Fußball:Titelsehnsucht im Paradies: Brasilien bereit für WM

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Sao Paulo (dpa) - Vamos Brasil - die Titeljagd im Fußball-Paradies beginnt! Die lange Zeit der Zweifel wurde von FIFA-Präsident Joseph Blatter, Staatschefin Dilma Rousseff und dem großen Pelé für beendet erklärt.

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Sao Paulo (dpa) - Vamos Brasil - die Titeljagd im Fußball-Paradies beginnt! Die lange Zeit der Zweifel wurde von FIFA-Präsident Joseph Blatter, Staatschefin Dilma Rousseff und dem großen Pelé für beendet erklärt.

Mit dem WM-Anpfiff will der fünffache Rekordchampion alle Probleme hinter sich lassen und der Welt eine einzigartige Party bieten. „Die WM ist für das ganze Land eine große Chance. Ich hoffe, dass wir den Titel gewinnen können“, beschrieb Legende Pelé die Erwartungen der zig Millionen Fußball-Fans im Riesenreich am Zuckerhut.

FIFA-Boss Blatter hatte kurz vor dem Eröffnungsspiel zwischen der Seleção und Kroatien am Donnerstag in der auf den letzten Drücker fertiggestellten Arena Corinthians von Sao Paulo auch keine Lust mehr, über die langwierigen Planungsprobleme zu grübeln. Die Zeiten, in denen FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke den Brasilianern wegen langsamer Baufortschritte einen „Tritt in den Hintern“ verpassen wollte, sind vorbei. „Wir wollen die Magie Brasiliens erleben. Brasilien ist ein Land, das Fußball isst, Fußball trinkt, Fußball atmet“, fabulierte der Weltverbandschef.

Angesichts von 64 Spielen in 12 Städten innerhalb von 32 Tagen in einem Land, das fast 24 mal so groß wie Deutschland ist mit unterschiedlichen Zeit- wie Klimazonen darf man getrost von einer Herkulesaufgabe für alle Beteiligten sprechen. Die logistischen Herausforderungen beim Stadionbau, der Telekommunikation und der Verkehrsinfrastruktur waren für die Gastgeber immens - und sind es jetzt auch für die Fußball-Stars der 32 Teams, ob Titelfavorit oder Außenseiter auf dem Rasen.

Wie kaum ein anderer Nationalcoach hat sich Bundestrainer Joachim Löw mit den Bedingungen in Brasilien beschäftigt und immer gemahnt, dass Anpassung das oberste Gebot auf dem Weg zum Traumziel Finale im Maracana von Rio de Janeiro am 13. Juli ist. „Wer jammert, hat verloren“, lautete die unmissverständliche Warnung an seine Titeljäger.

Die Situation im Land kennt Löw sehr gut. „In Brasilien gibt es - nicht zu Unrecht - Demonstrationen für sehr, sehr wichtige Dinge in der Gesellschaft wie Gesundheit oder Bildung. Aber wenn der Startschuss fällt, werden ein Großteil dieses Landes und die ganze Welt elektrisiert sein und in den Bann der WM gezogen“, sagte der DFB-Chefcoach. In der Heimat werden wieder Abertausende auf Fanmeilen feiern, wenn Philipp Lahm und Co. die hohen Erwartungen erfüllen.

Bei der Jagd auf den ersehnten ersten Titel für Deutschland seit 1996 und dem ersten unter seiner Regie will Löw vor dem Start gegen Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo am Montag in Salvador alle Kräfte bündeln. Unnötige Ablenkung darf es nach dem schwierigen Trainingslager in Südtirol und den zahlreichen Verletzungsproblem nicht mehr geben.

„Wir haben so viele Spieler, die alle spielen wollen, und viele Systeme, die wir spielen können. Wir sind nicht so berechenbar für die Gegner“, beschrieb Miroslav Klose die Chancen des DFB-Teams. Mit seinem 15. Tor bei seiner vierten WM kann der Routinier den Torrekord von Brasiliens Ronaldo einstellen und sich einen Eintrag in den WM-Geschichtsbüchern sichern.

In der Gruppe G ist Deutschland Favorit. Ghana (21.6.) und die USA (26.6.) sind in den ebenfalls heißen Spielorten Fortaleza und Recife die weiteren Kontrahenten Richtung K.o.-Runde, wo frühestens im Viertelfinale Argentinien oder Frankreich als prominente Kontrahenten drohen. Die versammelte Schar der Titelaspiranten Brasilien, Spanien, Niederlande oder Angstgegner Italien kann frühestens im Halbfinale den Weg des DFB-Teams kreuzen.

Für mehrere Superstars von Franck Ribéry über Radamel Falcao bis zum deutschen Marco Reus platzte der Brasilien-Traum wegen Verletzungen. Andere wie Sami Khedira erholten sich gerade noch rechtzeitig. Mit Spannung wird erwartet, wer sich die Krone als bester Turnierspieler aufsetzten kann. Cristiano Ronaldo und Lionel Messi waren zuletzt auch nicht fit. Brasiliens Ronaldo hat neben seinem jungen Landsmann Neymar auch Thomas Müller - WM-Torschützenkönig 2010 - auf dem Zettel.

Brasiliens Politik schwört derweil das Volk auf eine positive Ausnahmezeit ein. „Es lebe der Frieden. Es lebe die Copa. Es lebe Brasilien“, twitterte Rousseff recht pathetisch. Die WM bedeute nicht nur Kosten, sondern sie bringe auch Einnahmen, sagte die Politikerin. „Sie fügt der Wirtschaft Milliarden zu, generiert Geschäfte und schafft Arbeitsplätze“, so die positive Darstellung Rousseffs. Viele Brasilianer sehen das weiterhin anders. Mehr als elf Milliarden Dollar Kosten für Infrastrukturprojekte hätten sie gerne anders investiert gesehen. Wie beim Confed Cup ist mit Massenprotesten zu rechnen. Kurz vor dem WM-Anpfiff gab ein U-Bahn-Streik in Sao Paulo einen ersten Vorgeschmack auf mögliche Probleme.

Schon vor dem Turnierstart ist klar: Die Vorbereitungen auf die WM haben der Welt auch ein Brasilien gezeigt, das nicht nur aus Samba, Sonne, Karneval besteht. Die Scheinwerfer wurden ebenso auf soziale Missstände, Korruption, Kriminalitätsrate und auch die massiven Verzögerungen bei Stadienbauten und Infrastrukturprojekten gerichtet. „Wir wollen unsere Probleme nicht verstecken“, sagte Sportminister Aldo Rebelo. Doch sei es inakzeptabel, Brasilien nur auf seine Defizite zu reduzieren. Brasilien sei die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt. „Bei allem Respekt vor der WM: Brasilien hat schon weit Größeres und Schwierigeres geleistet als die Fußball-WM“, rückte Rebelo kürzlich die Verhältnisse gerade.

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