Fußball:Resistent gegen Stress

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Will "die Sechziger im Bekanntenkreis tratzen": Nicolas Feldhahn (rechts) hat seine eigene Motivation für den Drittliga-Aufstieg. (Foto: Claus Schunk)

Nicolas Feldhahn will mit dem FC Bayern II gegen Wolfsburg II zum ersten Mal als Profi aufsteigen - mit fast 33 Jahren. Seine jungen Kollegen haben auch schon viel erlebt.

Von Christoph Leischwitz

Selbst dem Routinier im Team "fehlt da noch was". Denn beim letzten Mal, als Nicolas Feldhahn das erlebte, war er sogar noch jünger als alle seine aktuellen Mitspieler: "Damals hat die Karriere gerade angefangen, das war mit der A-Jugend von Unterhaching. Jetzt, zum Ende hin, wäre das natürlich auch noch mal super." Die Rede ist vom Erlebnis Aufstieg; als Profi ist Feldhahn lediglich zweimal abgestiegen. Fast könnte man meinen, dass sie den 32-Jährigen schon gar nicht mehr bräuchten beim FC Bayern München II. Denn viele der jungen Spieler haben selbst schon viel erlebt. Lars Lukas Mai etwa, der oft neben Feldhahn in der Innenverteidigung spielt, ist 13 Jahre jünger, aber schon deutscher Meister mit der U17 der Bayern, formal sogar schon mit den Profis, dank zweier Einsätze 2018 unter Jupp Heynckes.

"Stressresistent" nennt Trainer Holger Seitz seine Spieler, fast alle haben schon vor großen Kulissen gespielt. Die Saison 2018/19 hat obendrein zusammengeschweißt: Es hatte niemand damit gerechnet, dass die Mannschaft neben der Regionalliga-Meisterschaft auch noch einen Pokal gewinnen würde, den Premier League International Cup. Und zumindest vor dem ersten Aufstiegsspiel zur dritten Liga am Mittwoch beim VfL Wolfsburg II (19 Uhr) wirken sie auch sehr stressresistent: Im Training wird geflachst, gelacht, bei schönen Toren übertrieben dramatisch zur Eckfahne gelaufen. Es ist kein Zufall, dass sich der Profi Alphonso Davies, der nach Wolfsburg mitgereist ist, bei der U23 sehr wohl fühlt und sich nicht langweilt.

Während des Spiels könnte es freilich gut sein, dass sie Feldhahn schon noch brauchen. "Da ist dann der eine vielleicht schon noch kurz nervös", sagt er väterlich. Wohl auch, weil den jungen Akteuren beim Anpfiff einiges durch den Kopf gehen könnte: Dass der Verein seit acht Jahren auf den Wiederaufstieg wartet. Dass man 2014 gegen Fortuna Köln nur wenige Sekunden davon entfernt war, um dann dramatisch zu scheitern; und dass man in der Saison 2019/20 die einzige Zweitvertretung in der dritten Liga wäre. Was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöhen würde, die eigene Karriere beim FC Bayern zu verlängern.

Mit bald 33 Jahren steht der Mann mit den 268 Profieinsätzen ziemlich genau in der Mitte zwischen Trainer Seitz (44 Jahre) und dem Altersschnitt jener Startelf, die vor zwei Wochen gegen Greuther Fürth II die Meisterschaft holte. Er kann immer noch schelmisch grinsen wie ein Teenager. Wäre doch schön, sagte er, kommende Saison wieder im Grünwalder Stadion gegen 1860 zu spielen "und die Sechziger im Bekanntenkreis zu tratzen". Er kann aber auch autoritär auftreten wie ein knochiger Trainer alter Schule. Beim 3:1-Sieg gegen Fürth stauchte er einmal die Abwehr dermaßen zusammen, dass selbst die Betreuer an der Seitenlinie nicht wagten, einzuschreiten. Ein gewisser Schlendrian in U-Teams sei ja normal, sagt Feldhahn. Und dann kommt eben er ins Spiel - entweder verbal oder mit seiner Zweikampfstärke.

Auf die Zweikampfquote, glaubt er übrigens, wird es in den Spielen gegen Wolfsburg ankommen. Die aus seiner Sicht große Stärke des Bayern-Kaders: "Sie haben immer geliefert, wenn es drauf ankam." Wenn das stimmt, dann ist es am Sonntagabend auch für ihn endlich soweit mit dem Aufstieg.

© SZ vom 22.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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