Fußball:Fröhling-Wetter

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Sturmhoffnung Rubin Okotie kehrt im Heimspiel gegen Union Berlin nach seiner Verletzung wohl zurück in die Startelf des TSV 1860 München.

Von Markus Schäflein

Unlängst veröffentlichte Die Welt eine interessante Geschichte darüber, wie Red Bull seinen Einstieg in den deutschen Fußballmarkt plante. Einer der Vereine, den der Getränkekonzern vor acht Jahren übernehmen wollte, war demnach der TSV 1860 München, wobei schon die Idee einer gewissen Komik nicht entbehrt. Es wäre unterhaltsam geworden, wie sich Red Bull und der recht basisdemokratisch organisierte Verein, der viele Traditionalisten unter seinen Mitgliedern hat und aufgrund der 50+1-Regel immer noch ein bisschen mitgeschnabelt hätte, gegenseitig zermürbt hätten. Red Bull studierte offenbar noch rechtzeitig die deutschen Verhältnisse und entschied sich dann für die Übernahme der Spielrechte des Nordost-Regionalligisten SSV Markranstädt, der weniger Traditionalisten in seinen Reihen hatte; 1860 hat nun den jordanischen Investor Hasan Ismaik, der sich deutlich weniger einmischt. Allerdings zahlt er auch deutlich weniger.

Während RB Leipzig in die erste Liga drängt, kämpfen die Sechziger derzeit um den Verbleib in der zweiten; am Sonntag (13.30 Uhr, Arena Fröttmaning) steht das Heimspiel gegen Union Berlin an, das mal wieder ein richtungsweisendes ist. "Wir wissen, was für ein wichtiges Spiel und was für eine große Chance das ist", sagt Mittelfeldspieler Dominik Stahl, der als Abräumer auf der Sechser-Position wie kaum ein anderer für die zuletzt endlich entdeckten Abstiegskampf-Tugenden der Mannschaft steht. Und Stahl hat Recht: Weil die Konkurrenten Aue (gegen Karlsruhe) und St. Pauli (gegen Leipzig) an diesem Spieltag vor schweren Herausforderungen gegen Aufstiegskandidaten stehen, könnte ein Erfolg gegen die im Niemandsland auf Rang zehn stehenden Berliner einen großen Schritt bedeuten, um sich, wie von Stahl gewünscht, "so schnell wie möglich ein kleines Polster aufzubauen".

"Ich erwarte, dass es richtig kracht", sagt Trainer Fröhling

Dass Union die Sache locker angeht, kann sich 1860-Trainer Torsten Fröhling allerdings nicht vorstellen. "Sie stehen zwischen gut und böse, aber das ist eine kompakte Mannschaft, die mit allen Mitteln und sehr hart spielt", sagt er, "da ist es sehr gefährlich, wenn man nicht den unbedingten Willen zeigt." Zuletzt beim 2:1 gegen den VfL Bochum und beim 1:1 in Düsseldorf war allerdings unbedingter Wille bei Sechzig durchaus zu erkennen. "Die zuletzt gezeigten Leistungen müssen wir fortführen", fordert also Fröhling, "ich erwarte, dass es richtig kracht und wir es krachen lassen müssen."

Dabei kann Fröhling erstmals wieder von Beginn an auf seinen lange verletzten Sturmkracher Rubin Okotie setzen, der in Düsseldorf eingewechselt wurde und gleich für viel Aufsehen sorgte. Ob Okotie auch tatsächlich in der Startelf steht, "verrate ich noch nicht", sagte der Trainer und grinste verräterisch. "Er hat diese Woche alles mittrainiert und keine Probleme mehr gehabt. Aber so, wie wir spielen wollen, wie wir höchstes Tempo gehen wollen, kann ich noch nicht genau sagen, ob er das 90 Minuten durchhalten kann." Um diese Frage zu klären, müsste Okotie jedenfalls von Beginn an spielen - Stephan Hain stünde dann als Einwechselstürmer bereit. Weiterhin fehlen wird Mittelfeldspieler Edu Bedia, den Fröhling nach einer Kapselverletzung im linken Knie "richtig aufbauen" will, "bis er schmerzfrei mittrainieren kann". Auch Anthony Annan, Krisztian Simon und Daylon Claasen fehlen weiterhin.

Harald Riedl steht auf der Liste zur Verwaltungsrats-Wahl

Für das letzte Heimspiel der Saison gegen den 1. FC Nürnberg (Sonntag, 17. Mai) hat Sechzig schon deutlich mehr als 30 000 Karten verkauft - im Derby erwarten sich die Anhänger offenbar die Klassenverbleibs-Party. "In so einer Phase kann man sich nur bedanken, was da an Zuspruch kommt. Das ist ein ganz großer Wert von 1860 München", sagt Fröhling. Gegen Union werden es nach Schätzung des Vereins allerdings deutlich weniger, mit 18 500 Besuchern bei Nieselregen wird gerechnet. Die Fans mag das Wetter abhalten, die Mannschaft nicht: "Das ist doch schönes Fußballwetter", findet Fröhling, "das habe ich früher geliebt, wenn es ein bisschen regnet und nicht so warm ist." Dem angekündigten Kampfspiel wird es jedenfalls zuträglich sein.

Für Gesprächsstoff bei Sechzig sorgt derzeit nicht nur die sportliche Lage, sondern auch mal wieder die Politik: Harald Riedl, genannt Löwenforums-Harie, wurde nachträglich auf die Kandidatenliste für die Verwaltungsrats-Wahl aufgenommen. Der Vertraute von Helmut Kirmaier, der 1860 verklagt, weil das Präsidium aus seiner Sicht nicht rechtmäßig im Amt ist, ist ein ausgewiesener Satzungsliebhaber; offenbar wurde dem Wahlausschuss der Plan, die Bewerbung des Querdenkers abzulehnen, zu heikel. Am Donnerstagmorgen stand Riedl jedenfalls plötzlich doch auf der Liste, als Beruf gab er "Kaufmännischer Geschäftsführer im Sportmarketing" an. Bei Red Bull wird sich schon manches Mal Erleichterung breit gemacht haben, dass die Entscheidung auf Markranstädt fiel.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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