soll, dürfte den europäischen Fußball-Verband Uefa bei einem für Mittwoch angesetzten Krisentreffen beschäftigen, zu dem Vertreter aus zahlreichen Ländern kommen. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist vertreten. Zusammen mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL), dem Zusammenschluss der 36 Erst- und Zweitligisten, hat der DFB am Montag eine Task Force eingesetzt, die bei der Aufklärung helfen soll.

Arbeit gibt es genug. Aus Ermittlungsunterlagen ergibt sich beispielsweise, was ein angeblich manipuliertes Zweitligaspiel des VfL Osnabrück im April 2009 in Augsburg, das 0:3 verloren ging, der vermeintlichen Wettmafia gebracht haben soll. Bei diesem Spiel habe ein Bandenmitglied alleine schon 293.500 Euro Gewinn gemacht, der Profit anderer Verdächtiger müsse noch ermittelt werden, steht in den Unterlagen der Staatsanwaltschaft. Die beschuldigten Osnabrücker Spieler Thomas Cichon, Marcel Schuon und Thomas Reichenberger weisen die Vorwürfe allerdings zurück. Bewiesen ist noch nichts.

Das gilt auch für die anderen verdächtigen Spiele, darunter die Regionalligaspiele Kassel gegen Ulm im Mai und Verl gegen die zweite Mannschaft des 1. FC Köln im Juni 2009. Die Bande soll zwei Ulmer Spieler für die hohe Niederlage gegen Kassel (0:3) bezahlt und 141.080 Euro Wettgewinn kassiert haben. Der SSV Ulm geht aber davon aus, dass die Vorwürfe nicht zutreffen.

Für die Niederlage von Verl gegen Köln (0:1), die durch ein Eigentor zustande kam, soll die Bande an mehrere Spieler insgesamt 20.000 Euro gezahlt haben. Vermuteter Wettgewinn: mehr als 100.000 Euro. Weitere Details: In Ungarn und Slowenien sollen Erstligaspiele verschoben worden sein. In Ungarn soll es um zwei Spiele eines Hauptstadtklubs aus Budapest vom April und Mai 2009 gehen.

Mit dem Wettskandal will sich am Mittwoch auch der Sportausschuss des Bundestags befassen. Im Gespräch: Ein Gesetz gegen Sportbetrug.

Im Video: Bei der Aufklärung des Fußball-Wettskandals wollen Deutscher Fußball-Bund und Liga-Verband eng mit den Ermittlern zusammen arbeiten.

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© SZ vom 24.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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